Kommt nach Wien: Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow.

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Medien/Pressefreiheit/Int. Organisationen/UNO/Wien/Vorschau –– Schallenberg und Raab legen Bekenntnis zu kritischem Journalismus ab

Wien – Gemeinsam mit dem Büro des Uno-Hochkommissars für Menschenrechte und der Uno-Kulturorganisation Unesco veranstaltet das Außenministerium am Freitag eine internationale Konferenz zum Thema Sicherheit von Journalisten. Stargast ist dabei Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow. Der Herausgeber der verbotenen russischen Zeitung "Nowaja Gaseta" soll das Impulsreferat der Tagung aus Anlass des zehnten Jahrestags des Uno-Aktionsplans zum Schutz von Journalisten halten.

Österreich wird bei der Konferenz von Außenminister Alexander Schallenberg und Medienministerin Susanne Raab (beide ÖVP) vertreten. Sie betonten im Vorfeld der Konferenz ihr Bekenntnis zu einem unabhängigen und kritischen Journalismus. "Demokratien sind resilient, gerade weil sie politische Debatten zulassen. Sie sind resilient, gerade weil freie Medien und freie Zivilgesellschaft ein Korrektiv darstellen, politische Kurskorrekturen einfordern und anstoßen. All das schwächt uns nicht, wie so mancher Autokrat hofft. Es stärkt uns, und macht den Kern moderner Demokratien aus", formulierte Schallenberg. Raab verwies auf die kürzlich vorgestellten "Eckpunkte der zukünftigen Medienreform" in Österreich, die ihrer Meinung nach sicherstellen werde, "dass Journalistinnen und Journalisten, vor allem in Zeiten der Desinformation, unabhängig arbeiten können, aber auch der Wettbewerbsdruck nicht nur regional, sondern auch international ausgleichen wird".

Uno-Aktionsplan

Der Uno-Aktionsplan geht unter anderem auf Bemühungen Österreichs zurück, das etwa Ende 2011 ein hochkarätiges Seminar zum Thema veranstaltet hatte. Das achtseitige Dokument wurde im April 2012 vom Uno-Leitungsgremium (Chief Executives Board) angenommen und später auch von der Uno-Generalversammlung, dem Menschenrechtsrat sowie der Unesco begrüßt. Das nicht rechtsverbindliche Dokument richtet sich in erster Linie an die Vereinten Nationen, ruft aber auch zu stärkerer Zusammenarbeit mit den Mitgliedsstaaten im Sinne von Bewusstseinsbildung und konkreten Mechanismen zum Schutz von Journalisten auf.

Neben Muratow werden bei der Konferenz weitere führende Medienvertreter erwartet wie etwa die kolumbianische Journalistin und Trägerin des Courage in Journalism Award Jineth Bedoya, die Herausgeberin der Onlinezeitung Kyiv Independent Daryna Schewtschenko, der Direktor der Federation of African Journalists Pa Louis Thomasi, der Exekutivdirektor der Journalistenschutzorganisation International Media Support Jesper Højbjerg, die pakistanische Internetaktivistin und Leiterin der Digital Rights Foundation Nighat Dad, die Präsidentin der International Federation of Journalists Dominique Pradalié sowie die Direktorin des Internationalen Presse-Instituts (IPI), Barbara Trionfi. Als einziger österreichischer Medienvertreter nimmt APA-Geschäftsführer Clemens Pig an einer der Diskussionsrunden im Palais Niederösterreich teil, und zwar in seiner Eigenschaft als Präsident der Europäischen Agenturallianz EANA.

Hochkarätig vertreten sind auch die Vereinten Nationen. Angekündigt wurden Unesco-Generaldirektorin Audrey Azoulay, Uno-Menschenrechtskommissar Volker Türk, die Uno-Spezialberichterstatterin für Meinungsfreiheit Irene Khan und die Leiterin der Uno-Abteilung für Kommunikation, Melissa Fleming. Zudem wird die OSZE-Beauftragte für Medienfreiheit, Teresa Ribeiro, an der Konferenz teilnehmen. Bereits am Donnerstag soll auf Expertenebene in einer vorbereitenden Konferenz inhaltlich über den Aktionsplan diskutiert werden.

Schutz von Journalisten

Ziel der Konferenz ist es, den internationalen Bemühungen zum Schutz von Journalisten neuen Schwung zu geben. Nach Angaben des Außenministeriums wurden zwischen 2006 und 2021 mehr als 1.200 Journalistinnen und Journalisten getötet, wobei die Verantwortlichen in 87 Prozent der Fälle nicht zur Rechenschaft gezogen wurden. Heuer kamen bis Anfang September 61 Medienschaffende aus 26 Ländern ums Leben, zehn von ihnen bei der Berichterstattung über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine.

Während Österreich auf internationaler Ebene zu den treibenden Kräften für die Stärkung der Pressefreiheit und von Schutzmaßnahmen für Journalisten zählt, beklagen einheimische Medienschaffende mangelndes Engagement der ÖVP-geführten Bundesregierung für eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen. Die Liste der Vorwürfe reicht von gewaltsamen Übergriffen auf Journalisten bei Demonstrationen über politisch gesteuerte Postenbesetzungen im Medienbereich bis zu den strafrechtlich relevanten Machenschaften der Clique rund um Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in der Inseratenaffäre. Lag Österreich vor der Ibiza-Affäre noch in der Topgruppe der Staaten mit der größten Pressefreiheit, stürzte es im Index von "Reporter ohne Grenzen" (RSF) heuer von Platz 17 auf 31 ab. (APA, 2.11.2022)