Das in Bau befindliche Warenhaus von René Benkos Signa-Gruppe am ehemaligen Standort des Möbelhauses Leiner hat zwar das legendäre Berliner Kaufhaus des Westens zum Vorbild, wird aber nicht so heißen.

Foto: APA/K18

Lange war es ein gut gehütetes Geheimnis, nun aber steht fest: Das künftige Luxuswarenhaus der KaDeWe Group auf der Wiener Mariahilfer Straße wird den Namen Lamarr tragen. Damit erweist man der aus Wien stammenden Hollywooddiva und Erfinderin Hedy Lamarr Reverenz, die sich bei weitem nicht auf den Namen beschränkt. So wird Lamarr im gesamten Haus an verschiedenen Stellen gewürdigt – nicht zuletzt in einem Museumscafé als Dreh- und Angelpunkt.

Für die Ernsthaftigkeit der Präsentation steht nicht zuletzt Danielle Spera gerade, bis vor kurzem Direktorin des Jüdischen Museums Wien, die als Kuratorin mit an Bord ist. Sie stellt auch die Verbindung zum Lamarr-Nachlass dar, um den lange ein Tauziehen herrschte, das nun zu einem hollywoodwürdigen Happy End findet. So hatte das Jüdische Museum noch unter Spera im Vorjahr den Ankauf der Memorabilia aus dem Besitz des Lamarr-Sohns Anthony Loder für 50.000 US-Dollar fixiert und die Gründung eines Hedy-Lamarr-Museums angekündigt.

Nachdem die stadteigene Wien Holding aber binnen Jahresfrist nicht der vertraglichen Verpflichtung zur Realisierung des Museums nachgekommen war, wurde der Kauf von Loder rückabgewickelt. Nun also wird Lamarr auf der zentralen Einkaufsmeile der Stadt gewürdigt, wobei sich Christoph Stadlhuber, Geschäftsführer von René Benkos für das Projekt verantwortlichen Signa Holding, die Rechte am Namen persönlich bei Lamarrs Kindern an der Westküste sicherte.

Der 1.000 Quadratmeter große Park auf dem Dach des Warenhauses soll ebenfalls nach Hedy Lamarr benannt werden und mit einer Skulptur an sie erinnern.
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Schließlich zöge ein Museum hunderte Menschen pro Tag an, während Lamarr nun täglich tausenden ins Bewusstsein komme, so Stadlhuber: "Man kommt an Hedy Lamarr nicht mehr vorbei." Über diese Lösung freut sich auch der 75-jährige Loder: "Meine Mutter war Österreicherin von der Geburt bis zum Tod. Sie musste nach Amerika gehen, aber sie sehnte sich nach Wien."

Museumscafé nach Vorbild der Loos-Bar

Die Ehrung als Namensgeberin eines Luxuskaufhauses sei durchaus passend für eine Frau wie Lamarr, deren Leben von Glamour, Mode und Eleganz bestimmt war, meint Spera. Schon von weitem soll ein Schriftzug an der Fassade des von Rem Koolhaas' Architektenbüro OMA gestalteten Baus grüßen. Zentrales Element der Lamarr-Würdigungen wird das Museumscafé im fünften Stock sein. Hier wolle man an die Wiener Kaffeehaustradition anschließen, so Ellen van Loon, Partnerin im Rotterdamer OMA und zuständig für das Lamarr.

Hedy Lamarr auf einer Aufnahme aus dem Archiv ihres Sohns Anthony Loder.
Foto: MGM/Antony Loder Archive

"Eigentlich läuft Shopping überall auf der Welt gleich ab", sagte die Niederländerin. "Deshalb ist die Verankerung in der Wiener Kultur so wichtig." So orientiert man sich bei der Materialwahl an der Loos-Bar, setzt also auf dunkles Holz und Grüntöne. In diesem Ambiente sollen Gäste die Möglichkeit haben, in den Publikationen der einst als "schönste Frau der Welt" vermarkteten Schauspielerin zu blättern. Überdies sollen sich hier Originale in einer Vitrine finden sowie eine Möglichkeit für Auftritte und Vorträge geschaffen werden.

