Im Inneren eines aktuellen Gaming-PCs. Ohne RGB-Beleuchtung geht es selten.

Foto: Standard/bbr

Das Rennen um die schnellsten Prozessoren und Grafikkarten für Desktoprechner geht in die nächste Runde: Die Chiphersteller AMD, Intel und Nvidia bringen sich diesen Herbst alle mit neuen Line-ups in Position. Dabei wirkt es nicht so, als wäre die noch aktuelle, bald letzte Generation zu langsam für Spiele. Oder vielleicht doch? Der STANDARD hat sich am Beispiel eines Spiele-PCs vom bayrischen Assembler Mifcom angesehen, was man sich im oberen Preissegment erwarten kann, wo die Grenzen liegen und wie man sie erweitern kann.

Blick unter die Haube

Eine gesunde Skepsis gegenüber PC-Komplettsystemen entpuppt sich in diesem Fall als unbegründet. Die Münchner PC-Manufaktur Mifcom ist im deutschsprachigen Raum ein erfahrener Anbieter maßgefertigter Computersysteme. Die rund 600 angebotenen Konfigurationen bestehen aus aufeinander abgestimmten Komponenten namhafter Hersteller, so auch in diesem Fall: Ein Corsair-5000D-Airflow-Desktop-Chassis beherbergt viele Schmankerln, die einen hochwertigen Spiele-PC ausmachen.

Grundlage für das System ist das Motherboard ASUS ROG Maximus Z690 Hero, das mit einem Intel-Core-i9-12900KS- und zwei 32-GB-DDR5-Arbeitsspeicher von Corsair (Typ Dominator) bestückt ist. Gekühlt wird die Intel-CPU mit einer All-in-One-Wasserkühlung von Corsair, der iCue H150i RGB Pro XT. Als Grafikkarte kommt eine TUF Gaming RTX 3080 Ti OC Edition von Asus zum Einsatz.

Von den drei Onboard-M.2-Steckplätzen ist nur einer belegt, dafür aber mit 2TB-Corsair-MP600-PRO-XT-Massenspeicher, auf dem Windows 11 Pro vorinstalliert ist. Darüber hinaus bietet das ROG Maximus Z690 Hero den Vorteil, dass eine mitgelieferte Hyper-M.2-Card optional Platz für noch mehr Massenspeicher bieten würde. Generell sind dem System zwei kleine Kartons im Lieferumfang beigelegt, in denen fein säuberlich alles aufbewahrt ist, was nach dem Assembling an Zusatzmaterial übrig geblieben ist.

Positiv fällt auch auf, dass das Betriebssystem von Mifcom sehr sauber ausgeliefert wird. Anti-Viren-Software von Drittherstellern, Trial-Versionen von kommerziellen Programmen oder sonstige Bloatware sucht man zum Glück vergeblich. Was aber sehr wohl vorinstalliert wird, sind dezidierte Programme zur Systemsteuerung wie iCue. Das macht bei gerade bei einem System mit etlichen Corsair-Komponenten ja auch durchaus Sinn.

Bequemlichkeit hat ihren Preis

Die Verwendung durchwegs kostspieliger Komponenten schlägt natürlich mit einem saftigen Preis zu Buche: Das gute Stück, wie es für den Test vorliegt, kostet bei Mifcom 4.616,19 Euro (Stand: 20. 10. 2022). Wer jetzt mithilfe einschlägiger Vergleichsplattformen nachrechnet, dass man mit der Summe der Einzelkomponenten im Eigenbau günstiger fährt, hat natürlich recht: Routinierte PC-Bastlerinnen und Bastler bauen sich die Kiste selbst zusammen, zahlen rund 4.341,37 Euro (Stand und Verfügbarkeit: 20. 10. 2022) und sparen sich somit ungefähr 274,82 Euro. Nicht mitberechnet in die Kalkulation sind allerdings zwei Überlegungen: Zum einen gibt es Leute, die entweder nicht das Wissen oder aber auch schlichtweg weder Zeit noch Lust haben, sich so einen PC selbst zusammenzubauen, aber trotzdem gerne einen hätten.

Zum anderen gibt Mifcom auf Desktop-Systeme drei Jahre Garantie und lebenslangen Support. Sollten sich Problemfälle nicht per Fernwartung lösen lassen, werden Rechner oder etwaige beschädigte Komponenten innerhalb der Garantiezeit kostenlos abgeholt. Der Kunde erhält dann entweder gleich Ersatz per Vorabtausch, oder das System wird repariert und wieder zugestellt. Letztendlich auch ein Service, der sich vorwiegend an Personen richtet, die gerne bestmöglich am PC spielen möchten, aber sich nicht das technische Hintergrundwissen dazu aneignen können oder wollen.

Ein feines Setup

An der Verarbeitung des Systems und der Qualität des Assemblings gibt es nichts auszusetzen. Der horizontale Airflow durch das Gehäuse wird ganz konservativ mit drei ansaugenden Corsair-Lüftern und einem absaugenden bewerkstelligt, die 360-mm-AiO-Kühlung führt die Abwärme der CPU über drei Lüfter nach oben ab. Ein bewährter Klassiker unter modernen Gaming-PCs, wenn man so will, hier geht Mifcom keine Experimente ein.

