Hotelmanagerin Valentina begrüßt Neuankömmlinge in "The White Lotus". Die Gäste werden ihr und der Crew das Leben nicht einfach machen. Sieben neue Folgen ab 31. Oktober auf Sky.

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Dass zwischen Anspruch und Realität mitunter eine Lücke klafft, müssen wir früh lernen. Es beginnt mit Wünschen ans Christkind. Später geht es weiter: Der Job löst nicht ein, was er versprochen hat, Beziehungen setzen wir zu hoch an, die Kinder wollen partout nicht unseren Vorstellungen entsprechen. Im Umgang mit enttäuschten Erwartungen empfiehlt sich, früh zu üben. Und für gewöhnlich tun wir das auch und haben gelernt, damit zu leben. Das Leben ist kein Ponyhof, basta.

Nur in einer Sache will es nicht so leicht gelingen, die Realität zu akzeptieren, wenn sie den Ansprüchen nicht entspricht, und diese Sache nennt sich Urlaub. Da sind wir kompromisslos, dieser hat zu gelingen. Wir haben gebucht, bezahlt und dafür wollen wir auch etwas haben, Glücksgarantie. Zero Tolerance. Und damit sind wir schon mitten im Thema von The White Lotus.

Urlaub im Paradies, trotzdem die Hölle auf Erden

Urlaub im Paradies und trotzdem die Hölle auf Erden: So geht es den Gästen dieses Luxushotels ab 31. Oktober auf Sky bereits in der zweiten Staffel. Wieder findet sich eine Handvoll zweifellos in irgendeiner Form urlaubsreifer Gäste in einer Nobelherberge, dieses Mal in Sizilien. Im Spannungsfeld überhöhter Erwartungen schraubt sich die Stimmung hoch. Wieder haben alle ihr Pinkerl zu tragen, sie ringen – entweder mit sich selbst oder mit ihrem Umfeld. Wir wissen: Es wird tuschen, aber ordentlich.

Dafür sorgen:

Bert Di Grasso (F. Murray Abraham), sowie sein Sohn, der Hollywood-Produzent Dominic (Michael Imperioli) und dessen Enkel Albie (Adam DiMarco). Bert wird langsam gebrechlich, sieht sich aber immer noch als stark und männlich und baggert alle Frauen im Umkreis hemmungslos an. Dass ihm dazwischen Fürze aus der Hose knattern, nimmt er gelassen hin.

Tanya McQuoid-Hunt kennen wir aus der ersten Staffel (göttlich: Jennifer Coolidge). Sie trifft ihren Herzbuben, hat aber vergessen, dass beim Liebesurlaub eine persönliche Assistentin eher Persona non grata ist. Was schlimme Folgen für Portia (Haley Lu Richardson) hat, der aufgetragen wird, unsichtbar, also nur im Hotelzimmer zu sein. Auf Sizilien nicht lustig.

Daphne Babcock (Meghann Fahy), Sonnenschein im White Lotus, die mit ihrem ebenfalls stets gut gelaunten Ehemann Cameron (Theo James) auf perfekte Ehe macht. Die gute Laune ist kaum auszuhalten, kippt aber ohnehin schnell, wenn etwa der Koffer unauffindbar bleibt.·Ethan und Harper (Will Sharpe, Aubrey Plaza): Die beiden sind einfach unglücklich, da hilft auch kein Traumurlaub.

Valentina, der "gute Geist" im Hotelmanagement (Sabrina Impacciatore), leidenschaftlich, engagiert – und eine Tyrannin gegenüber ihren Mitarbeitern.

In diesem Spannungsfeld zwischen Traum und Garstigkeit lässt es sich gut ätzen. Das hat der Schauspieler, Regisseur und Autor Mike White (Enlightened) bereits in der ersten Staffel deutlich gemacht und damit 2021 einen Hit für HBO gelandet. Die Serie räumte bei den Emmys zehn Preise ab. Schlagkraft, Witz und blendende Optik der ersten Folgen erreichen die sieben neuen Episoden zwar nicht.

Im Fach "Wenn es schiefläuft, läuft es schief" schneidet diese Satire aber immer noch hervorragend ab. Das Leben ist eine Illusion. Am Ende treiben Leichen im Meer. (Doris Priesching, 29.10.2022)