Protestaktion vor der Secession in Wien.

Letzte Generation Österreich

Aktivistinnen und Aktivisten der Letzten Generation fordern allen voran ein Tempolimit auf der Autobahn.

Letzte Generation Österreich

Am Montag war es wieder so weit: Wie inzwischen nahezu jede Woche in Wien, in der Regel an einem Montag, waren Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten im Einsatz. Am Fenstertag, dem letzten Oktobertag, blockierten zehn Mitglieder der Letzten Generation ab 8.15 Uhr den Verkehr im Bereich um die Wiener Secession in der Innenstadt. Konkret blockierten jeweils drei Menschen den Getreidemarkt, die Linke sowie die Rechte Wienzeile.

"Mehrere Blockaden bei Secession! Komm jetzt vorbei und unterstütze unseren friedlichen Widerstand gegen die fossile Zerstörung unserer Lebensgrundlagen", hielt man auf dem Twitter-Account der Letzten Generation fest. Die Gruppe fordert Tempo 100 auf der Autobahn sowie ein Ende neuer Gas- und Ölprojekte.

Auch Barbara Schmidt blockierte am Montag mit ihrem Körper den Verkehr, um eine Geschwindigkeitsbegrenzung einzufordern. Die 59-Jährige sagt, sie könne nicht nachvollziehen, "dass diese einfachste aller einfachen Maßnahmen noch immer nicht eingeführt wurde". Sie wolle nicht "zur letzten Generation von Menschen gehören, die noch ein lebensfreundliches Klima erleben durften. Was ist so schwer daran, Tempo 100 auf der Autobahn einzuführen? Das kostet nichts und spart 180 Millionen Liter Sprit im Jahr. Für viele eine spürbare Entlastung, gerade jetzt in Zeiten der Teuerung."

David Sonnenbaum, 34 Jahre, Pädagoge, war ebenfalls an der Aktion beteiligt. Er beschreibt seinen Beweggrund so: "Was muss noch alles passieren, damit diese Regierung endlich das Richtige tut? Tempo 100 auf der Autobahn kann doch wirklich nicht zu viel verlangt sein, wenn es ums Überleben geht!"

Weltweite Aktionen

Nach knapp 45 Minuten war die Aktion am Montag wieder vorbei. Nicht nur in Wien, auch in anderen Städten weltweit ereignen sich aktuell im Wochentakt Aktionen von Gruppen, die sich für die Umwelt einsetzen. Seit Mitte Oktober wurden in Museen vier Gemälde attackiert: Zuerst wurde Van Goghs "Sonnenblumen" in London mit Tomatensuppe, dann ein Werk von Monet in Potsdam mit Kartoffelpüree beschüttet, später klebten sich Aktivisten an Vermeers "Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge".

Im jüngsten Fall, am vergangenen Sonntag, bewarf in Berlin eine Person das verglaste Gemälde "Clown" von Henri de Toulouse-Lautrec mit einer Flüssigkeit und klebte sich anschließend an der Wand daneben fest.

Eine Hand Sekundenkleber

In Wien machten zuletzt Aktivistinnen und Aktivisten der Gruppe Letzte Generation von sich reden, sie schlossen sich für einzelne Aktionen auch schon mit der internationalen Bewegung Extinction Rebellion, die sich XR abkürzt, zusammen. Am vergangenen Freitag blockierten beide Gruppen gemeinsam mit der Bewegung Scientists Rebellion in München eine zentrale Straße, um auf klimapolitischen Missstände aufmerksam zu machen.

Das wohl bekannteste Mitglied – und Gründerin – der Letzten Generation in Österreich ist Martha Krumpeck, die bis vor kurzem wegen verschiedener Aktionen im friedlichen Widerstand im Gefängnis einen Teil ihrer Ersatzfreiheitsstrafe von 44 Tagen abgesessen hatte – ehe das Bußgeld gezahlt wurde.

Bekannt ist die Organisation vor allem dafür, sich im Frühverkehr auf stark befahrenen Straßen an die Fahrbahn festzukleben. Konkret schmieren sich ihre Mitglieder Sekundenkleber auf eine Hand, die sie anschließend auf die Straße drücken. Nur eine Person setzt sich dabei auf den Boden, ohne eine Hand festzukleben, um etwaige Einsatzfahrzeugen Platz zu machen, führt Pressesprecher Florian Wagner aus.

Mit Lösungsmittel gegen den Kleber

Wer solche Aktionen spontan, also nicht von den Behörden genehmigt, durchführt, verstößt gegen das Versammlungsrecht: Die Strafe beläuft sich auf bis zu 720 Euro Bußgeld oder aber bis zu mehreren Wochen Gefängnis. Laut Angaben der Polizei Wien wurden die Personen, die sich an der jüngsten nicht angemeldeten Kundgebung beteiligten, nach dem Versammlungsgesetz und nach der Straßenverkehrsordnung angezeigt. Sie seien zunächst aufgefordert worden, die Straße freiwillig zu verlassen. Wer dem nicht nachkommt, dem oder der wird die Hand mittels Lösungsmittel von der Straße gelöst.

Die Wiener Polizei "schreitet hier mit höchster Vorsicht und unter Beachtung der größtmöglichen Schonung der Person vor", hält Polizeisprecherin Barbara Gass fest. Nachsatz: "Was natürlich eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt." Dass sie "sehr vorsichtig" vorgehen würden und "versuchen, uns nicht zu verletzen", attestiert auch Wagner den Beamtinnen und Beamten. (giu, 31.10.2022)