Freiwillige sortieren Nahrungsmittel und Dinge des täglichen Bedarfs für die Menschen im Lockdown in Lhasa.

Foto: cnsphoto via REUTERS

Seit fast drei Monaten befindet sich die tibetische Hauptstadt Lhasa in einem rigorosen Lockdown. Die chinesische Führung bekämpft damit offiziell einen Ausbruch des Coronavirus in der Region, doch den Menschen reicht es.

Auf Videos, die die britische BBC online geteilt und teilweise verifiziert hat, sind zahlreiche Personen zu sehen, die gegen die Maßnahmen auf die Straße gehen. Hunderte Menschen haben sich in Lhasa versammelt, die Behörden sperrten den Demo-Zug an einem Ende ab und riefen via Lautsprecher zur Ruhe auf.

Isolation seit Wochen

Es handelte sich offenbar um Proteste, die diesen Mittwoch stattgefunden haben – und an denen vor allem Han-Chinese teilnahmen. Sie arbeiten oft als Wanderarbeiter in Tibet und erklären in den Videos lautstark, dass sie nach Hause wollen. "Viele Menschen sind nur für die Arbeit gekommen und um Geld zu verdienen. Wenn sie das in Festlandchina bekommen würden, wären sie nicht hier", ist auf einem Video zu hören.

Auf der chinesischen Version von Tiktok, Douyin, kursieren zudem zahlreiche Einträge von Menschen, die von der Isolation in Tibet berichten. "Wir haben drei Monate lang kein Einkommen erhalten – aber die Ausgaben wurden um keinen Cent reduziert. Ich habe keine Hoffnung mehr", übersetzt die BBC einen Post.

Wie auf weiteren Videos in den sozialen Medien zu sehen ist, dürften die Behörden vor Ort am Freitag eingelenkt haben. Den Arbeitern wurde versprochen, dass sie nach Hause fahren dürften, wenn sie einen negativen Covid-Test vorweisen könnten. In der tibetischen Hauptstadt wurden demnach am Freitag viele Formulare zur Ausreise ausgefüllt.

Keine Stellungnahme

Die chinesische Führung hat sich beeilt, die Videos von den Plattformen in China zu löschen. Sie werden nun über Twitter wieder geteilt. Zu den Protesten gibt es jedenfalls keine offizielle Stellungnahme aus Peking. Offenbar hat es sich aber um die größten Demonstrationen seit den Aufständen von 2008 gehandelt. Damals wurden mehrere Menschen getötet, nach chinesischen Angaben rund 20, nach Angaben der Exiltibeter mehr als 80. (red, 28.10.2022)