Als Restlverwertung aus der längst fällig gewesenen und nun abgeschlossenen Renovierung des Parlaments hat die Münze Österreich aus dem Blech des morschen Daches Kupfermünzen geprägt, die sie nun unter ein Publikum bringt, dem die numismatische Demonstration für fünf Euro feil ist. Um nichts anderes als eine solche kann es sich bei der Gedenkmünze handeln, sie soll in einer Phase des morschen politischen Anstandes daran gemahnen, dass in Österreich das Recht besser nicht von einem Klüngel ausgeht, der sich die Republik unter den Nagel reißen wollte und nach Misslingen dafür unverdrossen die Unschuldsvermutung einfordert.

Österreich ist eine demokratische Republik, ihr Recht geht vom Volke aus, ist dem halbedlen Metall der moralischen Scheidemünze fast unleserlich klein eingeprägt. Aber groß genug, um die Geister jener, die das demokratische "System" anklagen und über Bord werfen wollen, von denen zu scheiden, die darauf bestehen: So wollen wir nicht sein!

Kanzler Nehammer entschuldigte sich am Mittwoch für das Bild, das "die Politik" abgebe.
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Vielleicht wird unter dem neuen Dach des Parlaments manches besser, diese Woche gab es wenig Anlass zu solcher Hoffnung. Bundeskanzler Karl Nehammer besteht nicht mehr darauf, dass die ÖVP kein Korruptionsproblem hat, er entschuldigt sich für das Bild, das "die Politik" abgebe, will diese Politik aber ausschließlich nach strafgesetzlichen Kriterien beurteilt sehen, wenn es seine Partei betrifft. Wo kein Richter, da ist die Moral auch wurscht.

Geringschätzung der Volksvertreter

Schuldeingeständnisse im Stottermodus sind ein Fortschritt gegenüber seinem Vorgänger. Einem Sebastian Kurz wären sie nie über die Lippen gekommen, seine Geringschätzung der Volksvertreter, von denen indirekt alles Recht ausgeht, zeigte er unverhohlen telefonierend und mit ihnen zugedrehtem Rücken, Kritik wimmelte er als Zumutung ab. Parlamentarismus und neues Regieren gingen nicht zusammen. Nun lässt Nehammer zu, dass die ÖVP für dieses Verhalten auch noch die Unkosten übernimmt, indem sie Kurz den Rechtsanwalt zahlt. Nehammers Generalsekretär begründete dies mit der völligen Transparenz der Volkspartei, wo doch Kurz in Ausübung seiner Funktion in diese Situation gekommen sei. Hätte sie ihn nicht in diese Funktion gebracht, käme sie nun nicht nur moralisch billiger davon. Aber von Lernwilligkeit in Sachen demokratischer Gewaltenteilung zeugt es wenig.

Außerdem ist es ungerecht. Der Parlamentspräsident, dessen Vorsitzführung im Geiste der Objektivität mit dem Geist von Sebastian Kurz bestens harmoniert, bekommt von der Partei keinen Anwalt bezahlt. Da er völlig unschuldig ist, kann ja das Alois-Mock-Institut einspringen. Ein echtes, wenn auch älteres Opfer ist Karl-Heinz Grasser. Der erschütternden Klage ob seiner Anwaltskosten hat die ÖVP kein Ohr geliehen. Dabei kam auch er nur in Ausübung seiner Funktion in diese Situation.

Jetzt hat also Thomas Schmid vor dem U-Ausschuss ausgesagt. Nicht viel, und dass es überhaupt so weit kam, hatte man der außerparlamentarischen Intervention seiner Mutter zu verdanken. Er möge zu dem stehen, was er getan hat, mahnte sie ihn. Zuvor war er aufgefordert worden, zu dem zu stehen, was Kurz getan hat. So ist Mutter Partei. Zahlt sie ihm den Anwalt? Schließlich hat er alles in Ausübung der Funktion gemacht, in die ihn die neue Volkspartei gebracht hat. (Günter Traxler, 3.11.2022)