Es sieht ein bisschen aus wie der Klebstoff aus der Tube, den die meisten noch aus der Schule kennen. Doch diesmal kommt die Substanz aus einer Spritze. Die durchsichtige, geleeartige Masse landet auch nicht auf der Rückseite eines Arbeitsblatts, sondern unter der Haut. Die Rede ist von Hyaluronsäure, wie sie für kosmetische Behandlungen eingesetzt wird. Während viele da noch immer zuerst an Botox denken, werden Eingriffe mit Hyaluron schon seit Jahren immer populärer.

Schmolllippen sind schnell gemacht.
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Haarschnitt oder Hyaluronsäure?

Laut dem Bericht der International Society of Aesthetic Plastic Surgery aus dem Jahr 2020 machen sie in Deutschland (Österreich wird im Bericht nicht gelistet) fast 40 Prozent der nichtoperativen Eingriffe im kosmetischen Bereich aus. Mit Hyaluronsäure können etwa Fältchen im Gesicht aufgepolstert, Wangenknochen höher gespritzt und sogar Nasen ohne Operation begradigt werden. Besonders populär ist Hyaluronsäure in den Lippen.

Schmolllippen à la Angelina Jolie bekommt man mittlerweile fast so unkompliziert und kostengünstig wie einen neuen Haarschnitt. Für wenige Hundert Euro bieten zahlreiche Praxen Unterspritzungen der Lippen mit Hyaluronsäure an. Zeitlich lässt sich die Behandlung in der Mittagspause unterbringen, und Fans von Fillern betonen, dass die schlimmste Nebenwirkung eine leichte Schwellung für wenige Tage sei. Und die aufgefüllten Lippen haben angeblich noch einen Vorteil: Der Effekt verschwindet wieder. Wieso also nicht einfach einmal ausprobieren?

Lösung gesucht

Das Argument, das dafür oft geliefert wird: Die Hyaluronsäure wird im Körper mit der Zeit verstoffwechselt, also abgebaut. Wem die dicke Lippe also nicht zusagt, der spritzt schlicht nicht mehr nach. Und wem die Aufpolsterung gefällt, der lässt sich eben wieder ein wenig nachlegen. Tatsächlich ist das aber nur zum Teil richtig. Neuere Untersuchungen zeigen, dass Rückstände der Hyaluronsäure auch nach Jahren noch im Körper nachgewiesen werden können. Tatsächlich verlagert sich der Filler häufig eher, als dass er tatsächlich abgebaut wird.

Schiefe Optik

Bei Lippeninjektionen entsteht so oft der sogenannte Fillerstache (Wortkreation aus Filler und Moustache). Oberhalb der Lippe lagert sich Hyaluronsäure ab und erinnert an ein dünnes Schnurrbärtchen. Wer so unfreiwillig zum Super-Mario-Double wird, kann auf Hylase zurückgreifen. Dadurch wird die Hyaluronsäure wieder aufgelöst – was mitunter aber ziemlich wehtut. Zudem sieht das Ergebnis danach häufig nicht wie das Davor aus. Auch körpereigene Hyaluronsäure löst sich nämlich mitunter mit auf, und so verändert sich die betroffene Gesichtsregion.

Lippenunterspritzungen einfach einmal auszuprobieren, weil sie ohnehin nicht permanent sind, kann also danebengehen. Und speziell wenn es um Hyaluron-Unterspritzungen in anderen Gesichtsregionen geht, ist die Liste der Risiken bis hin zur Erblindung lang. Wer also tatsächlich überlegt, sich in der ein oder anderen Region "aufpolstern" zu lassen, sollte sich dementsprechend gut informieren. Sonst bleibt am Ende eine schiefe Optik – oder Schlimmeres. (RONDO, Antonia Rauth, 27.12.2022)