Weihnachten bedeutet auch für Verkaufsportale wie "Willhaben" Hochsaison.

Foto: DER STANDARD/Pichler/Willhaben

Die Weihnachtszeit naht in Riesenschritten und mit ihr auch traditionell die Saison von Privatverkaufsplattformen im Internet. Sei es, um der Nachhaltigkeit oder der Kosten halber, ein Second-Hand-Geschenk zu finden, ein "Schmankerl" für einen Sammler zu ergattern, oder um nach den Feierlichkeiten doppelte und ungeliebte Gaben zu Geld zu machen.

Als Verkäufer hat man die Qual der Wahl, wenn es darum geht, wo man sein Eigentum feilbieten möchte. In Österreich hat sich hier der Marktplatz von Willhaben zum Platzhirsch gemausert, in Deutschland ist das Portal eBay Kleinanzeigen populär. Aber es gibt auch neuere Player in dem Feld, etwa das App-fokussierte Shpock und den Facebook Marketplace.

Ein Ziel, viele Plattformen

Aber gibt es zwischen diesen fundamentale Unterschiede, wo es letztlich bei allen um das Gleiche geht? Ja, sagt dazu der Experte Mark Steier. Er war über ein Jahrzehnt lang tätig im Autoteileverkauf auf der Verkaufs- und Auktionsplattform eBay. Nach dem Ausscheiden aus dem Verkaufsgeschäft 2012 widmete er sich dem Betrieb der Seite Wortfilter.de, die sich rund um das Thema E-Commerce dreht. Er tritt zudem auch als Redner auf Branchenveranstaltungen auf.

Als wichtigstes Unterscheidungskriterium benennt er die Unterstützung, die die jeweiligen Portale ihren Käufern und Verkäufern bei Anmeldung, Bezahlung und Versand zukommen lassen. Gerade bei letzteren beiden Kategorien ergibt sich bei "unregulierten" Plattformen viel Spielraum für betrügerisches Handeln. Als Beispiel nennt Steier etwa den "Klassiker", dass ein Verkäufer nach Erhalt der Zahlung ein leeres Paket anstelle der Ware auf den Weg schickt.

Auch die Möglichkeit einer anonymen Anmeldung lässt sich aufseits von Käufern und Verkäufern für sinistre Zwecke ausnutzen. "Für beide Parteien sicherer sind also solche Plattformen, welche zum Beispiel Treuhandzahlverfahren, sichere Zahlverfahren und/oder einen integrierten Versand anbieten", sagt Steier.

Reichweite vs. Sicherheit

Als unregulierte Plattform betrachtet Steier den Facebook Marketplace. Er sieht hier Käufer und Verkäufer generell einem höheren Risiko ausgesetzt. Für Nutzer ist ein Indiz dafür etwa, wenn viele Produktfälschungen angeboten werden. "Wer dort einmal nach ‘Rolex’ sucht, wird das sofort erkennen", so der E-Commerce-Fachmann.

Und weiter erläutert er: "Neben der Sicherheit ist aber auch noch ein weiterer Aspekt zu beachten: Und zwar ist das die Lokalität." Hier ist etwa bei eBay Kleinanzeigen ein Wandel zu erkennen. Das Portal war ursprünglich auf Warentausch und Handel vor Ort ausgelegt, also eine klassische Kleinanzeigenseite. Seit etwa einem Jahr wurde allerdings aufgerüstet mit Versandoption und Treuhandzahlverfahren. Auch Willhaben bietet ein solches System in Form von "Paylivery".

Für Facebook und Co spricht die hohe Reichweite. Diese bringt Käufern ein größeres Angebot an Artikeln und dem Verkäufer einen potenziell größeren Kundenkreis.

Viele Bilder, kurze Beschreibungen

Hat man sich für ein Portal entschieden, auf dem man anbieten will, so hat Steier ein paar Tipps parat, die es zu beachten gilt, wenn man seine Chancen auf einen erfolgreichen Verkauf erhöhen möchte. Man sollte besonderen Wert auf die Produktbilder legen, sind diese doch immerhin das Erste, was ein Käufer auf der Suche sieht. Er rät dazu, die Ware "freizustellen", also auf Fotos den Hintergrund zu entfernen, wofür es auch kostenlose Software gibt.

