Auf diesem Foto sind syrische Flüchtlinge zu sehen, die sich darauf vorbereiten, den Libanon über den Grenzübergang Wadi Hamid in Arsal in Richtung syrisches Gebiet zu verlassen.

Foto: APA/AFP

Beirut/Damaskus – Der Libanon hat mit der angekündigten Rückführung syrischer Flüchtlinge begonnen. Mittwochfrüh wurden Busse mit Flüchtlingsfamilien aus verschiedenen Landesteilen von Sicherheitskräften an die libanesisch-syrische Grenze begleitet, wie örtliche Medien berichteten. Nach Angaben des Übergangsministers für Vertriebene, Issam Scharafeddine, sollen am Mittwoch insgesamt 6.000 Flüchtlinge in drei Konvois den Libanon verlassen.

Bei der Ankündigung der Rückführungskampagne Mitte Oktober hatte Scharafeddine betont, es handle sich um eine "freiwillige" Repatriierung. Geplant sei, monatlich 15.000 syrische Flüchtlinge zur Rückkehr in ihre Heimat zu bewegen.

Rund zwei Millionen vertriebene Syrer im Libanon

Die Zahl vertriebener Syrer auf libanesischen Boden liegt nach Angaben des libanesischen Geheimdienstes derzeit bei 2,08 Millionen. Seit 2017 seien knapp 540.000 Syrer freiwillig in ihr Land zurückgekehrt. Geheimdienstchef Abbas Ibrahim bezeichnete die Repatriierung als "nationale Pflicht".

Die internationale Gemeinschaft und der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge sehen die Rückführungen kritisch. Menschenrechtlern zufolge sind willkürliche Verhaftungen, Folter, Vergewaltigungen und Todesfälle in Syrien weiterhin an der Tagesordnung.

Patriarch kritisiert UN-Organisationen

Der maronitische Patriarch Kardinal Bechara Rai hatte zuletzt die Haltung verschiedener UN-Organisationen zur libanesischen Flüchtlingspolitik kritisiert und die Vereinten Nationen aufgefordert, "ihre finanzielle Hilfe für die Vertriebenen auf syrischen Territorien und nicht im Libanon zu leisten". Die syrischen Flüchtlinge seien eine extreme wirtschaftliche Belastung, die das erschöpfte Land nicht länger tragen könne. Ferner stellten die demografischen Folgen der Flüchtlingspräsenz eine Gefahr für das auf Religionsproporz basierende politische System im Libanon sowie die kulturelle Identität des Landes dar. (APA, KAP, 26.10.2022)