Bei falschen Angaben oder verschwiegenen Tatsachen muss das Kinderbetreuungsgeld auf jeden Fall zurückgezahlt werden. (Symbolbild)

Foto: imago images/Eibner/Fleig/Eibner-Pressefoto

Wien – Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) schützt Eltern vor einer Rückzahlung des Kinderbetreuungsgeldes, wenn sie dieses wegen eines Behördenfehlers irrtümlich bekommen haben, berichtet die "Presse" (Montagausgabe). Allerdings gewährte das Höchstgericht eine Übergangsfrist bis Ende Oktober 2023.

Wer beim Antrag auf Kinderbetreuungsgeld falsche Angaben gemacht oder Tatsachen verschwiegen hat, muss das erhaltene Geld wieder zurückzahlen – daran wird auch nicht gerüttelt. Anders schaut es künftig aus, wenn die auszahlende Stelle irrtümlich den Anspruch bejaht und Antragstellern mitteilt, dass und bis wann sie die begehrte Leistung erhalten, also die Behörde schuld ist an einer unberechtigten Auszahlung. Es geht laut "Presse" um eine 2016 unter Rot-Schwarz eingeführte Möglichkeit, irrtümlich von der Krankenkasse ausgezahltes Kindergeld zurückzufordern, mit der eigentlich Ungerechtigkeit verhindert werden sollte. Der VfGH entschied nun aber, dass es sich um eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung handelt.

Drei konkrete Fälle

Vor dem VfGH ging es um drei konkrete Fälle: Eine in Österreich sozialversicherte Mutter, die zugleich mit einer Karenzvereinbarung das Schreiben "Kündigung des Arbeitsverhältnisses" vorgelegt hatte, sollte demnach über 6.000 Euro zurückzahlen, weil die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) letztlich eine "Scheinkarenz" ortete. Die Frau lebe in Ungarn, das für die Familienbeihilfe zuständig sei. Im zweiten Fall hatte eine subsidiär schutzberechtigte Afghanin wahrheitsgemäß angegeben, dass sie keiner Beschäftigung nachgehe – erst nachdem sie über 8.000 Euro erhalten hatte, bemerkte die ÖGK, dass subsidiär Schutzberechtigten gar kein Kindergeld zusteht, und verlangte dieses zurück. Von der dritten betroffenen Mutter wollte die ÖGK über 17.000 Euro zurück. Sie arbeitet bei einer internationalen Organisation und hatte ihrem Antrag eine Bescheinigung über eine private Pensionsversicherung beigelegt – ohne eine in Österreich pensionsversicherungspflichtige Tätigkeit stehe ihr das Geld nicht zu, hieß es aber im Nachhinein.

In allen Fällen lagen demnach alle relevanten Informationen schon bei der Antragstellung auf dem Tisch. Die Unterstützung wurde trotzdem ausgezahlt – fälschlich und als Folge eines Behördenfehlers. In zwei der drei Fälle schalteten Gerichte – der Oberste Gerichtshof und das Arbeits- und Sozialgericht Wien – den VfGH ein. Für den VfGH ist "keine sachliche Rechtfertigung erkennbar, weshalb (...) das Risiko einer unrichtigen Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen und folglich einer irrtümlich ausbezahlten Leistung vom Leistungsempfänger zu tragen sein soll". Immerhin würde dieser im Vertrauen auf die Leistung Dispositionen treffen, die er bei einer späteren Rückforderung nicht mehr rückgängig machen könne.

Rückforderungsanspruch besteht weiter

Das eigentliche Ziel, eine Besserstellung infolge von Behördenfehlern zu vermeiden, verfehlt der Gesetzgeber. Denn Eltern, die keinen Antrag stellen oder die zu Recht kein Kindergeld erhalten, können eben nicht von der Leistung ausgehen und in deren Erwartung planen. Der Rückforderungsanspruch bei Behördenfehlern sei deshalb unsachlich und verfassungswidrig. Er besteht allerdings jetzt – abgesehen von den drei konkreten Fällen – ein Jahr weiter. (APA, 31.10.2022)