Emma D'Arcy und Matt Smith in "House of the Dragon".

Foto: HBO / Sky

So ist das in Königshäusern: Im Grunde genommen geht es die ganze Zeit um nichts anderes als um die Thronfolge. Wenn es aber so weit ist, hat keiner einen Plan. In dieser kritischen Phase der Machtübergabe befindet sich "House of the Dragon" am Beginn der letzten Folge der ersten Staffel, die seit Montag auf Sky abrufbar ist.

Achtung Spoiler!

Es herrscht einige Verwirrung nach Viserys' Tod. Auf Drachenstein ist die Rhaenyra-Sippe noch felsenfest davon überzeugt, dass sie das hohe Erbe einmal übernehmen wird. Wenn auch zum Teil wider Willen: Der Sohn Lucerys hadert noch mit sich und dem Lauf der Welt. Gutes Zureden der Mutter hilft ein wenig, aber nicht viel. Es ist ja auch verständlich, es geht um sieben Königslande, gemessen an Macht und vom Verwaltungsaufwand her wahrscheinlich mit einem Softdrink-Konzern vergleichbar. Sorry, der musste sein.

Jedenfalls ist die Nachricht vom Tod des Vaters keine gute. Noch weniger, als sich die drüben in Königsmund die Nachfolge untereinander ausgemacht haben, wie wir bereits wissen. Verrat!

Nun könnte man sagen, lasst einen Drachen fliegen und Ende der Diskussion. Dummerweise ist das nicht so einfach, denn im Kräfteverhältnis steht es drei zu drei, auch die Alicent-Aegon-Fraktion verfügt über eine Drachenflotte. Rhaenyra wendet ein, ihre Flugsaurier hätten keine Kriegserfahrung. Das haben die anderen zwar auch nicht, aber dennoch wird von der Tabula-rasa-Strategie, die etwa eine Daenerys Targaryen rund 200 Jahre später als adäquat wählte, Abstand genommen. Der Herrscherin steht der Sinn nach Frieden. Die Suche nach Verbündeten gestaltet sich schwierig. Andere Möglichkeit: Die Drachen sollen sich das untereinander ausmachen, was einen gigantischen Schlusskampf bedeuten würde. Schon wahrscheinlicher.

Punktesieg gegen "Ringe der Macht"

Dramaturgisch setzt das Staffelfinale einen starken Kontrapunkt zur Folge davor, die ausschließlich aus Sicht des Viserys-Clans erzählt wurde. Hier sind es die Exilanten Rhaenyra, Daemon und Kinder, die einen Schrecken ohne Ende versprechen.

"House of the Dragon" konzentrierte sich in seiner Erzählung auf das Königsdrama. Die absurden Wendungen vor, während und nach dem Stück "Der König stirbt" waren in dieser ersten Staffel durchaus unterhaltsam. Bezeichnenderweise waren die besten Momente jene, in denen die Technik in die Erzählung einfloss und nicht umgekehrt. Die für das Genre typischen Überzeichnungen – in der letzten Folge zum Beispiel (Achtung, noch ein Spoiler!) der verhandelnde Kriegsrat und die im Zuge einer Fehlgeburt nebenan vor Schmerzen schreiende Königstochter – sorgten für teils unfreiwillige Heiterkeit.

Fazit: Sowohl als auch

Insgesamt wurde viel geschwätzt und dazwischen etwas gekämpft. Der Auftakt war enttäuschend, was an einem farblosen Ensemble und einer ebenso blassen Geschichte lag, die einfach zu wenig hergab und an die Wucht und Herrlichkeit von "Game of Thrones" nicht einmal ansatzweise heranreichte. Erst mit dem Sprung zur erwachsenen Rhaenyra gelang die Emanzipation vom Vorgänger. Das Figurenspiel wurde dichter, die Typenbeschreibung gewann an Kraft und Tiefe. Zumindest in dieser Hinsicht schlägt "House of the Dragon" für mich "Ringe der Macht" um Längen. Abzugspunkte für schmalziges Pathos gibt's bei beiden. Atmosphärisch spannender, in der Story abwechslungsreicher (Plottwists!) und besser verknüpft mit seinem Vorgänger war der Tolkien-Ableger. Visuell blieben sich beide nichts schuldig. Von mir aus dürfen sie weitermachen. (Doris Priesching, 24.10.2022)