2026 soll der europäische Exoplanetenjäger Plato ins All starten. Das Thermalkleid der Sonde kommt aus Österreich.

Foto: Esa/DLR/OHB-Systems-AG

Schon jetzt gilt das James-Webb-Weltraumteleskop als Meilenstein in der Astronomie. Ende 2021 ist das bisher größte und leistungsstärkste Weltraumteleskop mit dem Ziel ins All gestartet, tiefer als je zuvor in die Vergangenheit des Universums zurückzublicken. Auch Daten über ferne Planeten und bislang unsichtbare kosmische Regionen zu sammeln steht auf der To-do-Liste des Teleskops. Schon Webbs erste Aufnahmen, die im Juli veröffentlicht wurden, übertrafen in Sachen Qualität und Detailreichtum nicht nur den Vorgänger Hubble, sondern auch alle Erwartungen. Seither schickt das Superauge, das auf Beobachtungen im Infrarotbereich spezialisiert ist, laufend atemberaubende Bilder zur Erde.

Dabei kommt auch Technologie aus Österreich zum Einsatz: Die Thermalisolation der Antenne, mit der Webb die Daten zur Erde sendet, stammt vom österreichischen Weltraumzulieferer Beyond Gravity (vormals Ruag Space Austria). Die Isolation besteht aus einer Kunststofffolie mit Spezialbeschichtungen, die Webbs besonderen Anforderungen gerecht werden müssen: Die Antenne des Teleskops, das bei einer Temperatur von minus 238 Grad Celsius arbeitet, muss optimal geschützt sein. Gleichzeitig dürfen jedoch die Antennensignale nicht beeinträchtigt werden.

Perfekte Position

Das Unternehmen mit Sitz in Wien hat auch die hochpräzisen Mechanismen geliefert, mit denen eines der Webb-Hauptinstrumente, der Nahinfrarot-Spektrograf, auf 100 Nanometer exakt gesteuert werden kann. Und bevor Webb überhaupt ins All aufgebrochen ist, wurde das Teleskop bei der Endfertigung durch einen speziellen Hightech-Trolley des Unternehmens bewegt, gekippt und gedreht. "Die Teilnahme an solchen großartigen Wissenschaftsmissionen bringt uns auch kommerziell weiter", sagt Manfred Sust, Geschäftsführer von Beyond Gravity. "Die Nachfrage nach solchen Spezial-Trolleys hebt gerade in den USA richtig ab."

Vor allem in zwei Bereichen hat sich Beyond Gravity zu einem Marktführer entwickelt: Ein Großteil der europäischen Satelliten ist heute mit Thermalschutz des Unternehmens ausgestattet. In vielen Geräten in der Erdumlaufbahn sind auch österreichische Navigationsempfänger zu finden, die eine präzise Positionierung ermöglichen. Das ist für alle Anwendungen entscheidend, egal ob es sich um Telekommunikationssatelliten oder Erdbeobachtungsmissionen handelt.

Präzises Nasa-Instrument

Ein solcher Navitationsempfänger wird auch bei einer neuen Klimamission der US-Weltraumbehörde der Nasa zum Einsatz kommen: 2023 soll das Instrument Tempo (Tropospheric Emissions: Monitoring Pollution) ins All starten, um atmosphärische Gase und Aerosole über Nordamerika in hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung zu messen. Die Daten sollen Vorhersagen der Luftqualität verbessern. "Mit dieser Auflösung kann man herausfinden, wo genau welche Schadstoffe emittiert werden. Je genauer die Position des Nasa-Instruments durch unseren Empfänger bestimmt wird, desto präziser sind die Nasa-Klimadaten", sagt Sust.

Satelliten würden bereits die Hälfte aller Daten für die Klimaforschung und 95 Prozent der Wetterdaten liefern, aber auch abseits der Erdbeobachtung sei die Raumfahrt aus unserem Leben längst nicht wegzudenken, sagt Sust. "Ich glaube, vielen Leuten ist gar nicht bewusst, wo überall Weltraum drinsteckt – wenn sie an der Ampel stehen, das Mobiltelefon oder das Stromnetz nutzen."

Bangen um neues Esa-Budget

Aktuell ortet Sust einen Umbruch in der Raumfahrt: Eine verstärkte Kommerzialisierung und private Investitionen würden eine hohe Dynamik in den Markt bringen, in dem man gleichzeitig in langen zeitlichen Maßstäben denken müsse: Was heute an Technologie und Fertigkeiten entwickelt wird, sei für Jahre weichenstellend. Umso wichtiger sei es, die Position der heimischen Weltraumindustrie weiter auszubauen – gerade auch im Zuge des Budgets der Europäischen Raumfahrtorganisation Esa, das im November für die kommenden drei Jahre beschlossen wird.

Der österreichische Beitrag zum Esa-Budget kommt aus dem Klimaschutzministerium und besteht aus einem Pflichtbeitrag und optionalen Programmen. Bei der letzten Budgetrunde 2019 wurden Österreichs Ausgaben für Wahlprogramme stark gekürzt. In der Branche blickt man dem nächsten Abschluss mit Nervosität entgegen. Denn die nationalen Beiträge fließen zu einem Großteil in Form von Aufträgen an heimische Unternehmen zurück und prägen so deren Chancen, sich langfristig im kommerziellen Raumfahrtsektor zu etablieren. "Der Markt wächst schnell und unter hohem Wettbewerbsdruck", sagt Sust. "Wer jetzt nicht dabei ist, hat den Zug verpasst." (David Rennert, 3.11.2022)