Das System ist auch nicht dazu gedacht, es unter dem Tisch verkümmern zu lassen: Ein Sichtfenster aus Rauchglas gibt Einblick in das ansprechend aufgeräumte Innere. Farblich individuell über iCue gestaltbare Lichtleisten und Lüfter sowie gesleevte Kabel für Mainboard und Grafikkarte runden das sehr ästhetische Gesamtbild des Systems ab.

Diese Konfiguration von Mifcom ist nicht dazu gedacht, sie unter dem Tisch verkümmern zu lassen.
Foto: Standard/bbr

Positiv fällt dabei auch die geringe Lautstärke des Systems auf. Wer iCue kennt, weiß zudem die unkomplizierte Lüfter-Steuerung zu schätzen, die sich mit wenigen Handgriffen auf ein praktisches Set wirklich benötigter Profile reduzieren lässt. Eine Ausnahme nervt bei gespitzten Ohren: Einen kompletten Silent-Modus, etwa für einen Office-Betrieb, verwehrt die Pumpe der AiO-Wasserkühlung. Typisch für Corsair-AiOs ist leider ein leises Surren zu hören, das man nicht wegbekommt. Das ist aber Jammern auf hohem Niveau. Im Gaming-Modus können die Lüfter unter starker Last schon mal hochdrehen, fallen aber keineswegs unangenehm auf.

But ... can it run "Crysis"?

Dass man so ein System nicht mit "Solitär" oder "Candy Crush" aus der Reserve lockt, sollte klar sein. Ein oder mehrere Durchgänge mit synthetischen Benchmarks wie 3DMark oder PCMark sind schon mal ein ganz guter Richtwert dafür, wie hoch die Performance des Systems einzustufen ist.

Das mag insbesondere für die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Konfigurationen und Computer praktikabel sein, über die reale Leistung in Spielen sagen die Zahlen aber nur indirekt etwas aus. Im Fall des Mifcom-PCs bescheinigen sie für ein System dieser Klasse normale Werte: Im 3DMark sind mit dem Benchmark TimeSpy Extreme 9.687 Punkte erzielt worden, beim Raytracing-Test Port Royale waren es 12.762 Punkte. PCMark hingegen prüft das System mit alltäglichen Workloads, das Resultat gab mit 6.825 Punkten keinen Grund zur Beanstandung.

"Cyberpunk 2077" ist das neue "Crysis", wenn es um anspruchsvolle PC-Grafik geht.
Foto: CD Projekt Red

Der Anspruch für Gaming-PCs wie diesen sollte jedenfalls dort liegen, technisch aufwendige Spiele mit maximaler Detailstufe in einer Auflösung von 4K flüssig darstellen zu können, im Idealfall mit über 60 Bildern pro Sekunde. Um das System also richtig zu fordern, wurden exemplarisch fünf Spieletitel ausgewählt, die bekannt für ihren Hardwarehunger sind. Herangezogen wurden die Spiele "Cyberpunk 2077", "Microsoft Flight Simulator", "Metro Exodus" (Enhanced Edition) sowie "Control". "Crysis" wurde eher aus nostalgischen Gründen hinzugefügt, kann Systeme in der Remastered-Version mit seiner Raytracing-Unterstützung aber genauso ins Schwitzen bringen.

Auch weniger Details sind okay

Die Testdurchläufe mit fünf Titeln zeigen, dass selbst hochwertige Gaming-PCs wie das Exemplar von Mifcom an ihre Grenzen stoßen können. Kein Einziges der fünf Spiele konnte bei nativer 4K-Auflösung, voller Detailstufe und Raytracing (sofern vorhanden) die 60 Bilder pro Sekunde erreichen oder gar übertreffen.

Ein besonders harter Fall ist "Cyberpunk 2077": Während die anderen Kandidaten in den maximalen Einstellungen bei durchschnittlich mehr als 30 Bildern pro Sekunde immerhin noch spielbar waren, sackte das Sci-Fi-Epos auf unspielbare 17,43 Bilder pro Sekunde ab. In der Praxis bedeutet das also, den Pfad der Kompromisse zu beschreiten, indem man sich mit der Reduktion von Detailstufen schrittweise an die gewünschte Bildwiederholrate annähert.

Der Elefant im Raum ist dabei vor allem Raytracing. Diese Berechnung von Lichtstrahlen, die Schatten, Lichtreflexionen und indirektes Licht besonders realistisch auf dem Bildschirm darstellen soll, kostet enorm viel Grafikleistung. Die optische Mehrwert variiert dabei von Spiel zu Spiel, und die Benchmarks veranschaulichen ganz gut, wie viel Einsparpotenzial hier besteht.

