Zum Glück hat die ÖVP ihren Ethikrat. Unabhängig von juristischer Relevanz prüft der gerade anhand des ÖVP-Verhaltenskodex die jüngsten Anschuldigungen gegen den türkisen Ex-Kanzler, den Parlamentspräsidenten und den ÖVP-Klubchef. Man darf gespannt sein, was diesmal rauskommt.

Ist der türkise Ex-Kanzler ethikzertifiziert?
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Die Lektüre des achtseitigen Benimmkodex der christlich-sozialen Partei hat angesichts der Chats, deren Veröffentlichung der Ethikrat übrigens kritisierte, fast Unterhaltungswert. Anstand, Ehrlichkeit und Verantwortung hätten Tradition in der ÖVP, heißt es da, Anstand und Takt seien leitende Grundsätze. ÖVP-Funktionsträger müssten Format haben und Format geben, wer öffentliche Aufgaben wahrnimmt, habe Vorbildfunktion und verkörpere die Sichtbarkeit guten politischen Verhaltens.

Abseits von Hausverstand und Augenmaß sollen Funktionsträger über eine solide berufliche Grundlage verfügen ("um nicht von der politischen Funktion abhängig zu sein"; Matura reicht offenbar), bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben sind Integrität, Fairness und Transparenz geboten. Interventionen oder Protektionismus? "Strikt abzulehnen", ebenso diskriminierende Haltungen oder Äußerungen.

Und wer es nicht glauben mag, möge nachlesen: An der Politischen Akademie der ÖVP können Betroffene laut Kodex ein Ethikseminar absolvieren, bekommen dafür sogar ein Zertifikat. Wetten, der türkise Ex-Kanzler und seine Wegbegleiter sind ethikzertifiziert? (Renate Graber, 1.11.2022)