Milan-Stürmerstar Olivier Giroud hat praktisch alles erlebt und viel gewonnen.

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Salzburgs Junior Adamu steht erst am Anfang einer vielleicht großen Karriere.

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Ticker: Milan vs. Salzburg, Mi., 21 Uhr

Olivier Giroud mag für einen Profikicker alt sein, aber zum Opa wollte er sich dann doch nicht machen lassen. "36, nicht 63", scherzte Milans Stürmer und ordnete seine Geburtstagsballons in die richtige Reihenfolge. Motivierte Fans hatten den Jubilar am 30. September vor Milans Trainingsgelände abgefangen, um im Tausch gegen goldene Ballons und einen bedruckten Polster ein Selfie samt Autogramm abzustauben. Das passiere ihm "zum ersten Mal", sagte Giroud, und das will bei seiner Routine etwas heißen. Der Mann hat im und um den Fußball praktisch alles erlebt, er wurde Weltmeister, Champions-League- und Europa-League-Sieger, hat 14 Saisonen in Folge zweistellig getroffen und allein für Arsenal 105 Tore geschossen.

Giroud kennt auch die Niederungen des Fußballs, seine ersten fünf Profijahre verbrachte er in Frankreichs zweiter Liga. Der Durchbruch gelang dem damals 23-Jährigen bei Tours, von dort wechselte er als Topscorer der Ligue 2 zum Erstligisten Montpellier. Das war noch die Zeit, bevor Paris Saint-Germain mit ölgetränktem Monopoly-Geld um sich werfen konnte, Frankreichs Meister hießen Lyon, Bordeaux, Marseille oder Lille.

Die Sensation

Der Hérault Sport Club aus Montpellier? Viel Tradition, aber keine Chance auf einen Titel. Bis Girouds Show begann. In seiner zweiten Saison schoss der Linksfuß Montpellier sensationell zum ersten Meistertitel der Klubgeschichte. Keiner von Girouds Mitspielern brach danach zu einer Weltkarriere auf, die damaligen Leistungsträger kicken nun bei Sivasspor, Nancy oder in Hobby-Seniorenrunden.

Aber Giroud, der war mit seinen 25 Jahren endlich angekommen. Er glänzte regelmäßig mit Traumtoren, traf aus der Distanz, volley und mit der Ferse, ein edler Vollender im Körper eines 1,93-Meter-Brechers. Diesen Körper wusste Giroud stets auch einzusetzen. Er lieferte Kopfballtore, riss Räume für Teamkollegen auf und leistete so brav Defensivarbeit, dass er auf dem Weg zum Weltmeistertitel 2018 keinen Schuss aufs Tor abgab und von Teamchef Didier Deschamps trotzdem für unverzichtbar erklärt wurde.

Als Giroud mit Montpellier die Sensation fixierte, kickte Salzburgs Stürmer Junior Adamu bei einem Verein, den es seit drei Jahren nicht mehr gibt. Der damals elfjährige Bursche lernte beim GSV Wacker das schöne Spiel. Sein jetziger Stürmerkollege Noah Okafor zählte im Nachwuchs des FC Basel die Tage bis zu seinem zwölften Geburtstag, Salzburgs dritte Sturmoption Benjamin Sesko war gar erst acht Jahre alt. Dass dieses Trio im Erwachsenenfußball bisher sechs Meistertitel sammelte und Giroud erst zwei, darf man in die Schublade "unfreiwillige Arsenal-Witze" legen.

Titel hin, Titel her: Salzburgs Erfahrungsnachteil ist offensichtlich. Sollte Innenverteidiger Oumar Solet für die entscheidende Champions-League-Partie am Mittwochabend (21 Uhr) fit werden und Maximilian Wöber abermals statt Andreas Ulmer als Linksverteidiger beginnen, dürfte der zuletzt gegen Chelsea aufgestellte CL-Altersrekord von durchschnittlich 22 Jahren und zehn Tagen unterboten werden. Auch bei Milan ist Giroud eher Ausnahme als Regel, nur fünf Trainer schickten in dieser CL-Saison eine jüngere Startelf auf den Platz als Stefano Pioli beim ersten Duell mit den Bullen.

Die Sicherheit

"Ich halte wenig von der Erfahrungsgeschichte, es geht um die Qualität auf dem Platz", sagte Trainer Matthias Jaissle in einem STANDARD-Interview. Und die hat in der Königsklasse bisher gepasst, die sechs Punkte in fünf Partien gegen Milan, Chelsea und Dinamo Zagreb hat auch kein Pensionistenverein geholt. Auch das Vorjahr gibt Sicherheit: Die Entscheidungspartie gegen Sevilla spielten Kicker im Alter von durchschnittlich 22,5 Jahren eindrucksvoll trocken herunter.

Dass heuer am letzten Spieltag auch Gruppenplatz vier und das damit verbundene Europacup-Aus möglich ist, ist nur Chelseas Selbstfaller gegen Dinamo in Thomas Tuchels letzter Partie geschuldet. Mit einem Punkt wäre Platz drei und das Weitermachen in der Europa League gesichert, für den Königsklassenverbleib bräuchte Salzburg einen Auswärtssieg in einem gut besuchten San Siro. "Ich habe es bisher nur von außen gesehen – sehr beeindruckend, imposant. Umso schöner, dass ich am Mittwoch einen Gratiseintritt habe", witzelte Jaissle.

4000 reisende Salzburg-Fans werden für den Einlass zahlen, das ist in der Red-Bull-Ära ein Rekord. "Wir werden alles versuchen, um sie nicht zu enttäuschen", sagte Jaissle. Über einen Einsatz von Adamu und Solet muss er wohl kurzfristig entscheiden, das Duo leidet an Oberschenkelproblemen. (Martin Schauhuber, 1.11.2022)

Technische Daten und mögliche Aufstellungen:
(Gruppe E, 6. und letzte Runde)

AC Milan – Red Bull Salzburg (Stadio San Siro, Mittwoch, 21.00 Uhr/live ServusTV, Sky und DAZN, SR Mateu Lahoz/ESP)

Milan: Tartarusanu – Kalulu, Gabbia, Tomori, Hernandez – Tonali, Bennacer – Rebic, De Ketelaere, Leao – Giroud

Es fehlen: Maignan (Muskelriss in der Wade), Calabria (Hüftbeugerverletzung), Florenzi (Oberschenkelverletzung), Saelemaekers (Knieverletzung), Ibrahimovic (Knie-OP/nicht im CL-Kader)

Salzburg: Köhn – Dedic, Bernardo, Pavlovic, Wöber – Seiwald, Gourna-Douath, Sucic, Kjaergaard – Sesko, Okafor

Es fehlen: Capaldo (Knieprobleme), Fernando (Muskelverletzung im Oberschenkel), Tijani (Schien- und Wadenbeinbruch)

Fraglich: Solet, Adamu (beide Oberschenkelprobleme)

Parallelspiel: Chelsea FC – Dinamo Zagreb (21.00 Uhr)