An diesem Mittwoch hätte an der Wiener Akademie der bildenden Künste ein Vortrag des schwedischen Umweltaktivisten Andreas Malm stattfinden sollen. Malm ist ein recht radikaler Herr, sein Buch Wie man eine Pipeline in die Luft jagt – Kämpfen lernen in einer Welt in Flammen ist keineswegs nur metaphorisch gemeint. Vielleicht hat die Akademie der bildenden Künste das irgendwie als eine Kunstaktion missverstanden.

Der linke Antiisraelismus von Malm ist intellektuell unehrlich (oder Schlimmeres).
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Rektor Johan Frederik Hartle von der Akademie musste aber nach Kritik den Vortrag absagen.

Die Kritik entzündete sich allerdings an Aussagen von Malm, die wenig mit dem Kampf um die Klimarettung zu tun haben. In seinem Buch vergleicht Malm beispielsweise den Kampf des "radikalen Umweltaktivismus" mit dem Aufstand der Juden im Warschauer Ghetto. Bei einer Veranstaltung im Mai 2021 äußerte er sich lobend über die islamistische Hamas (die im Gazastreifen herrscht und Israel immer wieder mit Raketen beschießt), und er bezeichnete auch Israel als "zionistische Entität".

Das ist der linke Antiisraelismus, der oft vom glatten Antisemitismus so schwer zu unterscheiden ist. Dieser Antiisraelismus und Antizionismus ist in sehr linken Kreisen Europas ein fester Bestandteil der "antiimperialistischen", "antirassistischen" Ideologie. Dieser linke Antiisraelismus hält Israel für eine "imperialistische", "rassistische" Macht – im Grunde für illegitim.

Diese verbohrte, radikale Strömung ist scharf zu trennen von seriöser Kritik an der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern. Es besteht kein Zweifel, dass Israel seit über 50 Jahren ein ziemlich hartes Besatzungsregime im sogenannten Westjordanland führt (aus Gaza ist man schon seit längerem abgezogen). Die Bürgerrechte der Palästinenser sind stark eingeschränkt, und man kann sehr wohl darüber diskutieren, ob dies auch angesichts einzelner terroristischer Aktionen von Palästinensern gerechtfertigt ist. Dazu kommen die Aktionen der radikalen israelischen Siedler.

Grotesk verrückte Maßstäbe

Aber wer Israel als "zionistische Entität" bezeichnet, spricht ihm das Existenzrecht als Staat ab.

Wer den Kampf der Warschauer Juden gegen die totale Ausrottung durch die SS und die Wehrmacht mit den oft terroristischen Aktionen palästinensischer Widerständler gleichsetzt, hat einfach seine Maßstäbe grotesk verrückt. Und wer die "Hamas" für eine "Freiheitsbewegung" hält, schließt sich aus jedem rationalen Diskurs aus.

Akademie-Rektor Hartle meint allerdings in seiner Begründung der Absage, Malm stehe mit einer solchen Position nicht allein, sondern sei "Teil einer international einflussreichen Bewegung".

Ja, eben darum geht es. Der linke Antiisraelismus und Antizionismus (bei dem öfter ein antikapitalistisch motivierter Antisemitismus durchschimmert) ist relativ einflussreich – hat aber ein gewaltiges Glaubwürdigkeitsproblem.

Rektor Hartle betont, das sei weder seine Position noch jene der Akademie. Sie sei "falsch und gefährlich". Aber man müsse jemanden, der diese Positionen vertritt, doch übers Klima reden lassen dürfen.

Sorry, nein. Der linke Antiisraelismus von Malm (und anderen) ist einfach intellektuell unehrlich (oder Schlimmeres). (Hans Rauscher, 19.10.2022)