Frankfurt zeigt auf.

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Oliver Glasner führte die Eintracht unter die 16 besten Teams der Champions League und plant einen Coup à la Villarreal.

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Im Frühjahr 2016 drohte Frankfurt zu werden, was Hamburg seit 2018 ist – die wichtigste europäische Stadt ohne erstklassigen Fußballklub. Erst in der Relegation, unter dem neuen Coach Niko Kovac, zog die Frankfurter Eintracht seinerzeit den Kopf aus der Schlinge. Unter dem Kroaten und seinen österreichischen Nachfolgern Adi Hütter und Oliver Glasner ging es seither fast nur bergauf. Der vorläufige Höhepunkt ist die Qualifikation für das Achtelfinale der Champions League, die am Dienstagabend durch ein 2:1 im abschließenden Gruppenspiel bei Sporting Lissabon gelang.

Stolz des Trainers

Präsident Peter Fischer konnte im Estádio José Alvalade seine Tränen nicht verbergen, Coach Glasner platzte schier vor Stolz. Und sie Spieler ließen sich vom Anhang bereits als "Europas beste Mannschaft" feiern. Unter den besten 16 in Europa, in einer Reihe mit Real Madrid oder dem FC Liverpool – die Hessen bewegen sich in neuen Sphären.

"Es ist überwältigend", schwärmte Sportvorstand Markus Krösche nach dem Kraftakt von Lissabon, mit dem die Eintracht die Portugiesen und Olympique Marseille hinter sich ließ, das durch ein 1:2 gegen Gruppensieger Tottenham die letzte Chance verspielte.

"Es ist ein unglaublicher Moment für uns als Verein, ein ganz besonderer Tag", sagte Sportvorstand Markus Krösche. "Historisch" ist er für Vorstandssprecher Axel Hellmann: "Das lässt innerlich viel ablaufen." Von der gewonnenen Relegation im Jahr 2016 über den Pokalsieg 2018 und den Triumph in der Europa League 2022 bis in die Elite der Königsklasse. "Da ist eine Menge Entwicklung drin." Auch in der jüngsten Vergangenheit, denn Frankfurt war mit einer 0:3-Heimniederlage gegen Sporting in die relativ einfache Champions-League-Gruppe D gestartet, die ganz ohne Landesmeister auskam.

Nach zehn Punkten aus den restlichen fünf Partien wartet im Achtelfinale zwischen dem 14. Februar und 15. März 2023 ein Brocken wie Manchester City, die Auslosung findet am Montag statt. "Es gibt nur noch ganz große Kaliber, absolute Weltstars kommen", frohlockte Kapitän Sebastian Rode: "Wir sind nicht chancenlos, aber bestimmt der Außenseiter."

Reißer Rode

Zur Halbzeit bei einem 0:1-Rückstand für Jesper Lindström eingewechselt, hatte der Kapitän der Eintracht in Lissabon neues Leben eingehaucht. "Er hat den Unterschied gemacht", sagte Spielmacher Mario Götze. Rode hatte seine Mitspieler aus der Lethargie gerissen. Die Treffer von Daichi Kamada (62., Handelfmeter) und Randal Kolo Muani (72.) fielen fast folgerichtig.

"Was mir am meisten Freude bereitet, ist, dass wir immer wir waren", sagte Trainer Glasner: "Wir haben immer unser Ding durchgezogen. Egal in welchem Stadion, ob zu Hause oder auswärts, egal welcher Gegner, ob in Rückstand oder ob wir vorne waren." Auch die anfangs etwas gedämpfte Stimmung im Gästeblock, wo hunderte Anhänger nach Maßnahmen der Polizei erst verspätet eintrafen, warf die Mannschaft des Oberösterreichers nicht entscheidend aus der Bahn.

Glasner, dessen Team auch in der Bundesliga wieder Tritt gefasst hat, konnte es selber "gar nicht glauben". Zehn Punkte zu holen sei "einfach überragend". Große Feierlichkeiten genehmigte der Rieder Ehrenkapitän nicht. Schließlich stehen noch drei Partien bis zur Winterpause an. Bonus für die Spieler: "Im Jänner dürfen sie einen Tag später mit dem Training beginnen."

Für das Weiterkommen gibt es eine Prämie von 9,6 Millionen Euro, zusammen mit den TV-Geldern bringt der Einzug in die K.-o.-Runde Mehreinnahmen von rund 15 Millionen. Es gelte nun, "auf leisen Sohlen ein verträumtes Villarreal zu machen", forderte Vorstandssprecher Hellmann. Villarreal war in der Vorsaison als Europa-League-Champion bis ins Halbfinale der Königsklasse vorgestoßen. (lü, 2.11.2022)