Das Smartphone ist groß, elegant und praktisch. Der Fokus vorwiegend asiatischer Hersteller auf Falthandys kommt nicht von ungefähr.

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Leica-gebrandete Kameras, zwei überzeugende Displays und der Fakt, dass das Xiaomi Mix Fold 2 das derzeit dünnste Falthandy auf dem Markt ist, lässt wohl viele potenzielle Kunden in Richtung dieses neuen Smartphones blicken. Leider gibt es derzeit keine Pläne, das Gerät außerhalb Chinas zu verkaufen – DER STANDARD hat sich das Flagship-Phone dennoch genauer angesehen.

Schick, schicker, Mix Fold 2

Mit dem Mix Fold 2 verbessert der chinesische Hersteller einige Kritikpunkte des Vorgängers und übertrumpft diesen in allen Belangen. So wurde beispielsweise an der Dicke des Geräts – ein großer Kritikpunkt aktueller faltbarer Smartphones – geschraubt, und so darf sich das Mix Fold 2 mit 11,2 Millimeter als das derzeit dünnste Falthandy auf dem Markt bezeichnen. Mit seinen 161,6 x 73,9 Millimetern ist es zudem sehr schlank und liegt gut in der Hand.

Generell ist das Design sehr elegant und weit weniger klobig als Konkurrenzprodukte, etwa das Samsung Fold 4. Hochwertige Materialien, etwa der chromfarbige Metallrahmen, bilden zudem den passenden Rahmen für das umgerechnet 1.700 Euro teure Smartphone. Der Faltmechanismus ist störrischer als bei anderen Smartphones, weshalb das Aufklappen ein wenig mehr Kraft benötigt. Im Gegensatz zum Fold 3 lässt sich das Mix Fold 2 halb geöffnet nicht auf den Tisch stellen. Ist das Smartphone mehr als 90 Grad geöffnet, schnappt es auf und liegt flach vor seinem Nutzer. Um es dennoch beispielsweise als bequemes Videoabspielgerät nutzen zu können, kann die beigelegte Hülle benutzt werden, in deren Rückseite ein ausklappbarer Standfuß angebracht ist.

Widmet man sich dem 6,56-Zoll-Amoled-Display, dann fallen schon beim Frontbildschirm die verfügbaren 120 Hz angenehm auf, die das Scrollen auf dem Smartphone – wie bei den meisten asiatischen Herstellern – angenehm flüssig erscheinen lassen. Auch sonst wirkt das Mix Fold 2 in zusammengeklapptem Zustand wie praktisch jedes andere moderne Smartphone auf dem Markt. Die Full-HD-Auflösung mit 2.520 x 1.080 Pixeln, die gewohnte Bedienbarkeit mit Wischbewegungen und die in einem Punch-Hole versteckte Frontkamera wirken sehr klassisch.

Zusammengeklappt könnte man das Gerät fast mit einem Nicht-Falthandy verwechseln.
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Das Kameramodul wirkt weniger aufdringlich als bei anderen Smartphones, leistet dafür aber auch weniger als viele andere Flagships.
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Technisch wurde der Klappmechanismus sauber gelöst und wirkt sowohl in der Haptik als auch in der Verarbeitung hochwertig.

So groß

Der Hingucker ist aber selbstverständlich das OLED-Innendisplay, das mit 8,02 Zoll eines der größten auf dem Markt ist und das Gerät auf 161,6 x 144,7 Millimeter anwachsen lässt. Mit einer Auflösung von 1.914 x 2.160 Pixeln stehen auch hier 120 Hz zur Verfügung, die sich bei so manchem Standbild selbstständig auf ein Hertz reduzieren. Der Knick in der Mitte ist weiterhin sichtbar, stört aber ähnlich wenig wie beim Samsung Fold 4. Der Finger gleitet bei der Benutzung des ganzen Displays einfach drüber, auch wenn man die kleine Mulde spürt. Beim Konsumieren von Videos oder Websites fühlt man sich durch diese aber in keinster Weise in seinem Genuss eingeschränkt. Eine Helligkeit von 1.000 Nits und HDR-Unterstützung sorgen dafür, dass man in den meisten Fällen das gezeigte Bild auch gut erkennen kann, außer die Sonne scheint direkt auf das Display.

Das Gewicht von 262 Gramm hängt sich bei längerem Halten durchaus an, wer die Hände beim Lesen oder Videoschauen allerdings ein wenig abstützt, wird keine Probleme haben. Nutzbare Knöpfe gibt es nur wenige. Sowohl der Powerbutton – der gleichzeitig als sehr verlässlicher Fingerscan dient – als auch die Lautstärkewippe sind an der rechten Seite angebracht, ansonsten findet sich nur noch der USB-C-Anschluss an der Unterseite.

Der Sound wird dank zwei großer Lautsprecher nach draußen getragen – beim Vorgänger waren es vier kleinere. Mit Dolby Atmos Unterstützung und einer annehmbaren Lautstärke, kann man das Telefon gut als tragbaren TV nutzen, auch wenn der Sound gegenüber anderen Flagships etwas abfällt und in mehreren Bereichen etwas dünn klingt.

