Dem "Chief Twit" droht Ungemach.

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Elon Musks Übernahme von Twitter sorgt an den extremen rechten Rändern des politischen Spektrums für Jubel – und verschreckt Userinnen und User mit gemäßigten politischen Ansichten. Eine Gruppe Trolle hat sich jetzt zur Aufgabe gemacht, den Milliardär um seinen 44 Milliarden Dollar teuren Spielplatz zu bringen. Das Ziel lautet: Twitter zerstören. Ein Vorbild, wie das gelingen kann, gibt es bereits, als vor einer Dekade der Niedergang von Tumblr eingeläutet wurde.

Unhaltbare Versprechen

2013 war die weite Welt des Social Web noch eine ganz andere. Die Plattform Tumblr sorgte damals für Aufsehen: Millionen von Bloggerinnen und Bloggern vernetzten sich, tauschten digitale Tagebücher aus, Kunstschaffende stellten ihre Werke zur Verfügung und erlauben es anderen diese in ihrem Mikroblogs zu veröffentlichen. Tumblr war eine Art digitale Schreibwerkstatt und damit höchst erfolgreich. 2010 verzeichnete die Plattform erstmals über eine Milliarde Besucher monatlich. Und: Tumblr war chaotisch, wild und ein bisschen anarchistisch. Das rief den damals schon ein wenig angestaubten Internet-Konzern Yahoo auf den Plan, der sich eine junge studentische Userbasis sichern wollte – und 1,1 Milliarden US-Dollar für den Mikroblogging-Dienst auf den Tisch legte. Mit im bildlichen Geldkoffer lag das Versprechen von Yahoo es nicht zu "versauen". Ein Versprechen, das sich als unhaltbar herausstellte.

Der Niedergang

Die Nutzerschaft war wenig begeistert: Yahoo wirkte schon damals neben den "coolen" Unternehmen wie Google und Facebook wie ein Dinosaurier und begann zu anderen Plattformen zu migrieren. Dazu kam, dass Tumblr sehr bald im Ruf stand, eine Porno-Plattform für sehr spezielle Nischen-Interessen der Nutzerinnen und Nutzer zu sein. Das schreckte natürlich große Werbekunden ab, wie Yahoo nach der Akquisition feststellen musste – ein ähnliches Problem hat beispielsweise auch Reddit.

Apple zog später die Reißleine und verbannte Tumblr aus dem Appstore, als der Dienst in Verdacht geriet, nicht streng genug gegen kinderpornografische Inhalte vorzugehen. Der Karren steckte schon im Gatsch fest, als sich Trolle einen "Spaß" daraus machten und alles daran setzten, Tumblr mit toxischen Inhalten zu fluten. Pornografie wurde verboten, die Nutzerzahlen brachen weiter ein und heute fristet die Plattform ein Nischendasein und wurde um kolportierte drei Millionen US-Dollar an die Wordpress-Mutter Automattic verkauft.

Die Trolle sind zurück

Die Trolle von damals sind aber nicht verschwunden, sie scheinen sich nun erneut zu formieren und drohen dem neuen Twitter-Eigentümer Elon Musk seinen 44 Milliarden Dollar teuren Spielplatz zu ruinieren. Der Plan ist simpel und hat schon einmal funktioniert: Die Trolle wollen den Kurznachrichtendienst so lange mit toxischen Inhalten fluten, bis die Werbekunden und die Nutzerinnen und Nutzer genug haben und sich von dem Dienst abwenden, wie Mashable berichtet.

Die Alternative zum Verlassen von Twitter sei es zu "tumblrn" schreibt ein User. Man werde die Plattform immer schlimmer machen und damit ihren Wert senken. "Als Yahoo Tumblr gekauft hat, haben wir es so unprofitabel gemacht, dass sie es mit Verlust weiterverkaufen mussten. Wir können das wieder tun", schreibt etwa eine Twitter-Nutzerin.

Während sich online die Trolle formieren, hat der selbsternannte "Chief Twit" Probleme in der realen Welt. Nachdem eine Reihe von Topmanagern entlassen worden war, hat Musk laut einem Bericht der New York Times am Samstag unternehmensweit Stellenstreichungen angeordnet. Zudem hat Musk auf Beschwerden aus dem rechten politischen Spektrum reagiert, wonach Twitter im "Sinne der Linken zensiert werde". "Ich werde das prüfen", schrieb er.

Wie viele Stellen Musk genau gestrichen hat, ist aktuell noch unklar. Fix ist laut "New York Times" aber, dass die Entlassungen noch vor dem 1. November erfolgen sollen, denn dann stünden Mitarbeiter Unternehmensaktien als Teil ihrer Vergütung zu. (pez, 30.10.2022)