ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker verteidigte die Vorgehensweise der Volkspartei im parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

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Die publik gewordenen Aussagen von Ex-Öbag-Chef Thomas Schmid bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) beschäftigen seit zwei Wochen das ganze Land. Vertreterinnen und Vertreter der ÖVP sind derweil um Schadensbegrenzung bemüht, so auch ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker in der "ZiB 2" am Montag.

Im Vorfeld hatte die WKStA die Parlamentarierinnen und Parlamentarier darum gebeten, bei der Befragung von Thomas Schmid als Auskunftsperson im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss am Donnerstag sich auf bestimmte Themenkomplexe zu beschränken, um nicht zukünftige Ermittlungen der WKStA zu gefährden.

Stocker über WKStA "verwundert"

Die ÖVP verhinderte aber diesbezüglich eine Einigung aller Fraktionen. Die Volkspartei wollte nämlich zuletzt ganz im Gegenteil zur WKStA nicht eine Liste der Dinge, über die Schmid befragt werden darf, sondern eine Liste der Dinge, über die er nicht befragt werden darf. Eine derartige Liste könnte aber eine Skizze der geplanten Ermittlungen der WKStA darstellen.

Der ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker verteidigte in der "ZiB 2" am Montag, dass sich die ÖVP bei der Befragung nicht einschränken lasse. "Ich finde, das ist das Normalste der Welt", sagt Stocker. Er sei über die Bitte der WKStA "ein wenig verwundert", sagt der Jurist. Die Staatsanwaltschaft hätte es ja in der Hand gehabt, heikle Ermittlungen zu führen, abzuschließen und den Verschlussakt erst dann zum Strafakt zu nehmen, dies habe sie aber bereits früher gemacht und erst dadurch konnten die nunmehr bekannten Inhalte publik werden.

ORF

Kritik an ORF

Angesprochen auf das generelle Spannungsverhältnis, das aktuell besteht, da auch gegen die ÖVP als Verband selbst ermittelt wird, sagt Stocker, das könne nicht heißen, das ÖVP-Mitglieder im Nationalrat ihrer Rolle im U-Ausschuss nicht mehr nachkommen können.

Konkrete Anschuldigungen gegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Clubchef August Wöginger tut er als unwahr ab. "Wieso tut sich der ORF so schwer damit, dass eine Beschuldigung gegen einen ÖVP-Politiker falsch ist?", sagt Stocker auf mehrmaliges Nachfragen von Armin Wolf hin.

Zu den Unmengen an mittlerweile publik gewordenen Chats sagt Stocker, angesprochen auf den Verhaltenskodex der ÖVP, er werde diese Chats weder von der Tonart noch vom Inhalt verteidigen.

ÖVP bezahlt Anwalt für Sebastian Kurz

Schließlich beantwortet Stocker auch die Frage, ob die Volkspartei die rechtliche Vertretung für Ex-Kanzler Sebastian Kurz bezahlt. Es gebe einen Vorstandsbeschluss der Volkspartei, wonach bestimmte Mandatsträger oder Funktionsträger Rechtsschutz genießen, so Stocker. Das beziehe sich auf die Tätigkeiten während der Amtszeit, wirke sich aber auch auf Verfahren aus, die erst später geführt werden.

"Das heißt Sie bezahlen den Anwalt noch immer?", will Armin Wolf speziell zu Sebastian Kurz wissen. "Ja," antwortet Stocker. Warum? "Weil es einen Beschluss des Vorstandes dazu gibt", so Stocker. Die Betroffenen seien ja in Ausübung ihrer Funktion in diese Situation geraten. Dieser Beschluss ist öffentlich, daher könne man leicht herausfinden, wer diesen Rechtsschutz genießt, auch wenn er im Studio ad hoc nicht alle aufrechten Vertretungen nennen kann. "Wir sind ja völlig transparent", sagt Stocker.

Antikorruptionsgesetz "Neuland"

Stocker versicherte außerdem, die ÖVP stehe dazu, dass Mandatskauf strafbar werden soll – wie es im Regierungsübereinkommen steht und mit dem vor mehr als einem Jahr vorgelegten, jüngst adaptierten Entwurf der grünen Justizministerin Alma Zadić umgesetzt werden soll. Aber mit einer solchen – europaweit ersten – Regelung werde Neuland beschritten, das müsse man genau prüfen.

So gelte es etwa zu verhindern, dass ein Bürgermeister, der im Wahlkampf den Ausbau des Radwegenetzes verspricht, unter diese Bestimmung fällt. Auch wer genau strafbar ist – wer etwa Kandidatenstatus vor dem Wahlkampf hat – müsse noch geklärt werden. Wie lange es noch dauert, konnte Stocker nicht sagen – aber er nutzte die Gelegenheit für einen Seitenhieb auf die Staatsanwälte, die den Vorwürfen gegen Kurz, sein Umfeld und die ÖVP als Partei nachgehen: "Ich hoffe es dauert nicht so lange wie das Ermittlungsverfahren der WKStA." (lew, APA, 31.10.2022)