Seit Jahren stehen die Kartenpakete in den "Fifa"-Spielen in der Kritik, getan hat sich wenig.

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Der deutsche Youtuber Trymacs hat seit dem Erscheinen von "Fifa 23" im September rund 35.000 Euro in das Fußballspiel geworfen, genauer gesagt in Kartenpakete, die man im Spiel digital kaufen kann. Sieben Tage lang streamte er die sogenannten "Pack openings", also das Öffnen dieser Kartenpakete, die man am besten mit den seit Jahrzehnten zu jedem Fußballturnier erscheinenden Panini-Stickern vergleichen kann. In den Paketen befinden sich Spieler unterschiedlicher Stärke, die man dann online nutzen kann, um andere Spieler herauszufordern. Je besser die eigenen Karten respektive Spieler, desto einfacher, die anderen Jugendlichen in Grund und Boden zu dribbeln.

Diese Faszination, sich mit Geld einen spielerischen Vorteil kaufen beziehungsweise überhaupt konkurrenzfähig bleiben zu können, visiert vor allem Jugendliche an, die sich mit Gleichgesinnten online messen wollen. Ein Spieler aus Kärnten zieht wegen dieser an Glücksspiele erinnernden Mechanik jetzt vor Gericht.

Glückskekse

Seit Jahren kämpfen diverse Regierungen und Organisationen darum, diese Kartenpakete – im Games-Jargon auch Lootboxen genannt – zu verbieten. Viele Jugendliche würden viel zu viel Geld in das Spiel werfen, in der Hoffnung, gute Karten zu erhalten. Dazu erinnere die Inszenierung mit all den grafischen und akustischen Effekten an Glücksspielautomaten, so etwa der von der belgischen Glücksspielkommission geäußerte Vorwurf.

Die österreichische Politik hat sich zu der Problematik noch nicht geäußert, wie man die vor allem jugendliche Zielgruppe vor dieser potenziellen Geldfalle zu schützen gedenkt. Ein 22-jähriger Kärntner preschte deshalb bereits vor zwei Jahren auf eigene Faust vor und klagte Sony, die mit der Playstation dem Spiel eine Plattform bietet. Seine Anschuldigung: Der japanische Konzern verstoße mit den Lootboxen, deren Inhalt man nicht kenne, gegen das in Österreich geltende Glücksspielmonopol, das beim Bund liege.

Am Montag hat nun der Prozess gegen Sony am Bezirksgericht in Hermagor begonnen. Als Zeugen wurde laut ORF.at etwa ein Suchtberater aus Graz geladen, der von einem ihm bekannten 16-Jährigen erzählte, der rund 16.000 Euro in die Lootboxen von "Fifa" eingeworfen hat. Der Zeuge sieht in diesem messbaren Kaufrausch den Kampf um Statusgewinn und die Fähigkeit, im Spiel wettbewerbsfähig zu bleiben. Der damit verbundene Zufallsfaktor erinnere zu sehr an Glücksspiel, lässt auch der Anwalt des Klägers wissen.

Schaden bei Jugendlichen

"Ich werde kein ,Fifa' mehr spielen", erklärt der Youtuber Trymacs in seinem neuen Video. Dass er Geld im Spiel "verbrennen" würde, käme beim Großteil seiner Zuseher zwar sehr gut an, aber neben dem finanziellen Aspekt gäbe es laut Maximilian Alexander Curt Stemmler, wie der Streamer mit bürgerlichem Namen heißt, noch andere Gründe, das Spiel sein zu lassen.

Beim Konsumieren von Glücksspielen und eben auch "Fifa" könne es geschehen, dass man als vulnerable Gruppe "Schaden" nimmt – selbst als Zuseher, so der Streamer. Speziell bei Kindern und Jugendlichen, bei denen das Gehirn noch nicht völlig ausgeprägt sei, wäre das ein Problem. Wo er diese Fakten gehört oder gelesen hat, verrät der Streamer nicht. Die Gefahr, er könne seinen jungen Zusehern mit seinen Videos potenziell schaden, wäre aber Grund genug, sich von dem Spiel abzuwenden.

Sieht man sich an, dass der junge Mann mit seinen "Pack openings" im Schnitt 500.000 Aufrufe generiert, was auf Youtube gleichbedeutend für fixe Einnahmen steht, scheint der Schritt tatsächlich kein Marketing-Gag zu sein, sondern eine bewusste Entscheidung, ein Zeichen gegen Glücksspielmechaniken zu setzen.

Kampf gegen Glücksspiel

Auf der wichtigsten Streaming-Plattform für Gaming, Twitch, wird weiter "Fifa" gespielt. Der Kampf gegen Kasino-Streams ist allerdings bereits am Laufen. Das Amazon-Unternehmen kündigte im September 2022 an, Glücksspiel- und Kasino-Streams von der Plattform zu verbannen. "Wir aktualisieren am 18. Oktober unsere Richtlinien, um Glücksspiel-Streams zu verbieten, darunter Slots, Roulette und Würfelspiele, die nicht in den USA lizenziert sind oder von anderen Gerichtsbarkeiten, die einen ausreichenden Konsumentenschutz gewährleisten", erklärt Twitch in einer offiziellen Mitteilung zum Thema Glücksspiel auf der Plattform.

Der Schritt scheint aber nur halbherzig. Betroffen sind nämlich nur Streams illegaler Angebote, etwa wegen regionaler Gesetze. Legale Online-Kasinos dürfen offenbar weiterhin gestreamt werden. Während betroffene Kasino-Streamer den Schritt dennoch öffentlich kritisierten, setzen sich zahlreiche reichweitenstarke Streamerinnen mittlerweile stark für einen Glücksspiel-Boykott ein, etwa die US-Größe Pokimane. (aam, 18.10.2022)