Kräne wie hier bei der Fachmesse in München werden die Metaller brauchen. Die Industrie wird ihr Angebot wohl erhöhen müssen, die Gewerkschaft braucht eher eine Abstiegshilfe.

Foto: Foto: Imago / Frank Hoermann / Sven Simon

In der dritten Runde der Kollektivvertragsverhandlungen für die Metalltechnische Industrie haben die Arbeitgeber am Montag nachgebessert. Es bleibt zwar beim ursprünglichen Angebot einer Erhöhung der Ist-Löhne und Gehälter um 4,1 Prozent, dazu soll es aber eine Erfolgsbeteiligung geben, die bis zu 2,2 Prozent der Lohn- und Gehaltssumme ausmachen könne. Die Arbeitgeber sehen darin eine Brutto-KV-Erhöhung von bis zu 6,3 Prozent und ein "deutlich verbessertes Angebot".

"Die Gewerkschaften zeigten allerdings keinerlei Bereitschaft, von ihrer überzogenen Forderung abzurücken", zeigten sich die Arbeitgeber in einer Aussendung enttäuscht. "Das angebotene Gesamtpaket würde zu einer deutlichen und realen Kaufkraftstärkung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer führen, da den Beschäftigten durch die Antiteuerungspakete der Bundesregierung bereits zwischen 50 und 100 Prozent der erhöhten Teuerung abgegolten wurden", teilte Christian Knill, Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie (FMTI), mit.

Für die Gewerkschaften Pro-Ge und GPA ist das Angebot der Arbeitgeber jedoch inakzeptabel. Bei den rund 400 Betriebsversammlungen mit über 65.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in der vergangenen Woche wurden bereits klare Streikbeschlüsse von den Belegschaften gefasst. Nun holen Pro-Ge und GPA auch die Streikfreigabe für die gesamte Metallindustrie beim Österreichischen Gewerkschaftsbund ein, geht aus einer Aussendung hervor.

"Jetzt wird es sehr ernst. Die nächste Runde mit dem FMTI wird entscheiden, ob ein Arbeitskampf notwendig wird. Das Angebot der Arbeitgeber liegt weiterhin bei 4,1 Prozent und ist eine Verhöhnung der Beschäftigten", sagten die Chefverhandler auf Arbeitnehmerseite, Rainer Wimmer (Pro-Ge) und Karl Dürtscher (GPA).

Die Gewerkschaften fordern ein Plus von 10,6 Prozent und wollen vor dem nächsten Verhandlungstermin am 3. November bundesweite Betriebsversammlungen abhalten. Bereits vor der aktuellen Verhandlungsrunde war es zu Betriebsversammlungen gekommen. "Wir haben die Hoffnung nicht aufgegeben, dass die Arbeitgeber einlenken und endlich zugeben, dass die letzten zwölf Monate sehr erfolgreich waren", so Wimmer.

Dämpfer Konjunkturbarometer

Die am Montag veröffentlichten Konjunkturbarometer waren für die Lohnverhandler in der österreichischen Metallverarbeitungsindustrie ein Dämpfer. Die deutsche Wirtschaft, von der die österreichische Industrie in hohem Maße abhängig ist, steht bereits mit einem Bein in der Rezession. Diesen Schluss legt eine Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters unter Volkswirten von 21 Banken nahe.

Die Ökonomen erwarten das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal (per Ende 2022) um 0,2 Prozent tiefer als im zweiten Quartal. Das wäre der erste Rückgang seit Anfang 2021, als die Corona-Pandemie durchgeschlagen hatte. Selbst die sonst zurückhaltende Deutsche Bundesbank sieht Deutschland wegen der Inflation und der Energiekrise infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine an der Schwelle zur Rezession. Die deutsche Wirtschaft werde deutlich belastet, das BIP werde deutlich sinken, heißt es im Monatsbericht.

Schlechte Zeiten

In diesem Umfeld wäre eine positive Stimmung in Österreichs Industrie eine Überraschung. Das Gegenteil ist der Fall, das Geschäftsklima trübt sich weiter ein, jedes fünfte Industrieunternehmen erwarte, seinen Beschäftigtenstand nicht halten zu können, heißt es im aktuellen Konjunkturbarometer der Industriellenvereinigung (IV). Jedes zweite Unternehmen rechne mit erheblicher Verschlechterung, mittelfristig sei mit Anpassungen zu rechnen. In Papier-, Futter- und Düngemittelindustrie sind Produktionskürzungen längst nicht mehr ausgeschlossen. Seit fünf Quartalen flauten die Geschäfte ab, sagt die IV.

