So bedeutend war Jakob Pöltls Rolle in San Antonio noch nie. Die Erfolgschancen für das Team sind aber gering.

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Alle Teams in der NBA wollen ihn: Victor Wembanyama, 2,24 Meter langes Wunderkind aus Frankreich.

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Wembanyama muss aufpassen, dass er sich beim Slam Dunk nicht den Kopf am Ring anhaut.

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Jakob Pöltl sitzt in seiner karg möblierten Wohnung in Tobin Hill, einem nördlichen Stadtteil von San Antonio. Die Wand hinter ihm ist weiß, ans Dekorieren braucht er sich jetzt auch nicht mehr machen. "Ich bin entspannt, die Routine hat voll eingesetzt", sagt Pöltl. Sein Ego stand ihm noch nie im Weg. Der 27-jährige Wiener geht in seine siebente NBA-Saison, sein Dreijahresvertrag bei den San Antonio Spurs, für den er 26,5 Millionen Dollar kassiert, läuft im Sommer ab.

Gut möglich, dass Pöltl noch davor in einem Tauschgeschäft zu einem anderen Verein transferiert wird, Deadline ist der 9. Februar. Vielleicht geht es zu einem Titelfavoriten im Westen oder auch an einen kalten Ort an der Ostküste, vielleicht bleibt er aber auch in Texas. "Es kann sich innerhalb von Tagen alles ändern, ich kann es eh nicht beeinflussen." Im Sommer winkt so oder so ein neuer, noch besser dotierter Vertrag, spätestens dann kann sich der 2,13 Meter große Center seinen neuen Arbeitgeber selbst aussuchen.

Konkurrenz

Pöltl ist der älteste und längstdienende Spieler in den Reihen der Spurs, die sich in einem Umbruch befinden. "Ein schönes Gefühl, dabei bin ich ja noch nicht alt", sagt Pöltl vor dem Auftakt am Mittwoch (2.00 Uhr MESZ in der Nacht auf Donnerstag) gegen die Charlotte Hornets. Man könnte es auch anders formulieren: San Antonio zählt zu den schwächsten Teams, hat gute Chancen auf einen Top-Draftpick.

Und in dieser Saison lohnt es sich wie selten zuvor, die eigenen Fans mit Niederlagen zu quälen. Der Grund heißt Victor Wembanyama, 2004 im Pariser Vorort Nanterre geboren und 2,24 Meter lang. Der Franzose gilt als Jahrhunderttalent, ist der programmierte erste Pick. Ex-Profi Richard Jefferson, heute TV-Experte, hält Wembanyama für besser als LeBron James, als dieser so jung war. James sieht in ihm ein "alien", Stephen Curry einen "cheat code".

Für Pöltl wäre Wembanyama Konkurrenz auf der Center-Position. "Sein Größen-Längen-Verhältnis, gepaart mit den Skills, die er zeigt, ist schon beeindruckend." "Tanking", also das absichtliche Verlieren, sei bei den Spurs aber kein Thema. Pöltl wurde von Coaching-Legende Gregg Popovich kürzlich quasi zum Ritter geschlagen. Der Wiener sei so wichtig für die Spurs wie einst Tim Duncan für das Team in den Meisterjahren. Wobei: Der mittlerweile 46-jährige US-Amerikaner Duncan ist fünffacher NBA-Champion und einer der zehn besten Spieler aller Zeiten. "Der Vergleich ist natürlich weit hergeholt, eine Führungsrolle kann ich mir aber vorstellen."

Routine

Jakob Pöltl ist stets Vorzeigeprofi. Man hört kein schlechtes Wort von ihm über seine Mitspieler. Ob er in den Keller schreien geht, wenn ihm etwas nicht passt? Hat er sich schon einmal beschwert über zu wenig Einsatzzeit? "Ich kann emotional werden, im Normalfall bin ich aber auf der ruhigeren Seite unterwegs." Bereits in einem Interview mit dem STANDARD im Jahr 2017 zeigte sich Pöltl, damals noch Rookie bei den Toronto Raptors, reflektiert als "Typ, der nicht auszuckt, sondern sich eher innerlich ärgert".

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Seine Aufwärmroutine vor den Matches ist seit Jahren gleich, privat gibt es keine Umbrüche, nur der Körper tut halt ein bisschen mehr weh als vor fünf Jahren. Der Basketball-Almanach im Internet, basketball-reference.com, prophezeit Pöltl eine weitere Steigerung seiner Statistik, mit 13,5 Punkten, 9,3 Rebounds und 2,8 Assists pro Spiel hat der Wiener schon in der Vorsaison Karrierebestmarken erzielt. Pöltl wird die Kugel öfter in der Hand haben, auch als Spielmacher.

Favoriten auf den Titel sind andere, darunter Titelverteidiger Golden State Warriors, Vorjahresfinalist Boston Celtics sowie die Milwaukee Bucks oder die Los Angeles Clippers. Am talentiertesten sind die Warriors, ob die Teamchemie intakt ist, ist aber mehr als fraglich, nachdem Flügel Draymond Green seinem Mitspieler Jordan Poole im Training mit der Faust ins Gesicht geschlagen hat. Lebron James könnte die Debatte um den besten Spieler aller Zeiten gewinnen, wenn er in dieser Saison den Punkterekord von Kareem Abdul-Jabbar bricht. Eine derartige Langlebigkeit auf höchstem Niveau sucht ihresgleichen. James fehlen noch 1326 Punkte auf die sagenhafte Bestmarke von 38.387. (Florian Vetter, 19.10.2022)