Wenn Manchester City gegen Paris Saint-Germain antritt, matchen sich auch Investoren aus Abu Dhabi und Katar.

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Spitzengehälter und Rekordablösesummen haben nach wie vor Hochkonjunktur im europäischen Spitzenfußball. Auch die Corona-Pandemie hat keineswegs zur nachhaltigen Bescheidenheit unter den Topklubs geführt. Weiterhin geben Vereine astronomische Summen für neue Spieler aus. Jack Grealish wechselte im Sommertransferfenster 2021 für ca 117,5 Millionen Euro zu Manchester City. Paris Saint-Germain (PSG) verlängerte erst kürzlich den Vertrag mit Kylian Mbappé für ein Netto-Jahresgehalt von 100 Millionen Euro sowie eine Unterschriftsprämie von 300 Millionen Euro.

Dabei fällt vor allem eines auf: Es sind insbesondere die Golfstaaten, die Investitionsmöglichkeiten suchen und ungehindert Geld in den Spitzenfußball pumpen. Dabei stechen Klubs wie Manchester City und Paris Saint-Germain hervor, die sich in den Händen von Investorengruppen aus Abu Dhabi bzw. Katar befinden.

Dabei hatte die Uefa dieser ungebremsten Geldschwemme eigentlich Einhalt gebieten wollen. Mit dem Financial Fairplay verfolgte die Uefa das Ziel, die wirtschaftliche Stabilität der Fußballklubs sicherzustellen und allzu arglose Geschäftspraktiken zu unterbinden. Klubs sollten wirtschaftlich rational handeln und für kurzfristigen sportlichen Erfolg nicht den finanziellen Ruin in Kauf nehmen.

Schwere zwischen großen und kleinen Klubs

Aber gerade die besagten "Golfklubs", respektive die dahinterstehenden Scheichs und Herrscherhäuser, suchen schnellen Erfolg. Dabei lassen sich im Wettlauf um die Gunst der besten Spieler auch Vereine wie der FC Barcelona dazu hinreißen, hohe Spielergehälter und Transferablösesummen zu bezahlen – selbst dann, wenn ihre finanzielle Lage dies gar nicht erlaubt.

Im Gegensatz zum eigentlichen Ziel hat das Financial Fairplay die Schere zwischen den großen und kleinen Klubs deshalb weiter aufgehen lassen. Der lasche Umgang mit Paris Saint-Germain und Manchester City hat gezeigt, dass finanzstarke Klubs der Uefa auf der Nase herumtanzen. Immer wieder haben Vereine kreative Lösungen gefunden, die von überbewerteten Sponsoringverträgen bis hin zu fragwürdigen Gegengeschäften bei Spielertransfers reichten.

Es sind auch dieselben Vereine, die sich teure und langwierige Rechtsverfahren leisten können. Große Vereine konnten sich häufig den hohen Strafen durch juristische Schachzüge entziehen, während es zumeist kleine Vereine aus Osteuropa und der Türkei waren, bei denen das Financial Fairplay rigoros durchgesetzt wurde.

Von Fairplay zu Nachhaltigkeit

Trotz Teilerfolgen des Reglements hat all das dazu geführt, dass sich das Financial Fairplay über die Jahre zu der wohl umstrittensten Regelung im europäischen Klubfußball entwickelt hatte. Nunmehr hat das vielkritisierte Reglement ausgedient und musste sich einer Reform beugen. Die Uefa begründete diese Entscheidung mit einer geänderten Fußballlandschaft.

Das dürfte aber wohl nur die halbe Wahrheit sein. Vielmehr war ein Rebranding notwendig, weil man mit dem alten System fast nur noch negative Schlagzeilen verband. Daher musste ein Neuanfang her, und so gilt seit Juni 2022 das sogenannte "Financial Sustainability"-Reglement (finanzielle Nachhaltigkeit).

Eine prägende Säule stellt dabei die neuartige Kaderkostenkontrolle dar. So werden die Kosten für Spieler- und Trainergehälter, Transfers und Vermittlungsgebühren sowie Beraterhonorare auf 70 Prozent der Vereinseinnahmen beschränkt. Diese Kostenkontrolle tritt im Dreijahresrhythmus bis 2025 in Kraft: 90 Prozent im Jahr 2023, 80 Prozent im Jahr 2024 und schlussendlich 70 Prozent im Jahr 2025. Eine Gehaltsobergrenze (Salary-Cap) gibt es hingegen nicht.

Geldstrafen und Punktabzüge

Zur Sicherung der Solvenz muss gemäß den neuen Regelungen sichergestellt sein, dass keine überfälligen Verbindlichkeiten bestehen. Alle Verbindlichkeiten gegenüber Fußballklubs, Arbeitnehmern, Sozialversicherungsinstitutionen, Steuerbehörden und der Uefa müssen zeitgerecht beglichen werden. Auffallend ist, dass Verbindlichkeiten gegenüber Fußballberater nicht erfasst sind.

Die neuen Stabilitätsanforderungen ersetzen die alte Break-even-Vorschrift. Vereinfacht gesagt geht es dabei darum, dass Klubs über eine Monitoring-Periode von drei Jahren nicht mehr ausgeben dürfen, als sie an Einnahmen erwirtschaften. Klubs dürfen aber ein Defizit von fünf Millionen Euro ausweisen. Sie dürfen sogar einen Verlust von 60 Millionen Euro verzeichnen, wenn dieses beispielsweise durch externe Geldgeber ausgeglichen werden kann. Hinzu könnten weitere zehn Millionen Euro Defizit pro Saison kommen, die aber an Bedingungen geknüpft sind und nur bisherigen Musterschülern gewährt werden.

Verstöße gegen die Regeln werden unter anderem mit Geldstrafen und Punktabzügen bis hin zu Spieler- und Wettkampfsperren sowie dem Entzug von Titeln sanktioniert. Im Ergebnis sind aber weder die Solvenz- noch die Stabilitätsanforderung für europäische Fußballvereine ein neues Konzept. Beide waren schon Teil des Financial Fairplay. Dennoch wurde auch dort an einigen wichtigen Stellschrauben gedreht. Der große Lichtblick heißt wohl Kaderkostenkontrolle, mit welcher man Ablösesummen und Spielergehälter im Rahmen halten kann.

Abschreckende Wirkung?

Es bleibt abzuwarten, ob schlussendlich nicht auch diese Regelung dem Gigantismus und der Gier im großen Fußballbusiness zum Opfer fällt. In erster Linie hängt der Erfolg des neuen Reglements aber von der Handhabung und Sanktionierung durch die Uefa ab. Mit – auch hohen – Geldstrafen kann man den Öl- und Scheichklubs nur ein müdes Lächeln abgewinnen. Um eine abschreckende Wirkung sowohl generalpräventiver als auch spezialpräventiver Art zu erzielen‚ müssen die Sanktionen spürbar sein. Es bleibt abzuwarten, ob mit Financial Sustainability eine Zeitenwende einhergeht oder ob es sich nur um eine Umetikettierung von Altbekanntem handelt. (Johannes Mitterecker, Philipp Gschwandtner, 25.10.2022)