Speziell zum Lesen beziehungsweise für Multitasking eignen sich Falthandys wunderbar.
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Das Mix Fold 2 (rechts) ist deutlich größer als etwa das Samsung Fold 3 (links), das Design ist dennoch eleganter.
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Software

Angetrieben vom aktuell schnellsten Android-Prozessor Snapdragon 8+ Gen 1, verfügt das Smartphone zusätzlich über 5G, 12 GB DDR5 Arbeitsspeicher, bis zu einem Terabyte Festspeicher und eine Leistung, die mit aktuellen Flagship-Konkurrenten gut mithalten kann. Mit starker Hitzeentwicklung hat das Smartphone dennoch zu kämpfen, auch wenn aufgrund der kurzen Testzeit keine ausführlichen Benchmark- oder Langzeittests möglich waren.

Die benutzbare Oberfläche liefert MIUI, das im Gegensatz zu anderen Herstellern etliche Anpassungen für Falthandys bietet. So wird etwa der Homescreen der beiden Displays nicht gespiegelt, sondern liefert im ausgeklapptem Zustand die beiden ersten Screens der zusammengeklappten Oberfläche. Wie bei anderen Falthandys können auch beim Mix Fold 2 zwei Apps nebeneinander benutzt werden. In einem fliegenden Fenster kann zudem eine weitere App über die anderen gehoben und permanent angezeigt werden. An der Seite findet sich ein Menü – auch eine auf Falthandys immer öfter auftauchende Funktion –, das die zuletzt geöffneten Apps angezeigt.

Spielt man sich ein wenig mit all diesen Möglichkeiten, kann Multitasking schon ganz gut funktionieren. Nutzt man allerdings alle Fenster, wird es schnell unübersichtlich, da die Apps dann teilweise überlappen.

Damit einem nicht allzu schnell der Saft ausgeht, wurde ein 4.500-mAh-Akku im Gerät verbaut. Einen normalen Tag, an dem man das Smartphone bis zu sechs Stunden aktiv nutzt, kann man damit gut bewältigen.

Apps können nebeneinander oder im Fenster über anderen Apps hängend genutzt werden.
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Google?

Nachdem das Gerät nicht in Europa verkauft wird, finden sich in den Spracheinstellungen nur wenige Auswahlmöglichkeiten. Das hat natürlich auch Einfluss auf die Software, etwa die Keyboard-Auswahl, die vorinstallierten Apps oder generell die Verfügbarkeit von Apps, die hierzulande wichtiger sind als in China. Playstore und diverse Google-Apps sind beispielsweise nicht vorinstalliert, können aber heruntergeladen werden. Andere, etwa Chrome, funktionierten im ersten Anlauf allerdings nicht.

Kameras nur Mittelklasse

Während andere Hersteller vor allem ihren Fokus auf die Kameras legen, fällt diese Kategorie beim Mix Fold 2 leider etwas ab. Die 50-Megapixel-Hauptkamera, eine Sony IMX766, findet sich eher in Mittelklasse-Smartphones. Die 13-Megapixel-Ultraweitwinkel- und die Acht-Megapixel-Telefotokamera sind hier sogar noch schwächer in der Performance und lassen so passable, aber keine großartigen Fotos zu.

Bei schwachem Licht geht das Trio ebenfalls schnell in die Knie, der Zehnfach-Zoom versucht bei guten Lichtverhältnissen einigermaßen scharf zu bleiben. Fotos anderer Smartphones wirken im Vergleich kontrastreicher und lebendiger. Beim Mix Fold 2 muss oftmals händisch etwas nachgebessert werden, wenn man den Fotos mehr Leben einhauchen will. Auch die Selfie-Kamera erfüllt zwar ihren Zweck, wirklich großartige Bilder lässt aber auch sie nicht zu.

Aufnahmen bei Tageslicht funktionieren in der Regel gut, auch wenn die Brillanz anderer Hersteller, die bessere Kameras verbauen, nicht erreicht wird.
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Der Zoom gibt sein Bestes, über dem Zweifachen pixelt das Bild allerdings.
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Nachtaufnahmen wirken schnell unscharf und blass.
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Fazit

Das Mix Fold 2 ist ein zweischneidiges Gerät. Die zwei Displays können wirklich überzeugen und erlauben produktives Multitasking. Auch die verbaute Hardware sowie das generelle Design brauchen sich vor der Konkurrenz nicht zu verstecken. Aber es gibt auch eine Schattenseite, ganz abgesehen von dem hohen Preis. Neben Nachteilen, die auf der Hand liegen, etwa die nicht an den heimischen Markt angepasste App- und Einstellungs-Vielfalt, enttäuschen vor allem die Kameras. Letztere sind zwar für die meisten Anwendungsfälle ausreichend, bei dem hohen Preis sollte man sich Schwächen auf diesem Gebiet aber besser nicht leisten.

So bleibt das Mix Fold 2 aufgrund der unterschiedlichen Faktoren ein Sammlerstück für Liebhaber, das allerdings sehr gut beweist, wie ernst der chinesische Hersteller seine Ambitionen in Richtung Falthandys verfolgt. Es bleibt weiterhin ein spannender Kampf um ein Segment, das offenbar gekommen ist, um zu bleiben. (Alexander Amon, 23.10.2022)