Bild nicht mehr verfügbar.

Thomas Schmid noch als Öbag-Chef, im Februar 2018.

Foto: Ilgner/Picturedesk

Eines war für die Abgeordnete des ÖVP-Korruptionsausschusses schon zu dessen Beginn im Dezember 2021 klar: Der ehemalige Öbag-Chef und einstige Generalsekretär im Finanzministerium Thomas Schmid ist eine Schlüsselfigur für die Aufklärung der zahlreichen ÖVP-Affären. Demzufolge wurde seine Ladung mit großer Energie betrieben, wobei man jedoch lange Zeit erfolglos war.

Zuerst sagte Schmid wegen einer Terminkollision ab, dann zog er in die Niederlande, wo ihn ein Gerichtsvollzieher suchte. Es ergaben sich kuriose Diskussionen rund um die Frage, ob man eine erfolgreiche Zustellung der Ladung nach niederländischem Recht (nach zweimaligem Nichtantreffen Wurf in den Postkasten) oder nach österreichischem (nur persönlich) beurteilen müsse; auch die österreichische Botschaft in Den Haag wurde aktiviert.

Das Bundesverwaltungsgericht verhängte (nicht rechtskräftig) eine Geldstrafe, und der U-Ausschuss beschloss, Schmid solle bei seinem nächsten Aufenthalt in Österreich polizeilich vorgeführt werden. Dagegen wehrte sich zuerst das Innenministerium, das dann eine Kehrtwende vollzog und an Schmids ehemaliger Adresse in Wien anklopfte. Man traf einen italienischen Touristen, der die Wohnung als Airbnb-Unterkunft gemietet hatte.

Nervosität bei Ermittlern stieg

Diese Posse beobachtete man auch bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mit zunehmender Nervosität: Denn während all das vonstattenging, sagte Schmid längst vor verschiedenen Staatsanwälten aus, um den Status als Kronzeuge zu erhalten. Schlussendlich wurde es der WKStA zu heiß: Schmid müsse sich beim U-Ausschuss melden, erst dann werde man die letzten geplanten Einvernahmen durchführen, notierten Staatsanwälte im September einen Aktenvermerk.

Als die Justiz im Oktober verkündete, dass sich Schmid als Kronzeuge angeboten hat, klappte die Terminfindung plötzlich ohne Probleme. Und so kommt es, dass Schmid nach mehrmonatiger Suche nun doch vor den Abgeordneten erscheinen wird. Und er dürfte dort deutlich mehr sagen, als sich die U-Ausschuss-Mitglieder noch vor wenigen Wochen erwartet hatten. Zu vermuten ist, dass Schmid das Gremium nutzen will, um seine vor der WKStA getätigten Vorwürfe gegen die ÖVP-Politiker Sebastian Kurz, Wolfgang Sobotka und August Wöginger unter Wahrheitspflicht zu wiederholen. Die besteht für ihn als Beschuldigten bei der WKStA nämlich nicht – wenngleich eine wahre Aussage natürlich Voraussetzung für die Kronzeugenschaft ist.

Vorgegebene Themen

Am Donnerstag soll Schmid jedenfalls nur zu jenen Themen befragt werden, über die er bereits vor den Ermittlern ausgesagt hat. Worum es dabei geht: um das Beinschab-Tool; um Interventionen rund um das Steuerverfahren von Siegfried Wolf; den Verdacht auf Falschaussage von Kurz und dessen einstigem Kabinettschef Bernhard Bonelli; um Bestechungsvorwürfe gegen René Benko und ebensolche rund um Ex-Finanzminister Gernot Blümel und den Glücksspielkonzern Novomatic sowie um womöglich illegale Abfragen zum einstigen SPÖ-Wahlkampfmanager Tal Silberstein.

Eigentlich wollte die WKStA das mit den Fraktionen des U-Ausschusses im Rahmen des sogenannten Konsultationsvereinbarung vereinbaren – die ÖVP verhinderte eine Einigung allerdings. Nun hat das Justizministerium eine Klage beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) eingebracht, um Fragen zu laufenden und noch geheimen Ermittlungen zu verhindern.

Sobotka führt nicht den Vorsitz, ÖVP bei der Fragenrunde letztgereiht

Übrigens wird Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka nicht den Vorsitz beim heutigen U-Ausschuss führen. An seine Stelle tritt die Sozialdemokratin und Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures. Sobotkas Abwesenheit wurde zuletzt mit einer "seit langem geplanten Auslandsreise" entschuldigt.

Die ÖVP ist bei der Fragerunde mit Schmid diesmal außerdem letztgereiht, wie das Ö1-"Morgenjournal" berichtete. Es kann also sein, dass die Kanzlerpartei gar keine Frage stellen kann, sollte Schmid zuvor allzu ausschweifend antworten und die vierstündige Befragungszeit bis dahin um sein. (Fabian Schmid, 3.11.2022)