In der Formel 1 errang Mateschitz mit Red Bull Racing sechs Weltmeistertitel. Vier Mal krönte sich Sebastian Vettel, zwei Mal Max Verstappen.


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Herausragend war der Werbewert des Stratos-Projekts von Felix Baumgartner im Jahr 2012.

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Mittlerweile rennt das Fußball-Werkl. Red Bull transferiert Superkicker wie Erling Haaland zu Spitzenvereinen.

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Es sind gigantische Spuren, die Dietrich Mateschitz mit Red Bull im Sport hinterlassen hat. Ob Fußball, Formel 1 oder Papierfliegerwettbewerbe – die Marke, die Dose ist omnipräsent. Der Sport hat Red Bull groß gemacht. Und Red Bull hat so manchen Sport groß gemacht. Hate it or love it, das sind die Fakten. Ob ein Nachfolger den Konzern neu ausrichten könnte? Nur wenn er eine Aversion gegen Geld und Erfolg hegt. Red Bull Salzburg oder Red Bull Racing sind nicht in Gefahr, die Maschine läuft da wie dort zu geschmiert. Hier geht es nicht um Mäzenatentum, sondern um Big Business.

Begonnen hat alles in einer Nische. Wer sich im Extremsport betätigen wollte, fand Anfang der Neunzigerjahre in Red Bull einen Partner. Das Getränk wurde zum Benzin für Adrenalinjunkies, es gab Taurin und Base-Jumping zum Frühstück. Das Marketingkonzept war seiner Zeit voraus. Es setzte auf Influencer, bevor Instagram konzipiert wurde. Es war YOLO ("You only live once"), bevor jemand das Akronym ausgesprochen hatte.

Extremer Sport

Die Unterstützung des Verwegenen wurde stets mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Diesen Irrsinn darf man nicht pushen, sagen die einen. Immerhin kann man davon leben, solange sich der Fallschirm öffnet, sagen die anderen. Die Liste der von Red Bull geförderten und verunglückten Sportler ist lang. Base-Jumper, Bergsteiger, Motorradfahrer – am Ende hieß es nicht selten: "Unsere Gedanken sind bei seiner Familie."

Ob Mateschitz mit Sport tatsächlich etwas am Hut hatte? Eine Affinität zum Motorsport kann man dem Verstorbenen nicht absprechen. Wer in Sankt Marein im Mürztal geboren ist, hat es nicht weit zur Formel 1. Der Kurs in Spielberg wurde 1969 eröffnet, die Rennen zogen die Österreicher in ihren Bann. Mateschitz war da keine Ausnahme. Später hat er den Ring und die Region wiederbelebt.

Es passt ins Bild, dass die ehemaligen Rennfahrer Gerhard Berger und Helmut Marko zum engsten Bekanntenkreis des Milliardärs gezählt werden konnten. In der Formel 1 war Red Bull ab 1995 als Sponsor von Sauber tätig, zehn Jahre später übernahm Mateschitz das Team von Jaguar und gründete Red Bull Racing – eine Erfolgsstory mit sechs Weltmeistertiteln durch Sebastian Vettel und Max Verstappen.

Ein Getränkeunternehmer, der die Sportwelt aufmischt. Einer, der den alten Hasen zeigt, wie der Hase läuft. Das war Mateschitz. In der Formel 1 wurde dies zähneknirschend hingenommen, im Fußball sorgte der nonchalante Stil für Ärger. Die finanzmarode, aber traditionsreiche Salzburger Austria wurde 2005 übernommen – und mit der Alupresse plattgemacht. Farben weg, Namen weg, alles weg. Seit damals galt Mateschitz unter Fußballtraditionalisten als Persona non grata.

Erfolgsprojekt Fußball

Lange Zeit sah es so aus, als würde sich Red Bull im Fußballgeschäft die Zähne ausbeißen. Abermillionen wurden verbrannt, Berühmtheit erlangte der Verein nur durch das jährliche Verpassen der Champions League. Hätte Red Bull bei Seifenkistenrennen bleiben sollen? Nein. Eine Spielidee wurde entwickelt, nun ist Salzburg Stammgast in der Königsklasse. Ein 1:1 gegen den AC Milan, ein 1:1 bei Chelsea, das ist die neue Normalität.

Es ist nicht nur Salzburg. Red Bull führt Rasenballsport Leipzig, die New York Red Bulls und in Brasilien Red Bull Bragantino. Ein Rädchen greift ins andere. Früher hätten die größten Talente einen Bogen um Österreich gemacht. Jetzt stellen sie sich an und werden der Reihe nach in Topligen exportiert. Naby Keïta, Sadio Mane, Erling Haaland. Die Fußballfabrik floriert wie nie zuvor.

Wenn Marcel Hirscher, Dominic Thiem und Max Verstappen kollektiv bei Servus TV antanzen, ist nicht die Einschaltquote ausschlaggebend. Sie alle stehen wie rund 800 andere Aktive bei Red Bull unter Vertrag. Ob Neymar oder Anna Gasser, kaum ein Profi fuchtelt bei Presseterminen nicht mit der Red-Bull-Trinkflasche herum.

Zum Erfolgsprojekt avancierte der jährlich ausgetragene Wings for Life World Run. Im Mai waren 161.892 Laufende am Start und sorgten mit 4,7 Millionen Euro für einen Spendenrekord. Die Wings-for-Life-Stiftung wurde 2004 von Mateschitz und dem zweifachen Motocross-Weltmeister Heinz Kinigadner gegründet, Ziel ist die Heilung von Rückenmarkverletzungen und Querschnittlähmungen.

Mehr als Sponsoring

Nein, der Slogan "Willkommen in der Welt von Red Bull" war keine leere Versprechung. Es ist tatsächlich eine eigene Welt, die Mateschitz mit seinem Drink entwickelt hat. Best-Practice-Beispiel zum Thema Umwegrentabilität: Red Bull Stratos. Felix Baumgartner ließ sich 2012 vom Himmel fallen. 200 Fernsehsender berichteten live. Die Kosten wurden mit 25 Millionen Euro beziffert – der Werbewert mit einer satten Milliarde. Ein Geniestreich.

Das Engagement von Red Bull ging weit über das übliche Sponsoring hinaus. Red Bull Air Race, Red Bull Rampage, Red Bull X-Fighters – das Unternehmen hat zahllose Events ins Leben gerufen und über die eigene Medienwelt vermarktet. Nie zuvor waren Sport, Medien und Marketing enger miteinander verbunden. Alles aus einem Haus, alles aus einem Guss. Moderatoren in Alpha-Tauri-Bekleidung kommentieren auf Servus TV Spiele von Red Bull Salzburg. Eine Vision ist in Erfüllung gegangen. (Philip Bauer, 23.10.2022)

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