Foto: Taro Ebihara

Nicola Fürle-Gruber ist Konditormeisterin und spezialisiert auf mehrstöckige Hochzeitstorten. Das Wissen dazu erlangte Sie bei ihren vielen Jobs im Ausland. Wie das Heimweh verflog und sie dann sogar bei jedem Abschied weinte, erzählt sie im Interview.

STANDARD: An welchem Ort machte Ihnen das Backen am meisten Spaß?

Fürle-Gruber: Mit Abstand bei meiner dritten Station im Ausland, in London – nach den Malediven und Dubai. Dort bei der hochangesehenen Konditorin Peggy Porschen zu arbeiten, von der ich viele Bücher besitze, war mein Traum. Da ich mich selbst als Perfektionistin bezeichnen würde, wollte ich unbedingt die hohe Kunst der filigranen Dekorstücke für Torten erlernen.

STANDARD: Wie begann Ihre große Leidenschaft fürs Backen?

Fürle-Gruber: Ich war damals 20 Jahre alt und besuchte eine Freundin in der Schweiz. Wir besichtigten die Schokoladenfabrik von Lindt & Sprüngli. Mich faszinierten die süßen Kunstwerke so sehr, dass ich den Entschluss fasste, eine Konditorlehre zu beginnen.

STANDARD: Und dann packte Sie nach Abschluss der Konditorlehre in Salzburg das Reisefieber?

Fürle-Gruber: Es zog mich gar nicht so sehr in die Ferne. Meine Familie und Freunde waren es, die sagten: Geh raus in die Welt, du wirst es lieben. Ich war mir da nicht so sicher. Ich fürchtete mich vor der Ungewissheit, der Fremde und Heimweh. Mein damaliger Lehrmeister kannte den Küchenchef des Hotels Kuredu Island Resort auf den Malediven und überzeugte mich dann doch.

STANDARD: Am weißen Sandstrand unter Palmen auf einer Hotelinsel in den Malediven – war es denn auch paradiesisch, dort zu arbeiten?

Fürle-Gruber: Ich musste mir die englischen Fachbegriffe aus der Gastronomie erst aneignen. Es war ein Kulturschock. Mein Chef und ich waren die einzigen Europäer. Die meisten im Team waren Einheimische oder aus Sri Lanka. Ich lernte ihre Sichtweisen kennen. Und sie lernten, mich nicht als faule Prinzessin zu sehen, sondern als gleichwertige Arbeitskraft.

STANDARD: Hatten Sie die Insel irgendwann satt?

Fürle-Gruber: Die Insel ist ein Traum, aber auch sehr klein. In einer Stunde hat man sie umrundet, und es gibt nichts außer der Hotelanlage. Da das Resort ein Hotspot für Frischvermählte ist, waren alle immer happy. Wir Angestellten dagegen mussten viele Stunden in der Küche stehen und Desserts kochen. Auch wohnten wir nicht in einem Bungalow am Meer, sondern in einer weniger schicken Unterkunft in der Mitte der Insel. Trotzdem schätzte ich die Zeit dort sehr. In meiner Freizeit habe ich auch einen Tauchschein gemacht.

STANDARD: Hat es sich auch finanziell gelohnt, im Ausland zu arbeiten?

Fürle-Gruber: Unterkunft und Verpflegung wurden immer übernommen. Das Gehalt reichte zum Leben. Das war aber auch nicht mein vorrangiges Ziel.

STANDARD: Nach sechs Monaten wechselten Sie in das Sieben-Sterne-Hotel Burj al Arab in Dubai – dank der Empfehlung Ihres Chefs. Wie ist es, für die Reichsten der Reichen zu arbeiten?

Fürle-Gruber: Stressig. Wir hatten die Anweisung: Jeder Wunsch muss erfüllt werden. Sofort. Allein in der Patisserie waren wir 60 Angestellte. Das sind wirklich viele. Wir wohnten alle in einer Unterkunft, circa 20 Minuten mit dem Bus entfernt. Von dort wurden wir morgens abgeholt und abends zurückgebracht. Im Team fand ich viele Freunde, die zu einer Ersatzfamilie wurden. Und in den zwei Jahren, die ich dort war, habe ich unfassbar viele neue Rezepte gesammelt. Auch für Baklava.

STANDARD: Ihr Lieblingsdessert zu dieser Zeit?

Fürle-Gruber: Eine tolle Süßspeise nennt sich Om Ali. Es ist ein süßer Auflauf aus Blätterteig mit Pistazien, Kokosnussflocken und Rosinen. Anschließend alles in eine Form, mit Milch übergießen und im Ofen backen. Köstlich!

STANDARD: Nach Dubai ging es für Sie beruflich nach London und dann wieder zurück nach Salzburg. Fehlten Ihnen die Berge und der Apfelstrudel?

Fürle-Gruber: Ich höre immer auf mein Bauchgefühl, und das sagte mir: zurück in die Heimat. Nach meiner Rückkehr bekam ich sofort Anfragen, Hochzeitstorten zu backen. Das machte die Runde, und so gründete ich mit 27 Jahren mein Unternehmen Backebackekuchen. Jetzt, zehn Jahre später, weiß ich: Es war die beste Entscheidung.

STANDARD: Rückblickend: Lohnt es sich, im Ausland zu arbeiten?

Fürle-Gruber: Das anfängliche Heimweh wich bald tiefer Verbundenheit mit dem Job, den Menschen und dem Land. Ich weinte sogar jedes Mal vor Kummer, wenn ich wegzog. Ich kann allen nur empfehlen, eine Zeit ins Ausland zu gehen. Es ist kein Muss, aber es bereichert das Leben ungemein.