Weiters empfiehlt er Fotos von allen Seiten und auch von etwaigen sichtbaren Mängeln. "Das schafft gegenüber dem Interessenten Vertrauen und Sicherheit", erklärt der Experte. Von hoher Bedeutung ist auch die Bezeichnung des Angebots.

Ein Beispiel für ein wenig gelungen gestaltetes Angebot. Steier: "Hier sind die Bilder nicht gut. Das ganze Kleid wird erst in späteren Fotos gezeigt. Es sollte aber bereits auf Bild eins zu erkennen sein. Und dann ist der Titel mangelhaft. Zu wenige wichtige Suchwörter. Der Beschreibungstext ist aber gut, hier wird insbesondere der Verkaufsgrund genannt."
Foto: Screenshot/eBay Kleinanzeigen

"Eine wichtige Aufgabe ist es, dass im Titel des Angebots die richtigen Suchworte vorkommen. Dabei reicht eine Aneinanderreihung aus, es muss kein Satz formuliert werden", so Steier weiter. Die genutzten Begriffe sollten so gewählt sein, dass sie in einer Suchanfrage nach einem Produkt dieser Art mit hoher Sicherheit vorkommen.

Für die Beschreibung des Angebots selber empfiehlt Steier den Verzicht auf langen Fließtext. Stattdessen sollte man sie in Form von Stichpunkten formulieren, denn die Aufmerksamkeitsspanne, im Rahmen derer man punkten kann, ist oft kurz. Zu Beachten ist dabei die Perspektive der Interessentin oder des Interessenten. "Es sollte etwa zusätzlich zum Gewicht eines Akkurasenmähers angegeben werden, dass er von einer Dame leicht zu heben ist. Der Nutzen des jeweiligen technischen Details sollte also benannt werden", sagt der Experte. Auch sollte man bei dieser Gelegenheit ehrlich auf bestehende Mängel eingehen.

Am Sonntag klingelt die Kasse

Wie sieht es bei der Preisgebung aus? Welche Orientierungshilfen gibt es hier? Wann sollte man als Verkäufer einen Fixpreis verlangen, wann mit einer Verhandlungsbasis arbeiten und in welchen Fällen bietet sich ein Auktionsformat an? Dazu Steier: "Überall wo es keine Vergleichspreise gibt, ist entweder ein Auktionsformat zu wählen oder der Verkäufer beginnt mit einem höheren Preis und bietet die Verhandlung an. Sofern es Vergleichsangebote , beziehungsweise -preise gibt, sollte sich der Anbieter auch an diesen orientieren." Ein Marktüberblick über aktuelle Angebote und Preise lässt sich in der Regel schnell durch die Filtermöglichkeiten der jeweiligen Suchfunktionen verschaffen.

Hinsichtlich des Timings eines Angebotes, findet Steier es wichtig, zu verstehen, wie eine Plattform die Darstellung Angebote priorisiert. Im Falle von eBay tauchen Auktionsangebote etwa prominenter auf, kurz bevor sie ablaufen. Bei eBay Kleinanzeigen hingegen erhalten neue Anzeigen bessere Platzierungen. Beim Einstellen sollte man daher beachten, an welchem Tag und zu welcher Zeit das Angebot wohl die höchste Reichweite erzielen wird. Der verkaufsstärkste Zeitraum ist laut zahlreichen Studien der frühe Abend des Sonntags, erläutert Steier. Logisch sei auch, dass sich etwa Skiausrüstung im Winter besser verkauft, als im Sommer. Allerdings solle man nicht vergessen, das auch abseits der passenden Saison die Verkaufsportale von Millionen Besuchern frequentiert werden.

Die meisten Onlineverkaufsportale bieten gegen Entgelt auch die Möglichkeit, dem eigenen Verkaufsglück auf die Sprünge zu helfen. Etwa indem die eigene Anzeige in der Suche farblich hinterlegt wird, mit größerem Bild dargestellt wird oder eine höhere Reihung bekommt. Werbeanzeiger oder Hilfen dieser Art sind laut Steier vor allem für gewerbliche Verkäufer sinnvoll: "Gerade der private Charakter einer Anzeige macht für Interessenten die Hoffnung auf ein ‘Schnäppchen’ groß." (gpi, 28.10.22)