Demonstration in Teheran, 21. September.

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Kundgebung in Zahedan, 14. Oktober.

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Teheran/Berlin/Wien – Die deutsche Regierung hat deutsche Staatsbürger angesichts des gewaltsamen Vorgehens gegen die systemkritischen Proteste im Iran zur Ausreise aus dem Land aufgefordert. "Für deutsche Staatsangehörige besteht die konkrete Gefahr, willkürlich festgenommen, verhört und zu langen Haftstrafen verurteilt zu werden", hieß es am Donnerstag auf der Website des Auswärtigen Amts in Berlin. Österreich hat bereits am 4. Oktober eine Reisewarnung ausgegeben.

Das Außenministerium empfiehlt den Österreichern und Österreicherinnen dringend, das Land zu verlassen. Beim Außenministerium sind derzeit rund 140 Auslandsösterreicher und deren Familienangehörige im Iran registriert, teilte eine Sprecherin auf APA-Anfrage mit. Die überwiegende Mehrheit davon seien Doppelstaatsbürger, die das Land nicht verlassen wollen. Rund 40 Personen sind aktuell reiseregistriert.

Vor allem Doppelstaatsbürger, "die neben der deutschen auch noch die iranische Staatsangehörigkeit besitzen, sind gefährdet", hieß es in der Mitteilung des deutschen Außenamts. In jüngster Vergangenheit sei es zu einer Vielzahl willkürlicher Verhaftungen ausländischer Staatsangehöriger gekommen. Wer sich noch in dem Land aufhalte, solle sich sehr umsichtig verhalten, Demonstrationen und Menschenansammlungen sollten großräumig gemieden werden. Kommunikationsdienste seien weitgehend eingeschränkt, dies sei auch weiter zu erwarten.

Mullah erschossen

Im Iran ist in einem der Brennpunkte der regierungsfeindlichen Proteste ein hoher islamischer Würdenträger getötet worden. In der Stadt Sahedan sei das geistliche Oberhaupt einer schiitischen Moschee erschossen worden, berichtete die Nachrichtenagentur Irna am Donnerstag. "Eine Sondereinheit wurde gebildet, um die Täter zu identifizieren und zu verhaften", sagte der Polizeikommandant der Provinz Sistan-Balutschistan, Ahmad Taheri.

In Sahedan ist es mit zu den schwersten Zusammenstößen von Sicherheitskräften und Demonstranten in den vergangenen Wochen gekommen. Nach Angaben von Amnesty International töteten Sicherheitskräfte dort am 30. September mindestens 66 Menschen. Sahedan wird mehrheitlich von Sunniten geprägt, im Iran stellen aber Schiiten die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung. Ein hochrangiger sunnitischer Geistlicher hatte das Vorgehen gegen Demonstranten kritisiert und erklärt, Verantwortliche des Staates und das geistliche Oberhaupt Irans, Ajatollah Ali Chamenei, würden sich dafür vor Gott verantworten müssen.

Auch in der Großstadt Karadsch gingen am Donnerstag Tausende auf die Straße.

Demonstration in Karadsch. Laut BBC eröffnete die Polizei das Feuer auf die Protestierenden.

Irans Oberster Religionsführer Ali Khamenei hatte die Proteste kürzlich als "hybriden Krieg" bezeichnet und auch "heimtückische und böswillige europäische Mächte" dafür verantwortlich gemacht.

Auslöser der Proteste war der Tod der 22 Jahre alten iranischen Kurdin Mahsa Amini. Die Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie gegen die islamischen Kleidungsvorschriften verstoßen haben soll. Die Frau starb Mitte September in Polizeigewahrsam. Seit fast sieben Wochen demonstrieren zehntausende Menschen gegen die repressive Politik und den autoritären Kurs der Islamischen Republik. Mehr als 280 Menschen wurden nach Angaben von Menschenrechtlern getötet, mehr als 14.000 verhaftet. (red, APA, 3.11.2022)