Der Test zeigt: Ohne Kompromisse ist "Cyberpunk" auf höchster Detailstufe samt Raytracing auch mit dieser Konfiguration nicht spielbar.
Foto: Der Standard

Sollte das Deaktivieren von Raytracing noch nicht ausreichen, lässt sich auch die höchste Detailstufe ohne großen Aufwand für ein flüssigeres Spielerlebnis herunterregeln. Wie unter anderem auch ein Bericht von Hardware Unboxed in der Vergangenheit schon sehr präzise veranschaulicht hat, sind zwischen den Qualitätsstufen große Performancesprünge möglich. Ob die Einbußen in der Bildqualität vertretbar sind, müssen Spielerinnen und Spieler freilich selbst für sich entscheiden – vorhanden sind sie jedenfalls, besonders beim Sprung auf mittlere Details und darunter.

Wenn die KI unter die Arme greift

Bei Nvidia-Grafikkarten wie der RTX 3080 Ti im Testsystem gibt es noch eine weitere Möglichkeit, die Bilder pro Sekunde deutlich zu erhöhen. Eine smarte Technologie mit der Bezeichnung Deep Learning Super Sampling (DLSS) entlastet vereinfacht gesprochen die Rechenlast der Grafikkarte, indem Spiele zunächst in einer niedrigeren Auflösung (meistens 1.440p) vorgerendert werden. DLSS verwendet anschließend einen trainierten KI-Algorithmus von Nvidia, um daraus abzuleiten, wie das Spiel mit einer höheren Auflösung (normalerweise 4K) gerendert aussehen würde.

Nvidia gibt in diesem Video einen Einblick, wie DLSS funktioniert.
NVIDIA GeForce

Mit dem Resultat, dass das Spiel in der hochskalierten (4K-)Auflösung mit deutlich mehr Bildern pro Sekunde über den Bildschirm läuft. Die "Aggressivität" der unterschiedlichen DLSS-Stufen kann man sich dabei wie einen Schieberegler mit Bildqualität auf der einen und Bilder pro Sekunde auf der anderen Seite vorstellen.

Hinter DLSS steckt eine KI-gestützte Methode die Frame-Rate zu verbessern. Auffallend: Trotz mehrmaliger Runs ist beim "Flight Simulator" kaum ein Unterschied zwischen DLSS-Qualität und Ultraperformance.
Foto: Der Standard

Weitere Testdurchläufe mit der exemplarischen Spieleauswahl verdeutlichen die Vorzüge, die DLSS mit sich bringt. Wie an der Grafik (siehe oben) zu erkennen ist, kann die Bildrate selbst unter Verwendung von Raytracing auf ein Level gehoben werden, das nur wenige Spieler unzufrieden zurücklassen dürfte. Selbst ein Problemkind wie "Cyberpunk 2077" erreicht damit FPS-Bereiche, die sonst nur unter erheblicher Reduzierung der Detailstufe zu bewerkstelligen wären. Übrigens unterstützen nicht alle Spiele diese Technologie automatisch, sie müssen dafür gekennzeichnet sein. Derzeit sind es mehr als 200 Titel, eine aktuelle Auflistung findet sich hier.

Noch lange kein altes Eisen

Eine spezielle Spiele-Auswahl und Einstellungen am Anschlag demonstrieren also ganz gut, dass selbst hochwertige Gaming-PCs der aktuellen Hardwaregeneration recht einfach an ihre Grenzen gebracht werden können. Bei dieser Beobachtung sollte man aber mehrere Aspekte nicht außer Acht lassen.

Nur weil ein Spiel nicht in 4K60 mit allen Details läuft, heißt das noch lange nicht, dass es gar nicht spielbar ist. Es ist ja auch nur ein Anwendungsszenario von vielen, bewusst niedrige Auflösung und hohe Frameraten ein anderes. Gerade in der Flexibilität und Individualisierbarkeit der Einstellungen liegt eine ganz große Stärke des Gaming-PCs. Die nächste in der konkurrenzlos großen Auswahl an Titeln, von denen die meisten eben nicht derart hohe Hardwareanforderungen voraussetzen. Für den Test sind bewusst "Hardwarefresser" herangezogen worden.

Das bedeutet einerseits, dass man mit Systemen wie dem von Mifcom noch jahrelang mehr als genug Spielspaß haben kann. Funktionen wie das erwähnte DLSS müssen dabei natürlich auch nicht von Anfang an genutzt werden, sind aber zweifelsohne hilfreich, den Lebenszyklus eines Systems oder zumindest einer Grafikkarte erheblich zu verlängern. Andererseits – und das wird die Mehrheit betreffen, die sich so ein System nicht leisten will oder kann – braucht man zum Glück kein kostenintensives Highend-System, um viele Vorzüge des PCs genießen zu können.

Die grafische Stärke der Spieleplattform PC zeigt sich besonders bei potenten Systemen wie dem Beispiel von Mifcom. Sie sollte aber eben nur als eine von vielen Facetten betrachtet werden. Und wer sich zur kleinen Gruppe der Hardware-Maximalisten zählt und immer auf dem neuesten Stand bleiben will, der muss eben schon auf die nächste Generation schielen. Alle anderen haben auch so genügend Möglichkeiten für ein technisch zufriedenstellendes Spielerlebnis auf dem PC. (Benjamin Brandtner, 22.10.2022)