Photovoltaik auf dem Dach: Das Haus des Meeres erzeugt in luftiger Höhe einen Teil seines Stroms selbst. Mit derartigen Formen der Energiegewinnung kennt sich Susanna Erker aus.

Foto: Julia Rotter

Ob Baumschul-Leiter, Archivarin, oder Tierpflegerin: Bei der Stadt Wien gibt es eine ganze Reihe von ungewöhnlichen Berufen. Fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erzählen von ihren Aufgaben.

Mit Linien zur Energiewende

Susanna Erker, Energieraumplanerin

Punkte, Flächen, Linien: So beschreibt Susanna Erker ihren Job. Die 35-Jährige ist Energieraumplanerin in der Magistratsabteilung 20: "Wir haben einzelne Punkte in der Stadt, Häuser und Betriebe, die Energie brauchen oder sie abgeben. Flächen wie Photovoltaikanlagen und Linien, die wir planen: Wie verbinden wir das alles?" Das gar nicht kleine Problem: All das braucht Platz – und davon hat die Stadt wenig. Das Positive: Aufgrund der Enge ist die Stadt im Verbrauch effizienter und kann Transportlinien kürzer halten als auf dem Land.

"Am Ende zeichnen wir Zukunftsbilder", sagt Erker. Mit ihren Plänen soll die Energiewende umgesetzt werden, ein wesentlicher Punkt ist der Umstieg auf erneuerbare Energie. Etwa wie 600.000 Wohnungen von Gasheizungen wegkommen. "Technische Möglichkeiten gibt es – Fernwärme, Erdwärme, Luftwärme. Wir müssen das zu den Menschen bringen." In der Stadt ist Erker seit November 2019, davor widmete sie sich der Energieraumplanung in der Theorie – auf der Boku. Das Schöne an der Praxis? "Es ist wie ein Endlosrätsel: Es gibt immer was zum Knobeln."

Wo die Bäume für die Stadt lernen

Alexander Stepanek-Voglhuber, Leiter der Baumschule

"Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht", sagt Baumschul-Leiter Alexander Stepanek-Voglhuber.
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Eschen, Ulmen, Linden und viele andere mehr stehen in Reih und Glied auf 18 Hektar Grünfläche. Welche von ihnen anspruchsvoll sind und welche besonders gut mit den Bedingungen in einer Stadt zurechtkommen – Alexander Stepanek-Voglhuber weiß alles über seine rund 18.000 Zöglinge.

Zwölf bis 15 Jahre verbringen die Bäume in Wien-Mauerbach, bevor sie verpflanzt werden. "Zum Akklimatisieren und um sie auf die Großstadt vorzubereiten", sagt Stepanek-Voglhuber. Der 50-Jährige ist Gärtner und leitet die Baumschule Mauerbach. "Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht", sagt er. 1987 begann er die Lehre bei den Stadtgärten. Heute plant er die Baumkulturen, bildet die nächste Generation an Gärtnerinnen und Gärtnern aus und kultiviert Bäume für die Stadt. Jedes Jahr werden in Wien etwa 4500 Stück gepflanzt.

Die Anforderungen an einen Stadtbaum sind hoch: Der Stammumfang muss mindestens 18 bis 20 Zentimeter betragen, wenn er umzieht, gemessen wird auf ein Meter Höhe. Manchmal sollte die Krone schmal sein, wegen der Fassaden in den engen Gassen. Ein anderes Mal darf es kein "Tiefwurzler" sein, weil die U-Bahn unter dem Baum verlaufen wird. Am öftesten wird in Wien der Feldahorn in den Straßen gepflanzt, er ist besonders hitzetolerant.

Die Bewahrerin der Geschichte

Tanja Gausterer, Archivarin

Sortieren will gelernt sein. Das ist spätestens seit dem Netflix-Erfolg von Aufräum-Profi Marie Kondo klar. Auch Tanja Gausterer ist Sortier-Expertin. Mit einem Unterschied: Bei ihr geht es nicht ums Wegwerfen, sondern ums Bewahren.

Teil von Tanja Gausterers Beruf als Archivarin ist "privilegiertes Stöbern mit wissenschaftlichem Anspruch".
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Gausterer ist Archivarin in der Wienbibliothek im Rathaus und arbeitet Nachlässe von Personen öffentlichen Interesses auf. Diese kommen meist in Kisten bei ihr an und werden nach Richtlinien sortiert: in Werke, Korrespondenzen, Lebensdokumente (wie Fotos) und sonstiges Sammlungsgut. "Innerhalb dieser Gruppen geht es alphabetisch und chronologisch weiter", sagt Gausterer.

