Afrika spielt eine zentrale Rolle, wenn es um den Klimawandel geht. Einerseits ist der Kontinent, der nur für einen kleinen Bruchteil des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich ist, stärker als alle anderen Kontinente vom Klimawandel betroffen. Andererseits ist das Potenzial für die Erzeugung erneuerbarer Energie groß. Das bietet Chancen für Partnerschaften. Die Europäische Union und Marokko streben nun eine solche bei erneuerbaren Energien und dem Kampf gegen den Klimawandel an. Der stellvertretende EU-Kommissionspräsident Frans Timmermans und Marokkos Außenminister Nasser Bourita unterzeichneten am Dienstag in Rabat eine Absichtserklärung über eine "grüne Partnerschaft".

Einer der stärksten Wirtschaftszweige Marokkos ist neben Bergbau der Tourismus. Künftig könnte der Export von erneuerbarer Energie dazukommen.
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Sie sieht "die Förderung des Übergangs zu einer CO2-neutralen Industrie durch Investitionen in grüne Technologie, Erneuerbare-Energie-Produktion, nachhaltige Mobilität und saubere Industrieproduktion" vor, wie es in der Erklärung heißt. Laut Timmermans handelt es sich um die erste Vereinbarung dieser Art zwischen der EU und Marokko.

Das nordafrikanische Land will den europäischen Ländern Alternativen bieten bei ihrem Versuch, unabhängig von fossilen Energien zu werden, deren Preise infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine massiv angestiegen sind.

Pläne für die Produktion von Solarstrom in der Wüste und den Transport nach Europa gibt es schon seit Beginn der 2000er-Jahre, doch bisher scheiterten derartige Versuche. Neue Pläne rechnen mit dem Export von Solarstrom nach Europa bis 2028.

Kritisiert wird, dass der Strom aus dem Projekt nach derzeitigen Plänen zur Gänze exportiert werden soll, während Marokko selbst noch von fossilen Energieträgern abhängig ist. 2009 verabschiedete Marokko eine Energiestrategie, wonach der Anteil der Erneuerbaren an der Stromproduktion auf über 52 Prozent steigen soll. Heute liegt er bei etwa einem Fünftel.

Marokko liegt am Rand der Sahara, wo gute Bedingungen zur Produktion von Strom mittels Photovoltaik herrschen.
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Unterstützung notwendig

Im Kampf gegen den Klimawandel und seine Folgen bedarf Afrika jedenfalls der Unterstützung wohlhabender Länder, wenn es nach der Meinung von 250 internationalen Fachzeitschriften geht. Der Kontinent habe wenig zur Krise beigetragen, leide aber unverhältnismäßig stark darunter, heißt es in dem Leitartikel, der in renommierten Zeitschriften wie dem "British Medical Journal", "The Lancet" und "New England Journal of Medicine" sowie 50 afrikanischen Fachzeitschriften veröffentlicht ist.

Vor Beginn der Weltklimakonferenz im November fordern die 16 Autorinnen und Autoren von Politikern wohlhabender Länder mehr Unterstützung für den Kontinent. Schon jetzt gebe es verheerende gesundheitliche Auswirkungen der Klimakrise in Afrika. In West- und Zentralafrika führten Überschwemmungen infolge des Verlusts von Unterkunft, Anbaufläche und Viehbestand zu Todesfällen und erzwungener Abwanderung. Die Zahl der Dürren in Afrika südlich der Sahara habe sich zwischen den Zeiträumen 1970 bis 1979 und 2010 bis 2019 verdreifacht.

Solche extremen Wetterbedingungen beeinträchtigten die Wasser- und Nahrungsmittelversorgung und verstärkten Ernährungsunsicherheit und Unterernährung, betonen die Fachautoren. Sie gehen davon aus, dass die Klimakrise bereits geschätzt ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts der Länder vernichtet hat, die am stärksten von Extremwetter betroffen sind. Die Folgewirkungen hätten auch konkrete Auswirkungen auf den Rest der Welt.

Die Industriestaaten müssten sich an ihr Versprechen halten, jährlich 100 Milliarden US-Dollar Klimahilfen an afrikanische Staaten zu zahlen, fordern die Forschenden. Mit dieser Summe sollen seit 2020 Investitionen in Klimaschutz und Klimaanpassung in Entwicklungsländern finanziert werden – eine Verpflichtung, die allerdings bisher nicht konsequent eingehalten wurde, wie kritisiert wird. (red, APA, 19.10.2022)