Wie sich im Straflandesgericht zeigt, fällt der Aufenthalt eines Bundesheersoldaten in der Bundeshauptstadt nicht immer so diszipliniert aus wie auf dem Heldenplatz am Nationalfeiertag.

Foto: BMLV / Daniel Trippolt

Wien – Der 30. Juli hätte für Herrn D. und seine Freundin ein netter Abend werden sollen, nun sitzt der 23-Jährige mit einer Strafandrohung von bis zu drei Jahren Gefängnis vor Richter Christoph Kraushofer. Da er ziemlich illuminiert im nächtlichen Arne-Karlsson-Park einen Streit provoziert hatte, ein T-Shirt zerriss, einen Kontrahenten in den Oberschenkel biss und sich schließlich gegen seine Festnahme durch die Polizei wehrte.

"Er wird sich teilweise schuldig bekennen, aber er erinnert sich nicht mehr ganz", kündigt Verteidiger Christoph Naske an. "Er war damals schwerst alkoholisiert", behauptet er und will daher eine Verurteilung seines Mandanten wegen des Deliktes "Begehung einer Straftat im Zustand voller Berauschung". Was zwar nichts am Strafrahmen ändern, aber vielleicht D.s Arbeitgeber, das österreichische Bundesheer, milder stimmen würde.

Wochenendbeziehung

Seit mehreren Jahren ist der unbescholtene Angeklagte Berufssoldat in seinem Heimatbundesland, mit seiner Lebensgefährtin hat er eine Wochenendbeziehung. "Was ist denn da passiert?", will Richter Kraushofer über die Vorgänge am fraglichen Samstagabend Näheres wissen. "I und mei Freindin san furtgonga. In Lokale, Pubs ..." – "Wo genau?" – "In da Innenstod" – "Wo in der Innenstadt?" – "Waas i ned genau, i kenn mi ned aus."

Zwischen dem Paar entstand ein Streit, die Frau fuhr heim. D. rang mit sich. "I woid ham. Daun woid i nu in a Lokal. Wos trinken." – "Wie viel haben Sie an dem Abend denn insgesamt getrunken?", interessiert den Richter. "Zwölf Bier. Vier Whisky. Wein. Und ein paar Shots", behauptet der Angeklagte. "In welchem Zeitraum?", fragt Kraushofer ungläubig. "Uma sechsi begann das Fortgehen", der Streit mit der Freundin habe sich gegen 22 Uhr ereignet. Selbst wenn der nach eigenen Angaben 70 Kilogramm schwere Angeklagte in diesen vier Stunden lediglich die sechs Liter Bier und acht Zentiliter Whisky getrunken hätte, müsste er am Ende deutlich über vier Promille gehabt haben.

Ausnüchterungszelle

"Aber Sie sagen ja, dass Sie sich an den Vorfall selbst nicht erinnern können. Und dann wissen Sie genau, wie viel Sie getrunken haben?", wundert sich der Richter. Der Angeklagte gibt dann zu, dass die Konsummenge eher eine Schätzung sei. "Ab wann können Sie sich wieder an etwas erinnern?", fragt Kraushofer. "Dass ich in der Ausnüchterungszelle aufgewacht bin und zur Vernehmung gebracht wurde." – "Was haben Sie dort zum Vorfall erklärt?" – "Dos hoid ein Scheißabend war." – "Das ist noch nicht strafbar." – "Ich habe gesagt, dass es mir leidtut, nachdem mir der Polizist gesagt hat, was ich gemacht hab."

Was sich ereignet hat, lässt sich also nur aus den Zeugenaussagen rekonstruieren. Irgendwie muss D. nach Wien-Alsergrund in den Arne-Karlsson-Park gekommen sein. Dort feierte gerade eine Gruppe mit asiatischen Wurzeln eine Geburtstagsfeier. D. setzte sich an einen Tisch, mischte sich in Gespräche ein, wurde zunächst ignoriert. Dann begann er, Teilnehmer der Feier mit Essensresten zu bewerfen und zu beschimpfen. Als er zur Rede gestellt wurde, entstand ein Gerangel, der Angeklagte zerriss ein T-Shirt. Die Feiernden alarmierten die Polizei und brachten D. zu Boden – wo er es trotz Fixierung schaffte, einen jungen Mann in den rechten Oberschenkel zu beißen.

"Scheißpolizei!"

Als die erste Funkstreife eintraf, sei der Angeklagte noch auf dem Boden gelegen und weinerlich gewesen. Die Polizisten erhoben den Sachverhalt zunächst bei der Geburtstagsgruppe, wo ihnen auch die Bisswunde, die im Spital versorgt werden musste, gezeigt wurde. Als sie D. befragen wollten, änderte sich seine Stimmung von weinerlich zu aggressiv. Seine Kooperationsbereitschaft mit der Kollegin und den Kollegen im Bundessold war enden wollend. Die Aufforderung, sich auszuweisen, quittierte er laut Beamten mit: "Scheißpolizei!" und "Ihr Oaschlecha, ihr kennts mi amoi, ihr bekummts gor nix vo mia!".

Dann habe er auch eine Polizistenhand weggeschlagen und wollte weglaufen, woraufhin er neuerlich, diesmal von der Exekutive, zu Boden gebracht und fixiert wurde. Auch dagegen versuchte er sich mit Tritt- und Schnappbewegungen zu wehren, verletzt wurde diesmal aber niemand. Seinen Alkoholisierungsgrad beschreiben alle drei Polizeizeugen als maximal mittelmäßig: Er habe keine groben Gleichgewichtsstörungen gezeigt, habe klar und zielgerichtet kommunizieren können. "Scheißpolizei" legt für einen Zeugen auch nahe, dass D. die Uniform richtig zugeordnet hat.

Aufgrund dieser Aussagen lehnt der Richter das vom Verteidiger beantragte medizinische Gutachten über den Grad der Alkoholisierung ab. Am Ende verurteilt Kraushofer den 23-Jährigen zu fünf Monaten bedingter Haft und einer unbedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 25 Euro, gesamt also 2.250 Euro. Der Soldat akzeptiert die Strafe, da der Staatsanwalt keine Erklärung abgibt, ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, 1.11.2022)