Jordan Poole und Draymond Greene werden in diesem Leben keine besten Freunde mehr werden.

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Eines vorweg: Die 76. NBA-Saison wird es in sich haben. Selten gab es so viele Teams, die sich Hoffnungen auf den Titel machen dürfen.

Das Vorgeplänkel im Sommer und Herbst war ein Drama in bester Hollywood-Manier. Es gab Suspendierungen, eine Schlägerei und einen angefressenen Starspieler. Auch wenn die NBA seit Juni pausierte, ging es alles andere als ruhig zu. Das wird sich auf den Verlauf der Saison auswirken.

Wundertüte bleiben die Brooklyn Nets mit ihrer Diva Kevin Durant. Der 34-jährige wollte im Sommer nicht mehr mit seinen beiden skurrilen Co-Stars Kyrie Irving und Ben Simmons zusammenspielen. Verständlich irgendwie. Durant musste seinen Wechselwunsch aber wieder zurückziehen, kein anderes Team wollte seine Zukunft für einen Mittedreißigjährigen verkaufen, der bereits einen Achillessehnenriss hinter sich hat.

Schwerer Schlag

Größter Aufreger war Draymond Greens Faustschlag ins Gesicht seines Mitspielers Jordan Poole. Die Golden State Warriors sind auf dem Papier das talentierteste Team und Green ist das Dynamit, dass den Meister sprengen könnte. Die Teamchemie ist ganz sicher nicht intakt, da können die Warrios noch so viel kalmieren und von Harmonie schwärmen. Green ist ein Kandidat für einen Trade, das schmerzt den 32-Jährigen, der merklich abgebaut hat, in der Offensive mittlerweile ein Nonfaktor ist. Eine Antwort darauf, wem die Zukunft im Team gehört, haben die Warriors mit den Vertragsverlängerung für Poole und Andrew Wiggins um jeweils vier Jahre ja bereits gegeben. In der Bay Area wirft man mit Geld aus dem Silicon Valley nur so um sich.

Ins eigene Knie geschossen haben sich auch die Boston Celtics, die zwar immer noch ein Titelfavorit sind, die neue Spielzeit aber ohne ihren Trainer Ime Udoka angehen müssen. Der 45-Jährige wurde für eine ganze Saison gesperrt, weil er eine einvernehmliche, intime Beziehung zu einer Angestellten des Teams geführt haben soll und dabei geschmacklose Kommentare gegenüber der ihm unterstellen Mitarbeiterin getätigt haben soll. Udoka war der harte Hund bei den Celtics, seine Toughness gegenüber den Spielern wird dem Vorjahresfinalisten fehlen.

Viele Fragezeichen

In der Nacht auf Mittwoch stehen zum Auftakt gleich zwei Topspiele auf dem Programm. Die Boston Celtics empfangen die Philadelphia 76ers (1.30 Uhr), danach kommt es zum großen Star-Duell von Titelverteidiger Golden State Warriors um Stephen Curry mit den Los Angeles Lakers mit LeBron James (4.00 Uhr/DAZN). Der 37-Jährige startet in seine 20. Saison und hofft auf seinen fünften Titel. Zwei weitere Spielzeiten bräuchte James noch, um mit Rekordmann Vince Carter (22 Saisonen) gleichzuziehen. Die Lakers werden schwer hackeln müssen, damit sie überhaupt ins Playoff kommen. Die Vorzeichen für den Saisonauftakt sind nicht die besten: Russell West-"Brick" tut der Oberschenkel weh, weitere Leistungsträger wie Anthony Davis (Rückenprobleme) oder Dennis Schröder (Finger) fehlten beim letzten Vorbereitungsspiel gegen die Sacramento Kings, wo es eine derbe 86:133-Pleite setzte.

Nicht zu vergessen sind die Milwaukee Bucks, Los Angeles Clippers, Phoenix Suns und Denver Nuggets. Bei den Bucks überstrahlt Superstar Giannis Antetokounmpo alles, der 27-jährige Grieche will den Champion von 2021 nach dem frühen Aus im Viertelfinale wieder zum Titel führen. Die L.A. Clippers haben einen wahnsinnig tiefen Kader, mit Kawhi Leonard, Paul George und John Wall einige starke Spielmacher in ihren Reihen. Wenn zehn Spieler aber davon ausgehen, dass sie 35 Minuten Einsatzzeit pro Spiel bekommen sollten, dann wird das ein Tanz auf einem heißen Vulkan. Bei den Denver Nuggets wird sich weisen, wie fit die Führungsspieler Jamal Murray und Michael Porter Jr. von ihren Verletzungen zurrückkommen (Kreuzbandriss bzw. kaputter Rücken), um MVP Nikola Jokic zu unterstützen.

Die vergangene Saison der Phoenix Suns endete mit einem bösen Knall. Als Mitfavorit gehandelt, schenkte Phoenix eine 2-0-Serienführung gegen Dallas her, im siebten Spiel gab es ein Debakel mit einer 33 Punkte-Niederlage. Dass Corona die Saison der Suns zerstörte, wurde nie offiziell bestätigt. Weitere Zutaten für ein prolongiertes Drama: Die zögerliche Vertragsverlängerung von Deandre Ayton, gefolgt von der Unruhe durch die Kevin-Durant-Gerüchte und schließlich die Sperre von Teambesitzer Robert Sarver, der wegen Sexismus und Rassismus-Vorwürfen angekündigt hat, seinen Klub zu verkaufen. (Florian Vetter, 18.10.2022)