Im Gastblog schreiben die Wissenschafterinnen Pandora Aschauer, Lana Marie Boroch, Ines Guth und Elisabeth Todt über eine dreiwöchige Feldforschungskampagne.

Blauer Himmel, flimmernde Luft und die idyllischen Landschaften des westlichen Spanien begrüßten uns, die Studierenden der Klassischen Archäologie der Universität Wien, diesen Sommer bei unseren Feldforschungen am Rande des römischen Imperiums.

Unsere dreiwöchige Kampagne erfolgte im Rahmen eines mehrjährigen, vom FWF finanzierten Projekts, das zum Ziel hat, Stadt-Land-Beziehungen in den römischen Provinzen Baetica und Lusitania zu erforschen. Beispielhaft wurden dafür zwei kleinere antike Städte ausgewählt, Mirobriga im heutigen Portugal und Regina Turdulorum in der Extremadura (Spanien). Neben dem Institut für Klassische Archäologie der Universität Wien unter der Leitung von Günther Schörner sind daran die Universität Marburg mit Felix Teichner, die Universidad de Cantabria und die lokalen Antikenbehörden beteiligt.

Um ein möglichst umfassendes Bild vom Leben im Umfeld der Siedlungen zu gewinnen, wird dabei eine Vielzahl an Methoden angewandt – neben verschiedenen naturwissenschaftlichen Analysen vor allem Fernerkundung (remote sensing), Geophysik und Surveys. Als weiterer wichtiger Baustein kam heuer eine Lehrgrabung hinzu, die von der Universität Wien finanziert wurde.

Die Lehrgrabung in Regina Turdulorum

Zu zwölft machten wir uns unter der Anleitung von Víctor Martínez Hahnmüller auf die Suche nach Überresten des römischen Regina Turdulorum. Diese antike Stadt, eine Gründung aus iulisch-claudischer Zeit, ist schon seit langem bekannt und teilweise ausgegraben: Sowohl die Forumsanlage mit mehreren Tempeln und einer Markthalle als auch das römische Theater können noch heute im archäologischen Park besichtigt werden. Der größte Teil ist jedoch unerforscht.

Studierende bei der Arbeit in der zweiten Grabungswoche.
Foto: Tomáš Sobihard

Im Mittelpunkt der diesjährigen Kampagne stand jedoch nicht nur das urbane Zentrum, sondern auch die Peripherie: Auf der Basis von vorhergegangenen geophysikalischen Untersuchungen fiel die Wahl unseres ersten Grabungsschnitts auf ein Areal innerhalb eines Wohnhauses. Ebenso wird eine Umwehrung für die Stadt seit langem angenommen, konnte bisher jedoch nicht archäologisch nachgewiesen werden. Mit großer Spannung begannen wir dementsprechend auch die Arbeiten im zweiten Grabungsschnitt am Stadtrand, der ein Gebäude voller Amphoren hervorbrachte, das auf die ausgezeichneten Handelsverbindungen der Stadt verweist. Nach drei Wochen Arbeit kamen somit neben erwarteten auch unerwartete Grabungsergebnisse und eine große Menge an bemerkenswerten Funden zutage.

Highlights unserer Grabungsfunde: 1) domitianische Silbermünze, 2) Amphore für Fischkonserven, 3) Gefäß mit Graffito, 4) gestempeltes Terra-Sigillata-Fragment, 5) Spielstein, 6) reliefiertes Terra-Sigillata-Fragment (nicht maßstabsgerecht).
Foto: Elisabeth Todt

Unter Sonne, Meer und Schafen

Während die eine Gruppe jeden Tag neue Funde aus dem Boden hervorholte, widmete sich ein weiteres Team von zehn Studierenden den überirdischen Hinterlassenschaften der Römer und ihrer Nachfolger. Über 350.000 Quadratmeter an schier endlosen gelben Feldern suchten wir unter der heißen spanischen Sonne in geraden Linien ab — auf die Dauer gar nicht so einfach, vor allem wenn einem plötzlich eine Schafherde entgegenkommt. Alle auf dem Feld liegenden Artefakte, ob es nun römische Münzen, arabische Keramik oder moderne Eisenstücke sind, wurden registriert, gezählt und zur Auswertung mitgenommen. Auf einem besonders ergiebigen Feld können so manchmal in zwei Stunden bloß 25 Meter zurückgelegt werden.

Wozu das Ganze? Am Ende der Kampagne können Fundverteilungskarten erstellt werden, die auf bestimmte Gebäude hinweisen, sodass die Bebauung im städtischen Umfeld rekonstruiert werden kann. Sogar sporadische Funde von Keramik können eine Vorstellung über die landwirtschaftliche Nutzung geben.

Einen solchen Einblick schufen wir uns übrigens nicht nur für das Umland von Regina. Im nahe gelegenen Gebirge begaben wir uns auf die abenteuerliche Suche nach längst verlassenen römischen Minen. Neben Regina Turdulorum untersuchten wir auch das hügelige Umland des portugiesischen Mirobriga – Blick auf den Atlantik inklusive – und stießen dabei auf neue Siedlungsspuren. Schon jetzt können wir sagen, dass aufgrund unserer Surveys das bisherige Bild vom Umland beider Städte gänzlich revidiert werden muss.

Das Survey-Team beim Begehen eines Feldes.
Foto: Günther Schörner

Ausgrabung und Survey bestimmten zwar den Großteil der drei Wochen, doch sie waren nicht alles. Man kommt nicht jeden Tag nach Spanien, sagten wir uns, und so wurden die freien Tage für Ausflüge genutzt. An einem Samstag fuhren wir auf die Burgruine Castillo de Reina, wo wir Regina von oben überblicken und unseren Arbeitsplatz aus der Vogelperspektive wahrnehmen konnten. Am letzten Wochenende unternahmen wir gemeinsam einen Ausflug nach Mérida.

Der sogenannte Diana-Tempel in Mérida.
Foto: Lana Marie Boroch

Dort besuchten wir die vielen hervorragend erhaltenen römischen Monumente und das Nationalmuseum für römische Kunst. Am Ende der Kampagne konnten wir uns nur schwer von Spanien trennen und freuen uns schon auf nächstes Jahr, wenn die Wiener Forschungen weitergeführt werden. (Pandora Aschauer, Lana Marie Boroch, Ines Guth, Elisabeth Todt, 7.11.2022)