"Gebt euer Geld aus"

Lamarr findet sich aber auch abseits des Cafés im gesamten Haus in der Mariahilfer Straße 12–18. In Schaufenstern sollen ihre Augen in einer digitalen Projektion die Passanten grüßen. Drehbare Paneele in den Passagen werden die Namensgeberin zeigen, hinter dem Spiegel des Aufzugs erscheint Lamarr den Gästen bisweilen als Projektion.

Schon von weitem sichtbar soll ein Schriftzug an der Fassade des Warenhauses grüßen.
Foto: APA/K18

"Heutzutage muss man erst einmal Neugier schaffen", sagte van Loon. Zum Konzept gehören passende Zitate Lamarrs an der Wand wie "Gebt euer Geld aus. Die meisten Menschen sparen ihr ganzes Leben und überlassen es dann jemand anderem. Geld sollte genossen werden."

Neben den zahlreichen Würdigungen thront Lamarr aber auch über allen: So wird der rund 1.000 Quadratmeter große Dachpark über dem Hotel, der als öffentlich zugängliche Gartenanlage der Stadt firmiert, den Namen Hedy-Lamarr-Park tragen. Hier will man nicht nur auf üppige Begrünung setzen, sondern auch eine Skulptur aufstellen.

Hollywoodstar und Erfinderin

Damit kommt die 1914 in Wien geborene und 2000 in Florida verstorbene Künstlerin zu Ehren, die heute in einem Ehrengrab der Stadt Wien auf dem Zentralfriedhof liegt. Lamarr machte ab den späten 1930ern in Hollywood Karriere, wurde mit einem Stern auf dem Walk of Fame in Hollywood bedacht und war zugleich von der Öffentlichkeit unbemerkt als Erfinderin aktiv.

Hedy Lamarr in Salzburg, aufgenommen um das Jahr 1935.
Foto: Antony Loder Archive

Inmitten des Zweiten Weltkriegs konzipierte sie etwa zur Torpedosteuerung das Frequenzsprungverfahren, das noch heute als technische Basis für Mobilfunk, Bluetooth und WLAN dient. Zugleich sorgte Lamarr, die sechsmal verheiratet war, in späteren Jahren mit verunglückten Schönheitsoperationen und Ladendiebstählen für Schlagzeilen.

Mit dem Lamarr soll aber nicht nur eine große Wienerin geehrt, sondern auch die Anbindung des neuen Luxuswarenhauses an seinen Standort gewährleistet werden. "Alle unsere Department-Stores sind Ikonen ihrer Städte und damit tief in der jeweiligen Stadt verankert. Der neue Store ist in erster Linie für die Wienerinnen und Wiener, weshalb die Verbindung zur österreichischen Metropole unbedingt gegeben sein muss", begründete André Maeder als Chef der KaDeWe Group die Namenswahl.

Blick auf die Großbaustelle in der Mariahilfer Straße im Sommer 2021.
Foto: APA/Heribert Neubauer

Zur KaDeWe Group gehören das gleichnamige Berliner Luxuskaufhaus, das Alsterhaus in Hamburg und das Oberpollinger in München. Neben dem Lamarr in Wien soll 2024 auch das Carsch Haus in Düsseldorf stoßen.

Eröffnung 2024 geplant

Aktuell ist das Areal der einstigen Leiner-Zentrale in Wien noch eine Großbaustelle. Ab Herbst 2024 soll das neue Lamarr mit seinen 20.000 Quadratmetern die Gäste auf acht Stockwerken begrüßen, wobei zum Gesamtprojekt auch ein Hotel der Hyatt-Gruppe unter der Marke Thompson Vienna gehört. (APA, 20.10.2022)