In der Rautenstrauchgasse in Wien-Simmering biegt gerade die Sanierung eines Zinshauses in die Zielgerade. Dem Haus wurden drei Stockwerke in Holzbauweise aufgesetzt.

Foto: Regine Hendrich

Janine Jakubik und Helmut Pointner haben die Hausbesitzerin Renate Waltschek (Mitte, mit Dackel Luna) bei der Planung unterstützt. Das Baumanagement lag bei Neumayer.

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Hausbesitzer Elgar Zöhrer hat sich für das Zinshaus seiner Familie in Wien-Wieden sämtliche Alternativen angesehen und durchgerechnet, er hofft nun darauf, dass ein Fernwärme-Anschluss möglich wird.

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Hinter den schmucken Fassaden vieler Wiener Gründerzeithäuser werden derzeit Pläne gewälzt. Bis 2040 müssen die Gasheizungen, die es in vielen Häusern noch gibt, Geschichte sein. Die Unsicherheit, ob Putin als Folge des Ukraine-Kriegs den Gashahn zudreht oder nicht, könnte diese Entwicklung beschleunigen, zumindest theoretisch; denn der Weg zum dekarbonisierten, thermisch sanierten Zinshaus ist lang – und es gibt viele Hürden.

In einem Haus in der Rautenstrauchgasse in Wien-Simmering hat man sie erfolgreich bewältigt. Auf den ersten Blick ist es ein typisches Zinshaus: Es wurde 1897 errichtet; in den Hofgebäuden waren früher Stallungen und Werkstätten untergebracht; die WCs waren bis vor kurzem teilweise immer noch am Gang.

Blocksanierung stieß Entwicklung an

Seit den 1950er-Jahren ist es im Besitz der Familie von Renate Waltschek, die ihren Kindern keine Schulden hinterlassen wollte. Was also tun mit einem Gründerzeithaus, das immer mehr aus der Zeit gefallen schien? 2017 landete ein Schreiben des Wohnfonds Wien in ihrem Briefkasten, in dem sie über eine Blocksanierung informiert wurde. So kam der Stein ins Rollen.

Nun, fünf Jahre später, biegt die thermische Sanierung ihres Hauses in die Zielgerade: Die hellgraue, gegliederte Fassade mit floralen Elementen auf der Straßenseite blieb erhalten. Etwas zurückgesetzt und von der Straße aus fast nicht sichtbar wurden dem Gebäude drei Stockwerke in Holzbauweise aufgesetzt. So wurden aus den ursprünglich elf Wohnungen im Haus 22.

Gashahn bleibt zugedreht

Die Wohnungen wurden allesamt hofseitig mit Freiflächen ausgestattet, ein Lift wurde errichtet. Und der Gashahn in einem finsteren Eck des Kellers ist seit dem heurigen Sommer für immer zugedreht: Das Haus wurde an die Fernwärme angeschlossen. Da habe man Glück gehabt, berichten Janine Jakubik und Helmut Pointner vom für die Planung zuständigen Architekturbüro Pointner + Pointner. Die Fernwärme war bereits bis vor die Haustür verlegt. Plan B wäre eine Wärmepumpe gewesen, "aber die U3 fährt drunter durch", sagt Hausbesitzerin Waltschek.

Noch ein Glücksfall: Auch die Mieterinnen und Mieter von sechs Wohnungen, die während der Sanierung im Haus blieben, entschieden sich alle für den Anschluss an die Fernwärme. Das klingt banal, ist in vielen Häusern aber eine große Hürde. Denn die Mieterinnen und Mieter hätten ebenso auf ihre Gasetagenheizung bestehen und das Haus zu einem Potpourri an Heizmethoden machen können.

Schwierige Umstellung im 4. Bezirk

Schauplatzwechsel: In der Schaumburgergasse im vierten Bezirk besitzt die Familie Zöhrer seit 44 Jahren ein Zinshaus mit 20 Wohneinheiten. Vor rund zehn Jahren wurde die Fassade erneuert, 2013 bekam Elgar Zöhrer, gelernter Architekt, dafür sogar den Preis für die schönste sanierte Fassade der Stadt Wien.

Geheizt wird großteils mit Gas. Die bald notwendige Umstellung auf erneuerbare Energieträger wird sich aber als äußerst schwierig gestalten, fürchtet Zöhrer. Er hat sich die Alternativen angeschaut und durchgerechnet. So gibt es in einigen Wohnungen im Haus beispielsweise sogenannte Nachtspeicheröfen. Die waren früher sehr beliebt, dabei wurden mit billigem Nachtstrom Formsteine erhitzt, die die Wärme dann länger gespeichert und über die nächsten Stunden abgegeben haben.

