Der künftige Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP, re.) und sein Koalitionspartner sowie erster Stellvertreter, der SPÖ-Vorsitzende Georg Dornauer, unterzeichneten das Regierungsabkommen.

Foto: APA/EXPA/Johann Groder

Die neue Tiroler Landesregierung auf dem Weg zum Pressetermin in Innsbruck.

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Innsbruck – Die neue Tiroler Landesregierung, die kommenden Dienstag gewählt werden soll, steht. Am Freitag stellten der ÖVP-Chef und künftige Landeshauptmann Anton Mattle sowie sein rotes Pendant Georg Dornauer ihr Team und das Regierungsprogramm auf dem Innsbrucker Landhausplatz vor. Die Volkspartei erhält fünf Landesrätinnen und -räte, die SPÖ drei.

Unter dem Motto "Stabilität in der Krise – Erneuerung für Tirol" wollen Mattle und Dornauer die nächsten fünf Jahre Tirol gestalten. Das Programm sei Ergebnis intensiver Verhandlungen und beinhalte auch zahlreiche Kompromisse, auf die man sich geeinigt habe, erklärten die beiden Parteichefs. Drängendes Thema sei die aktuelle Teuerung, dazu soll gleich nach der Angelobung kommende Woche eine "Expertengruppe" eingesetzt werden.

Energiewende als zentrales Thema

Priorität genießt der Ausbau erneuerbarer Energieträger. Mattle betonte, dass man dazu in erster Linie weiter auf Wasserkraft setzen werden, aber auch die im Wahlkampf aufgebrachte Idee der Überdachung von Großparkplätzen mit Photovoltaikanlagen will die neue Koalition angehen. Insgesamt wurde das Ziel von fünf Millionen Quadratmetern neuer Photovoltaikanlagen in den nächsten fünf Jahren ausgegeben.

Ein Tiroler Dauerbrenner ist das Thema leistbarer Wohnraum. Dornauer, der als Landesrat für Wohnen zuständig sein wird, kündigte "epochale Neuerungen" in diesem Bereich an. Von der verpflichtenden Vertragsraumordnung über eine Baulandmobilisierungsabgabe nach Salzburger Modell bis zur Aufwertung und dem Ausbau des Tiroler Bodenfonds reichen die Maßnahmen.

Inhaltlich soll ein Schwerpunkt auf dem Thema Pflege liegen, wo für Umschulung und Ausbildung mehr Anreize geschaffen werden sollen. Auch das Recht auf einen Kinderbetreuungsplatz, das im Wahlkampf von allen Parteien versprochen wurde, ist Teil des Regierungsprogramms – allerdings vorerst nach Alter abgestuft.

Team aus bekannten und neuen Gesichtern

Um all diese Vorhaben umzusetzen, bauen Mattle und Dornauer auf ein Team aus Politikprofis und Quereinsteigern. Bei der ÖVP ist Bauernbündler Josef Geisler wieder im Boot. Er wird für Land- und Forstwirtschaft, Grundverkehr, Raumordnung, Energie, Traditionswesen und Straßenbau zuständig sein. Die bisherige Telfer Vizebürgermeisterin Cornelia Hagele, die dem Wirtschaftsbund angehört, rückt in die Landesregierung auf und erhält gleich das umfangreichste Ressort. Die Juristin und Betriebswirtin ist zuständig für Gesundheit, Pflege, Bildung, Wissenschaft und Forschung.

Als gesetzt galt bei der ÖVP auch Mario Gerber, bisher Tourismussprecher im Landtag. Der Hotelier, der ebenfalls zum Wirtschaftsbund zählt, wird ebendieses Ressort übernehmen, das bisher immer dem Landeshauptmann vorbehalten war. Zudem kümmert sich Gerber um Wirtschaft, Digitalisierung und die Landesbeteiligungen.

Polizistin Mair erhält neues Sicherheitsressort

Die wohl umstrittenste Personalie im ÖVP-Team ist Astrid Mair. Sie wird als Quereinsteigerin, wie Mattle sagt, das neu geschaffene Sicherheitsressort übernehmen. Mair ist seit 2021 Bezirkspolizeikommandantin in Kufstein. Und sie ist die Lebensgefährtin des Tiroler Landespolizeidirektors Helmut Tomac, der erst kürzlich aus Wien zurückgekehrt ist, wo er Generalssekretär im Innenministerium war. Mair gilt politisch als unbeschriebenes Blatt, sie gehört auch keinem der Bünde an. Im Landtagswahlkampf sorgte sie für Aufsehen, als sie die Debatte über den Klimabonus für Flüchtlinge zum Thema machte. Dass sie nun zur Landesrätin aufsteigt, sorgte angesichts ihrer privaten Verbindung zu Tomac bereits im Vorfeld für Kritik.

Mattle selbst, der am kommenden Dienstag zum Landeshauptmann gewählt wird, kümmert sich um Finanzen, Personal, Europa- und Außenangelegenheiten, Ehrenamt, Gemeinden sowie, überraschend, Kultur.

SPÖ setzt auf Expertin und Experten

Aufseiten des roten Koalitionspartners setzt Dornauer, der zum ersten Stellvertreter von Landeshauptmann Mattle wird – ein Novum in Tirol, dieser Posten war bisher stets ÖVP-Landesräten vorbehalten –, auf ein kleines Team aus Quereinsteigern. Als Sozial- und Frauenlandesrätin wird Eva Pawlata ins Regierungsteam kommen. Die bisherige Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums, die seit Februar im Gemeinderat von Rum saß, wird auch für Inklusion zuständig sein. Den Posten des Mobilitätslandesrats wird der bisherige ÖBB-Regionalmanager in Tirol, René Zumtobel, übernehmen.

Dornauer zeigte sich erfreut darüber, dass die beiden den Schritt in die Landespolitik wagen und mit ihm das SPÖ-Trio in der neuen Regierung bilden. Er selbst wird das Wohnressort übernehmen sowie die Liegenschaften und den Sport.

Neue Landesregierung will keine Zelte für Flüchtlinge

Kommende Woche, nachdem die neue Landesregierung gewählt wurde, wollen ÖVP und SPÖ die Arbeit aufnehmen. Dornauer wird als Landesrat auch für die Tiroler Sozialen Dienste (TSD) zuständig sein, die für die Flüchtlingsbetreuung verantwortlich sind. Er kündigte an, dass es unter seiner Ägide keine Zelte in Tirol geben werde, was als Ansage in Richtung der Bundesregierung gewertet werden kann, die in Tirol bereits Zelte zur Unterbringung für Flüchtlinge hat aufstellen lassen. Mattle pflichtete auf Nachfrage Dornauer bei, dass auch er dies nicht wolle und sich dafür einsetzen werde, dass diese Zelte wieder abgebaut werden. (ars, 21.10.2022)