Einfache Bewegungsdaten von Smartphones könnten künftig zur klinischen Entscheidungsfindung beitragen.

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Mit passenden Daten lässt sich heutzutage ziemlich gut abschätzen, wie hoch das eigene Risiko ist, innerhalb der nächsten fünf Jahre zu versterben. Gerade Wearables wie Smartwatches bieten hier einen guten Ansatzpunkt, allerdings fehlt es ihnen noch an Verbreitung, und sie werden vorwiegend von wohlhabenderen Menschen getragen.

Diese Lücke könnten aber Smartphones füllen, berichtet "New Scientist". Lediglich sechs Minuten an beim Gehen erfassten Bewegungsdaten, die über die Sensoren moderner Mobiltelefone aufgezeichnet werden können, reichen demnach aus. Mit ihnen lässt sich eine Prognose erstellen, deren Genauigkeit auf dem Niveau bisher verwendeter Errechnungsmethoden liegt.

Bewegungsdaten als Prädiktor

An der University of Illinois hat man sich dafür die Daten von über 100.000 Teilnehmern einer britischen Studie angesehen, die sich mit der Gesundheit von Menschen mittleren und höheren Alters befasst, die seit mindestens 15 Jahren im Vereinigten Königreich leben. Diese trugen zur Datenerfassung Armbänder mit Beschleunigungssensoren, über die auch Smartphones standardmäßig verfügen. Von den Untersuchungsteilnehmern verstarben etwa zwei Prozent innerhalb von fünf Jahren nach Start des Trackings.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Illinois ließen die Bewegungsdaten und Informationen zum Ableben eines Zehntels der Partizipanten mittels eines von Maschinenlernen gestützten KI-Modell auswerten. Dieses wiederum konstruierte daraus einen Algorithmus zur Ableitung der Todeswahrscheinlichkeit auf Basis der Sensordaten für einen sechsminütigen Spaziergang.

Charakteristische Unterschiede

Dies funktioniert, weil bestimmte Gesundheitsprobleme sich deutlich im Bewegungsmuster abzeichnen, erklärt der an der Arbeit beteiligte Forscher Bruce Schatz. "Bei vielen Krankheiten, speziell des Herzens oder der Lunge, gibt es ein sehr charakteristisches Muster, bei dem Betroffene langsamer werden, wenn sie außer Atem sind, und dann in kurzen Intervallen wieder schneller gehen."

Damit erweisen sich diese Daten im Ergebnis – im Vergleich etwa zu Auswertungen der täglichen sportlichen Betätigung oder Gesundheitsfragebögen – als ebenbürtiger, wenn nicht sogar besserer Prädiktor. Dadurch, dass fast jeder mittlerweile ein Smartphone mit sich herumträgt, ließen sich Prognosen auf wöchentlicher oder täglicher Basis erstellen.

Die Forscherinnen und Forscher planen nun eine groß angelegte Untersuchung, bei der anstelle von Armbändern tatsächlich Handys zum Einsatz kommen sollen. Die Peer-reviewten Ergebnisse ihrer aktuellen Arbeit haben sie im Journal "Digital Health" veröffentlicht.

Die Erstellung solcher Statistiken wird nicht genutzt, um Patienten individuelle Prognosen auszustellen. Die Prognosen können aber als zusätzliche Hilfestellung für die Entscheidungsfindung betreffend Maßnahmen und Medikation im klinischen Umfeld dienen. (gpi, 24.10.22)