Würde man nun aber im ganzen Haus auf diese dezentralen Nachtspeicherheizungen setzen, wären neue Steigleitungen im Stiegenhaus notwendig. Für solare Warmwassererzeugung gibt es laut Zöhrer zu wenige Dachflächen, und die Radiatoren sind zu klein.

Brandgefahr bei Deckenpaneelen

Auch für Photovoltaik, also Sonnenstrom, ist die Dachfläche für das ganze Haus zu gering. "Außer man bestückt die ganze Feuermauer damit, was aber hohe Kosten bedeuten würde."

Deckenpaneele wären möglich und laut Zöhrer die einzige Möglichkeit, die Wohnungen günstig mit einer neuen Heizung auszustatten. Auch dies würde aber hohe Stromkosten nach sich ziehen. Und außerdem gebe es in dem alten Haus noch Putzträger aus Schilf, "da muss man gehörig aufpassen, das ist natürlich brennbar". Mit ausreichend Abstand zur Decke wäre es aber möglich, denkt er.

Fernwärme-Anschluss scheint möglich

Für Pellets bräuchte er drei Kessel mit je 100 Kilowatt (kW) Leistung, um das ganze Haus versorgen zu können. "Doch jeder dieser Kessel wiegt 900 Kilo", sagt Zöhrer. "Die bringe ich gar nicht in den Keller." Kleinere Pelletsöfen in jeder Wohnung wären zwar möglich, doch die Pellets müssten ja trotzdem irgendwo gelagert werden.

Bei einer Wärmepumpe im Hof fürchtet er die Geräuschentwicklung, und neue Steigleitungen müssten dann ebenso gemacht werden. Und bezüglich eines Anschlusses an die Fernwärme hat Zöhrer schon einmal eine Offensive gestartet, im ersten Anlauf wurde das von Wien Energie aber abgelehnt – obwohl im Haus gegenüber, das der Wirtschaftskammer gehört, sogar eine sogenannte Primärleitung verläuft. "Negativbestätigung" steht im Betreff des Schreibens, das er im vergangenen Juni bekommen hat. Aber man freue sich immerhin "über das Interesse an einer umweltfreundlichen und zukunftsfitten Wärmeversorgung".

Zöhrer hatte der Wien Energie sogar schon konkrete Vorschläge unterbreitet, wo im Keller seines Hauses der notwendige Anschlussraum gemacht werden könnte. Zunächst wurde das aber eben abgelehnt. Wochen später kam dann aber eine Rückmeldung, die ihn positiv stimmt. Nun harrt er der Dinge.

Viele hoffen auf Fernwärme

So wie Zöhrer hoffen derzeit viele Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer auf einen Anschluss an die Fernwärme. Beim Ausbau des Netzes geht man bei der Wien Energie allerdings streng nach Kriterien der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit vor. Oberstes Kriterium ist dabei stets die sogenannte Anschlussdichte, also wie viele Anschlüsse auf einer bestimmten Wegstrecke möglich sind.

Ein nicht zu unterschätzendes Thema sind aber auch die meist recht engen Platzverhältnisse in den anzuschließenden Häusern: Es braucht eine Übergabestation im Keller, und für die Steigleitungen muss meist auch radikal aufgestemmt werden. Zöhrer rechnet schon einmal mit Anschlusskosten von 80.000 bis 100.000 Euro – noch ohne die nötigen Umbauarbeiten im Haus selbst. Die nötigen Rohre müsse man "eventuell freiliegend im Stiegenhaus" verlegen.

In der Rautenstrauchgasse in Simmering wurden die neuen Leitungen der Fernwärme von den Gängen direkt zu den einstigen Gasthermen in den Wohnungen geführt; Stemmarbeiten waren nicht nötig. Derzeit laufen die letzten Maler- und Verputzarbeiten. Auch die alte Bassena, die für die Dauer der Baustelle abmontiert wurde, wird demnächst wieder im Stiegenhaus auf einen Tratsch einladen. Janine Jakubik und Helmut Pointner haben die Hausbesitzerin Renate Waltschek (Mitte, mit Dackel Luna) bei der Planung unterstützt. Das Baumanagement lag bei Neumayer. (Franziska Zoidl, Martin Putschögl, 6.11.2022)