Die Geschäftswelt von Dietrich Mateschitz ist weit verzweigt. Die Mehrheit am Konzern hatte er aber nicht. Ob und welche Veränderungen die Thailändischen Geschäftspartner vornehmen, ist derzeit noch offen.

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Zwei Männer prägten die Geschicke von Red Bull. Einer in Asien, der andere in Europa. Der Energydrink machte sie zu Milliardären. Nun sind beide tot, die Zukunft des Konzerns mitsamt seiner weltweit 13.000 Mitarbeiter liegt in den Händen ihrer Familien.

Chaleo Yoovidhya züchtete in seiner Kindheit in Thailand Enten. 1956 gründete er das Unternehmen TCP, mit dem er Arzneimittel und Drogeriewaren produzierte. Bald fand er am Getränkemarkt Geschmack. Er adaptierte bestehende Rezepturen und zierte sie mit dem Logo zweier Wasserbüffel. Yoovidhya suchte Kunden in Arbeiterkreisen. Größter Absatzmotor war der niedrige Preis.

Dietrich Mateschitz brachte das koffeinhaltige Kracherl zu gepfefferten Preisen über Diskotheken unter die Leute. Türöffner war der Mix mit Alkohol. Markenrechte wie exklusiven Vertrieb verteidigte ein Heer an Anwälten mit harten Bandagen.

Freie Hand

Sprudelnde Gewinne in Europa wie den USA sorgten dafür, dass Mateschitz über Jahrzehnte frei schalten und walten durfte. Ins operative Geschäft mischte sich auch Yoovidhyas ältester Sohn Chalerm nicht ein – auch wenn seine Familie 49 und er selbst zwei Prozent an Red Bull halten. Für Mitarbeiter des Imperiums rund um Getränke, Sport und Medien blieben die Thailänder eine unbekannte Größe. Businesspläne wurden in kleinstem Kreis einmal jährlich auf Mateschitz’ Pazifikinsel Laucala behandelt.

Dem Zufall überlassen wird im nach außen hin nahezu luftdicht abgeschlossenen Reich der Dose freilich nichts. Den Vertrag auf Lebenszeit hatte nur der oberste Bulle persönlich. Um ihn abzuberufen, hätte es einer Zweidrittelmehrheit bedurft. Wer ihm als oberster Boss an der Spitze nachfolgt, entscheidet der gut vernetzte Yoovidhya-Clan.

Als unwahrscheinlich gilt, dass dieser das Schicksal des Konzerns in die Hände von Mateschitz’ 30-jährigem Sohn Mark legt, der bisher nur am äußersten Rande operativ eingebunden wurde.

Dass es zu einem rasanten strategischen Kurswechsel kommt, wird intern derzeit bezweifelt, zumal Red Bull seit jeher eine gut geschmierte Gelddruckmaschine ist, die für ihre Eigentümer jährlich hunderte Millionen Euro an Gewinn abwirft und auf einem stattlichen Polster an Eigenkapital sitzt. An der Handvoll hochrangiger Manager, die das Unternehmen in Mateschitz’ Schatten stets am Laufen hielten, dürfte sich daher vorläufig wenig ändern.

Offene Baustellen

An offenen Fragen fehlt es nach dem Ableben des Mitbegründers allerdings nicht. Eine davon könnte hunderte Mitarbeiter in Österreich schlechter schlafen lassen.

Mateschitz steckte einen Teil seines Vermögens in ein Reich aus Immobilien rund um Schlösser, Gasthäuser, Landwirtschaften bis hin zur Therme Fohnsdorf. Vieles fiel unter Liebhaberei des Mäzens und ist weit davon entfernt, profitabel zu sein – vieles steht und fällt mit der Dose.

Ebenso vom Goodwill der mächtigen thailändischen Partner könnte es abhängen, wie stark der österreichische Fiskus von Red Bull als Cashcow weiter profitieren wird. Markenrechte so mancher Konzerntochter sind nämlich auch in Steuerparadiesen wie den Cayman Islands und Jungferninseln registriert. Im Jahr 2020 soll Red Bull rund 405 Millionen Euro an Steuern ans österreichische Finanzamt abgeliefert haben.

Nicht in Stein gemeißelt sind zumeist auch Orte der Produktion. Im Falle von Red Bull wickelt diese der Fruchtsafthersteller Rauch hochautomatisiert in Vorarlberg, in der Schweiz und den USA ab. Beide Unternehmen gelten als eingespieltes Team, verbunden durch gemeinsames Wachstum, Investitionen und die Kultur der Verschwiegenheit.

Rauch beschäftigt in Ludesch-Nüziders rund 700 Mitarbeiter. Dem Bullen selbst wurde im Ländle nicht nur der rote Teppich ausgerollt. Eine Bürgerinitiative verhinderte jüngst den Ausbau der Abfüllanlagen nach harten Debatten über Flächenversiegelung und Wassernutzung. (Verena Kainrath, 24.10.2022)