Der neue, an BA.4 und BA.5 angepasste Impfstoff von Moderna. Die Vorteile dieses Vakzins – egal ob von Moderna oder Biontech/Pfizer – dürften sich in Grenzen halten.

Reuters / Hannah Beier

Haben Sie sich bereits eine Covid-19-Auffrischungsimpfung – mutmaßlich also die vierte Impfung und der zweite Booster gegen Covid-19 – für diesen Winter geholt? War es eine Impfung mit dem ursprünglichen Impfstoff, oder haben Sie auf das an die Omikron-Varianten BA.4/BA.5 angepasste Vakzin gewartet? Sie haben es in jedem Fall richtig gemacht.

Denn laut einer neuen Studie, die bislang nur als Preprint vorliegt (also noch nicht durch Fachleute überprüft wurde), ist es ziemlich egal, wie Sie sich hinsichtlich des Impfstoffs entschieden haben: Zwischen dem ursprünglichen "monovalenten" Impfstoff und dem neuen "bivalenten" für die Omikron-Varianten scheint es hinsichtlich der Antikörperproduktion kaum Unterschiede zu geben.

Schutz vor schweren Verläufen

Seit im Dezember 2021 erstmals eine radikal neue Variante zuerst in Südafrika aufgetaucht war, die später Omikron getauft wurde, ging die Schutzwirkung der Impfungen vor Ansteckungen und vor leichten Krankheitsverläufen leider zurück. Doch die Impfungen wirkten und wirken nach wie vor beeindruckend gut als Schutz vor schweren Verläufen und dem Tod, wie auch die folgende Grafik aus den USA gut anschaulich macht:

US-Verlaufskurven des Anteils der CoV-Toten je nach Impfstatus. Ungeimpfte Personen über 50 hatten in den letzten Monaten ein dreimal höheres Sterberisiko als Personen über 50 mit drei Impfungen. Und es war zwölfmal so hoch im Vergleich zu vierfach Geimpften über 50. Ähnliche Relationen gelten für schwere CoV-Verläufe und Spitalsaufenthalte.
Grafik: Eric Topol, Quelle: CDC

Mit Impfstoffen, die an die dominierenden Omikron-Varianten angepasst sind, erhoffte man sich eine Verbesserung der Schutzwirkung auch vor Ansteckungen und leichten Verläufen. Diese angepassten Vakzine werden seit Ende September auch hierzulande als zweiter Booster eingesetzt – obwohl relativ wenig über die beim Menschen ausgelösten Antikörperreaktionen bekannt ist.

Vergleich der Booster

Das holt nun eine US-Untersuchung nach, die kürzlich auf die Plattform Bioxriv hochgeladen wurde. Die Forschenden um den angesehenen Virologen und Immunologen David D. Ho (Columbia University in New York City) haben Seren von verschiedenen klinischen Personengruppen gesammelt: von Personen nach drei oder vier Dosen der ursprünglichen monovalenten mRNA-Impfstoffe, von Personen, die die neuen bivalenten Impfstoffe als vierte Dosis erhielten, und von Personen mit einer BA.4/BA.5-Durchbruchsinfektion nach einer mRNA-Impfung. Die Zahl pro Kohorte betrug in etwa 20 Personen.

Mithilfe von Pseudovirus-Neutralisationstests wurden diese Seren auf Neutralisierung gegen einen Sars-CoV-2-Stamm, mehrere Omikron-Sublinien und mehrere verwandte Sarbecoviren getestet. Etwa drei bis fünf Wochen nach der Auffrischungsimpfung wiesen Personen, die eine vierte Impfstoffdosis mit einem bivalenten mRNA-Impfstoff gegen BA.4/BA.5 erhalten hatten, ähnliche neutralisierende Antikörpertiter auf wie Personen, die einen vierten monovalenten mRNA-Impfstoff gegen alle getesteten Sars-CoV-2-Varianten, einschließlich BA.4/BA.5, erhalten hatten:

Antikörpertiter je nach Impfung, von links nach rechts: mit drei Impfungen des ursprünglichen mRNA-Impfstoffs, nach einer Infektion mit BA.4- oder BA.5-Infektion, nach vier Stichen mit dem ursprünglichen Impfstoff, nach einem vierten Stich mit dem bivalenten Impfstoff.
Grafik: David Ho et al., Biorxiv 2022

Immunologische Prägung

Der Grund für diese ähnlichen Antikörpertiter dürfte in einem Phänomen liegen, das sich immunologische Prägung nennt, wie der Mediziner Eric Topol in einem seiner aktuellen und wie immer sehr informativen Übersichtstexte schreibt: Die Ergebnisse deuten – vereinfacht formuliert – darauf hin, dass die Wirkung des stammspezifischen Boostings wegen der vorangegangenen Impfungen und/oder Infektionen auf die Gedächtnis-B-Zellen begrenzt sein dürfte.

Topol kritisiert zwar, dass die Zulassungsbehörde FDA in den USA womöglich zu hohe Hoffnungen in Bezug auf den angepassten Impfstoff geweckt habe. Die neuen Ergebnisse sprechen laut dem kalifornischen Mediziner – der sich bereits seinen angepassten fünften Stich holte, obwohl er jeweils mit 36 Stunden Nebenwirkungen zu kämpfen hatte – aber ganz und gar nicht gegen eine Auffrischungsimpfung mit dem angepassten Wirkstoff, im Gegenteil: Auch eine "nur" gleichwertige Antikörperreaktion werde dazu beitragen, die Immunität zu erweitern und auch die klinischen Resultate zu verbessern. (Klaus Taschwer, 25.10.2022)