Vizekanzler Werner Kogler (re.) will sich Finanzminister Magnus Brunners Budget noch einmal etwas genauer ansehen.

Foto: Imago/Sepa.Media/Juen

Die Universitäten fordern angesichts ihrer angespannten Finanzlage die Abhaltung eines Krisengipfels. Anlass sind die 500 Millionen Euro, die Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) den Unis bis 2024 zur Abfederung der Teuerung geben will. Das sei "definitiv nicht ausreichend", sagte die Präsidentin der Universitätenkonferenz (Uniko), TU-Wien-Rektorin Sabine Seidler, am Montag nach einer Plenarsitzung der Uniko.

Damit klafft nicht nur eine Lücke im Unibudget, sondern auch eine zwischen der Uniko, die die Budgetpräsentation als "schwarzen Tag für die Unis" qualifizierte, und Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP), früher selbst Rektor der Uni Graz, der einen "sehr schönen Erfolg" sah.

Mit 130 gegen eine Mauer

Nachfrage bei Uniko-Vizepräsident Oliver Vitouch, dem Rektor der Uni Klagenfurt. Ist die Milliardenforderung der Unis vielleicht etwas alarmistisch und überzogen? "Keineswegs", sagt Vitouch: "Die Realität ist, wir fahren mit 130 km/h auf eine Backsteinmauer zu." Warum? "Das eine ist, diese 500 Millionen offeriert zu bekommen. Das andere ist: Diese Anpassungen werden immer so dargestellt, als würde es eine Erhöhung, ein Geschenk, eine Verbesserung, eine Besserausstattung der Universitäten geben, auch von einer Leistungsvereinbarung auf die nächste, als würde es sich um eine Expansion des Unisektors sondergleichen handeln. Das ist ja nicht der Fall. In der Regel kriegen wir immer nur ein bissl mehr als die Inflationsabgeltung, wenn’s gutgeht."

Ein Fall für Volksschulmathematik

Und jetzt eben nicht einmal das. "In dem Fall ist die Rechnung relativ simpel", sagt der Uniko-Vizepräsident: "Da reicht eigentlich Volksschulmathematik." Man addiere die drei großen Kostenfaktoren der Unis: die Gehälter und deren Steigerungen, die der "allergrößte Faktor" sind, die Energiekosten, "die bekanntlich durch die Decke gegangen sind und die Unis sehr unterschiedlich betreffen, weil die TUs mit ihren Forschungsstromverbräuchen da in einer ganz anderen Dimension drinhängen", und dann noch die Mieten, der "relativ kleinste Faktor, der verbraucherpreisindexbasiert auch mehrfach jährlich springen kann".

Zwei von drei Faktoren sind prognostisch bekannt, der größte aber, die Gehaltssteigerungen, ist nicht konkret absehbar. "Beim Mehrbedarf dafür reden wir zudem von zwei Abschlüssen für 2023 und 2024", warnt Vitouch. Da liegt das Problem: "Die 500 Millionen reichen je nach Prognosewert für die Energiekostensteigerungen, die Mieten und diverses Verbrauchsmaterial. Aber dann bleibt von dieser Mehrzuwendung nichts mehr übrig. Die Uni-Bediensteten werden sich ja nicht mit einer Nulllohnrunde abspeisen lassen."

Drohender Personalabbau an den Unis

Was also würde passieren, wenn die Unis nicht mehr Geld erhalten? Vitouch: "So viel einzusparen geht nur durch Personalabbau. Bei vielen wird ein Einstellungsstopp bis Ende 2024 nicht reichen, es wären obendrein Kündigungen geboten. Das wäre ein deutlicher Rückbau der Unis. Denn so viel Geld können wir durch Energiesparen, da haben alle Rektorate bereits aktiv Maßnahmen gesetzt, nicht gegenfinanzieren."

Die Unis hoffen nun auf Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), der eruieren will, ob bei den Verhandlungen "etwas übersehen wurde", und ein Treffen in Aussicht stellte.

Kogler ist in dieser Debatte insofern wichtig, als er demnächst als oberster Verhandler den Bundesgehaltsabschluss verantworten wird, an dem sich die Unis traditionell orientieren. Sie verhandeln den Gehaltsabschluss des Großteils ihrer Mitarbeitenden mit der Gewerkschaft selbst. "Kogler setzt mit dem Abschluss also eine Benchmark, der wir bei den Kollektivvertragsverhandlungen der Universitäten nicht auskommen", erklärt Vitouch.

Grüne Unterstützung

Die Signale aus der grünen Koalitionsecke an die Universitäten sind derweil durchaus hoffnungsfördernd. Grünen-Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger, die selbst viele Jahre Rektorin der Akademie der bildenden Künste Wien war, sagte auf STANDARD-Anfrage am Dienstag: "Ja, 500 Millionen Euro für die nächsten zwei Jahre sind sicherlich zu wenig, und da müssen wir alle gemeinsam schauen, dass es noch zusätzliche Mittel gibt, übrigens auch für die Fachhochschulen." Die pädagogischen Hochschulen hingegen seien "als dritte Säule des tertiären Sektors, da sie nicht autonom, sondern nachgeordnete Dienststellen sind, ja abgesichert". (Lisa Nimmervoll, 19.10.2022)