Allerheiligen steht vor der Tür – und damit jene Zeit, in der man der Verstorbenen gedenkt. Wer jemals einen geliebten Menschen verloren hat, kennt den Schmerz dieses Verlustes aus erster Hand – und hat Wochen, Monate oder Jahre erlebt, in denen die Trauer um ihn mehr oder weniger ständig präsent war. Je nach Enge der Bindung und Tiefe der Beziehung hinterlässt ein viel zu früh aus dem Leben geschiedener Mensch eine Lücke, die sich im Alltag schmerzlich bemerkbar macht.

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Heilt die Zeit alle Wunden – und wie lange dauert dieser Prozess?
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Wenn der Tod als Erlösung kommt – oder jemanden aus dem Leben reißt

Freilich spielen auch die Umstände des Todes eine Rolle. Tritt dieser etwa bei einer hochbetagten Person nach langer Krankheit und belastendem Leidensweg ein, kann er als Erlösung erlebt werden – und wenn sich das Lebensende über längere Zeit bereits abzeichnet, kann der Trauerprozess anlässlich des drohenden baldigen Verlustes eines Menschen, der nur noch ein Schatten seiner selbst ist, bereits zu Lebzeiten begonnen haben.

Hat man es jedoch schlagartig mit einem vollkommen unerwarteten Todesfall eines Menschen zu tun, der noch mitten im Leben stand, sitzt der Schock meist tief und kann die Hinterbliebenen in ein tiefes Loch fallen lassen. Menschen, die ein Kind verloren haben, berichten davon, dass ihnen regelrecht der Boden unter den Füßen weggerissen wurde. Plötzlicher Kindstod etwa kann für die Eltern besonders traumatisierend sein und sie vielleicht ihr Leben lang mit der Frage nach dem Warum ringen lassen, auf die es keine befriedigende Antwort gibt.

Übrigens kann nicht nur der Verlust eines Menschen schwerwiegend empfunden werden – wer jemals ein geliebtes Tier verloren hat, das einen jahrelang als Familienmitglied begleitete, weiß, dass dieser Schmerz ebenfalls höchst belastend sein kann. Zusätzlich bedrückend wird eine solche Situation dadurch, dass weniger tierliebe Menschen diese ebenfalls sehr reale Trauer nicht verstehen können und mit Sätzen wie "Es war doch nur ein Tier!" das Leid von Halterin oder Halter bagatellisieren.

Die Phasen der Trauer – und ihre Dauer

An der Frage, wie lange es wirklich dauert, den Verlust eines geliebten Menschen zu überwinden, scheiden sich die Geister. Trauerprozesse sind unterschiedlich, Menschen vom Naturell her verschieden. Je nach Quelle werden vier bis sieben Phasen beschrieben, die man im Trauerprozess zu durchlaufen hat – wobei diese selten linear und chronologisch erlebt werden. Die bekannte Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross benennt folgende vier Phasen: Leugnen, Wut, Feilschen und Verhandeln, Depression und Annahme. Hinzu kommen Phasen der Desorganisation, der Schuldgefühle und der Angst.

Eine Trauerdepression, geprägt von Gefühlen der Hoffnungslosigkeit, Trägheit, Apathie, Isolation und Traurigkeit, kann die Folge eines schwerwiegenden Verlustes sein. Seit kurzem kennt die Psychiatrie auch eine "anhaltende Trauerstörung" in Sinne einer psychischen Erkrankung. Die Dauer der Trauerbewältigung kann jedenfalls variieren: Traditionell wurde in früheren Zeiten ein Trauerjahr begangen – zwölf Monate, in denen man im Extremfall ausschließlich Schwarz trug. In der Trauerpsychologie geht man von einer rund dreijährigen Phase des Trauerns nach einem Todesfall aus. Wie lange dieser Prozess jedoch konkret dauert, lässt sich kaum pauschal beantworten. Auch die Strategien, wie man damit umgeht, unterscheiden sich. Ob man etwa bewusst in Erinnerungen schwelgt oder das Thema eher meidet, wie oft man das Grab oder andere Orte besucht, die man mit der verstorbenen Person verbindet, ist letztlich eine sehr persönliche Entscheidung.

In jedem Fall gilt: Hat man persönlich das Gefühl, sich anhaltend schlecht zu fühlen und das Ausmaß der Trauer über lange Zeit gleichermaßen bedrückend zu erleben, sollte man nicht davor zurückscheuen, sich professionelle Hilfe zu holen. Die Unterstützung bei der Bewältigung von Verlusten nimmt in der psychotherapeutischen Arbeit und in vergleichbaren Berufsfeldern einen großen Platz ein – und darüber zu reden ist bekanntlich der erste Schritt dahin, Belastendes zu verarbeiten.

Wie haben Sie das erlebt?

Welche Emotionen haben Sie nach einem Todesfall erlebt – und was haben Sie getan, um die Trauer zu bewältigen? Wie lange hatten Sie damit zu kämpfen, bis für Sie wieder ein wenig Licht am Horizont zu sehen war? Heilt die Zeit Ihrer Erfahrung nach wirklich alle Wunden – egal wie groß ein Verlust war? Und haben Sie in diesem Kontext professionelle Hilfe in Anspruch genommen? Berichten Sie im Forum! (Daniela Herger, 31.10.2022)