Beim Ordnen überfliegt sie die Stücke und lernt so die Nachlasser von ihren oft unbekannten Seiten kennen. "Privilegiertes Stöbern mit wissenschaftlichem Anspruch" nennt Gausterer das.

Zuletzt durfte sie dies bei Lotte Tobisch: Die verstorbene Schauspielerin und Dame der Gesellschaft hat der Bibliothek einen Teil ihres Nachlasses vererbt. Darunter: Der Original-Briefverkehr zwischen ihr und Theodor W. Adorno oder Schreiben von Stefan Zweig und Robert Musil an ihren Lebensgefährten Erhard Buschbeck. Was Gausterer dabei sonst noch entdeckte, ist ab 30. November in einer von ihr mitkuratierten Tobisch-Ausstellung in der Wienbibliothek zu sehen.

Ein Erleuchteter in Wien

Georg Meixner, Werkmeister

"Die besten Einsätze sind die, wo sich der Fehler gleich finden lässt", sagt Werkmeister Georg Meixner.
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Wenn Georg Meixner ausrückt, dann ist ihm Aufmerksamkeit sicher – dafür sorgt allein schon sein grellgelber Anzug. Der 41-Jährige ist Werkmeister und Facharbeiter für Elektrotechnik bei "Wien leuchtet", jener Magistratsabteilung, die für die Beleuchtung, Ampeln, Uhren und WLAN-Stationen der Stadt zuständig ist. Die MA 33 betreibt auch das Lichttelefon, bei dem rund um die Uhr Störungsfälle gemeldet werden können.

Von ihrem Standort im elften Bezirk aus machen sich die Einsatzfahrzeuge zu den "Störungsstellen" auf, wie es im Amtsdeutsch heißt. Dann werden Beleuchtungen ausgetauscht, Kabel neu verlegt, Drahtverspannungen erneuert, oder es wird, nach Verkehrsunfällen beispielsweise, der Strom abgeschaltet.

Zwischen 50 und 100 Einsätze sind es pro Tag – Tendenz fallend, seitdem die Stadt zusehends auf LED-Lampen umstellt, die länger halten als die alten Leuchten. "Die besten Einsätze sind die, wo sich der Fehler gleich finden lässt", sagt Meixner. Auch etwaiger Verkehr oder das Wetter können die Arbeit erschweren oder eben erleichtern.

Die Arbeit und auch die Ausrüstung variiert: Nachts werden Störungen grob behoben, tagsüber wird die Feinarbeit gemacht. Können müssen allerdings alle alles. giu

Wenn Igel und Taube in Not sind

Ricarda Resch, Tierpflegerin

"Von der Amsel bis zum Ziesel ist alles dabei", erzählt Tierpflegerin Ricarda Resch über ihre Arbeit beim Wildtierservice.
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Der erste Patient, der ankommt, ist ein typischer für diese Jahreszeit. Ricarda Resch nimmt eine Kiste mit einem Igel entgegen. Langsam lüftet sie die Tücher, unter denen er liegt: "Er rollt sich zusammen, das ist ein gutes Zeichen." Der Igel lag in einem Kübel mit Wasser und hat nun Schwierigkeiten zu atmen. Resch tippt auf eine Lungenentzündung.

Die 25-Jährige ist Tierpflegerin beim Wildtierservice der Stadt, der ersten Anlaufstelle für in Not geratene Tauben, Füchse, Krähen, Schwäne, Feldhasen. "Von der Amsel bis zum Ziesel ist alles dabei." Sie werden entweder von ihren Finderinnen und Findern in die Fundbox in der Triester Straße gebracht oder aber vom Einsatzteam der Magistratsabteilung 49 abgeholt. Die meisten Fälle sind in Netzen verfangene Tauben oder geschwächte Igel. An die 30 Wildtiere sind es pro Tag.

Resch und ihre Kolleginnen nehmen sie entgegen, sie notieren ihren Fundort und Zustand, geben ihnen gegebenenfalls Nahrung und Wasser und fahren sie dann in einer Transportbox in die Wildtierstation, wo sie sich erholen können und weiter ärztlich behandelt werden. "Die Hoffnung ist", sagt Resch, "dass sie in die Wildnis zurückkommen. Wir geben ihnen eine zweite Chance, die sie in der freien Natur nicht hätten." (Anna Giulia Fink, Oona Kroisleitner, Stefanie Rachbauer, 21.11.2022)