Metallerangebot

Und so blieb die Hoffnung der Gewerkschaft auf ein substanziell verbessertes Angebot in der laufenden Herbstlohnrunde eine solche. Mit mehr als 4,1 Prozent gehe man nicht in den dritten Verhandlungstermin, stellten Industrieverhandler vor der Sitzung klar – und sie blieben laut STANDARD-Infos dabei. In Kombination mit Vorschlägen für eine Gewinnbeteiligung mache das Angebot nun bis zu 6,3 Prozent aus, teilte der Fachverband am Abend mit. Die Erfolgsbeteiligung könne bis zu 2,2 Prozent der Lohn- und Gehaltssumme ausmachen, was die Gewerkschaft freilich nicht zu beeindrucken vermochte. Metallgewerkschaftschef Wimmer lehnte Einmalzahlungen bis dato ab.

"Die müssen wieder runter vom Baum", sagte einer aus dem Arbeitgeberverhandlungsteam, der anonym bleiben wollte, mit Verweis auf die Eskalationsstrategie der Gewerkschaft. Diese hatte sofort nach der ersten Verhandlung Betriebsrätekonferenzen und Betriebsversammlungen organisiert – ein ungewöhnlich früher Zeitpunkt. Laut Wimmer wurden 400 Betriebsversammlungen abgehalten, Warnstreiks werden nicht mehr ausgeschlossen. "Das Angebot der Arbeitgeber ist eine Verhöhnung der Beschäftigten", tönten Wimmer und Dürtscher. Sie holen sich diese Woche einen Streikbeschluss des ÖGB, und zwar für die gesamte Metallindustrie, um gerüstet zu sein, wie sie betonten.

Nächste Runde am 3. November

Da am 3. November als Reserve ein Verhandlungstermin reserviert ist, spielten die Arbeitgeber am Montag erneut auf Zeit. Die Forderung nach 10,6 Prozent Erhöhung sei angesichts der trüben Aussichten illusorisch, heißt es. Selbst die Abgeltung der für die Metallindustrie relevanten Inflation (6,3 Prozent) sei im Lichte anhaltend hoher Energiekosten eine Herausforderung. Aber mittels einer kräftigen Einmalzahlung, die Energiekrisenbedingt steuerfrei (für beide Seiten) ausgezahlt werden kann, sollte die Kluft doch überwindbar sein.

Denn im Gegensatz zur Stahlindustrie, die Preissteigerungen von 30 Prozent mehr oder weniger locker unterbringe bei ihren Abnehmern, wird es für die 1.200 Metallverarbeitungs- und Maschinenbauunternehmen langsam eng. Ihre Rohstoffe sind Eisen, Stahl und Metalle für Legierungen und Schweißnähte. Ihre Abnehmer sind kostenbewusste Konzerne der Automobilindustrie oder Anlagenbauer, die um jeden Cent feilschen.

Energie, Rohstoffe

Womit klar ist, wer auf hohen Energiekosten und Preissteigerungen zumindest teilweise sitzenbleiben wird. Gefüllte Auftragsbücher sichern zwar die Auslastung der Maschinen in den kommenden Monaten, die Frage ist allerdings zu welchem Preis und wie lang. Dass die sechs Branchenverbände der Metallindustrie (Bergbau/Stahl, Maschinen/Metallwaren, Gießereien, Nicht-Eisen-Metalle, Fahrzeugindustrie und Gas/Wärmeerzeuger) auch heuer zu einem einheitlichen Abschluss finden, darf vor diesem Hintergrund bezweifelt werden.

Die Metalltechnische Industrie (Maschinen/Metallwaren), für die am Montag verhandelt wurde, fühlt sich als größter Branchenverband mit rund 1.200 Betrieben und 130.000 Arbeitern und Industrieangestellten nicht fair behandelt. Wiewohl die meisten Branchenunternehmen über ihre Jahresüberschüsse nicht klagen dürften, die teils überschäumenden Gewinne börsennotierter Großunternehmen von Amag über Andritz bis Schoeller Bleckmann oder Voestalpine bis ins erste Halbjahr 2022 hinein seien nicht der richtige Maßstab, zumal die Aussichten der Metallverarbeiter und Gießereien deutlich schlechter sind. Voestalpine-Mitarbeiter bekommen über ihre Mitarbeiterstiftung jedenfalls eine Gewinnbeteiligung – zusätzlich zur Lohnerhöhung. (APA, Luise Ungerboeck, 25.10.2022)