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Wer sich jetzt den vierten Stich holen möchte und auch gegen die Influenza, also die echte Grippe, geschützt sein will, fragt sich vielleicht, ob dafür ein einziger Gang zum Impfzentrum reicht. Denn: Beide Impfungen können auch direkt hintereinander verabreicht werden. Aber ist das überhaupt sicher? Oder fallen mögliche Nebenwirkungen vielleicht doppelt so schlimm aus? Herwig Kollaritsch, Infektiologe und Mitglied des nationalen Impfgremiums (NIG), sieht "keinen medizinischen Einwand dagegen, die beiden Impfungen gleichzeitig zu verabreichen".

Bei beiden Impfstoffen handelt es sich um sogenannte inaktivierte Impfstoffe, sprich, sie enthalten keine vermehrungsfähigen Krankheitserreger und sind deshalb miteinander kombinierbar. Darum macht es für den Infektiologen auch Sinn, dass das deutsche Biotechunternehmen Biontech und sein Partner Pfizer bereits einen Kombiimpfstoff aus der Covid-19- und der Influenza-Impfung entwickelt haben.

Keine stärkeren Nebenwirkungen

Bei dem Kombiimpfstoff wird der bereits zugelassene BA.4/BA.5-Omikron-Booster gemeinsam mit einem Grippe-Impfstoff in nur einer Impfdosis verabreicht. Klinische Studien dazu haben vor kurzem in den USA begonnen. Kollaritsch erklärt: "Wenn dieser Impfstoff in den Studien seine Wirksamkeit beweist, wäre das ein großer Vorteil. Vielleicht könnten wir in Zukunft die Impfungen synchronisieren." Das heißt: Möglich wäre, dass für Personen die keiner Risikogruppe angehören, in Zukunft nur noch einmal – vor Beginn der kühlen Jahreszeit – diese Kombiimpfung angeboten wird. Wann und ob das neue Vakzin zugelassen wird, ist jedoch noch nicht bekannt.

Die Sorge, dass mögliche Nebenwirkungen der Impfungen wie Fieber, Abgeschlagenheit, Müdigkeit oder ein schmerzender Arm doppelt so stark auftreten könnten, kann der Infektiologe nicht bestätigen: "Stärkere Impfreaktionen sind bei einer doppelten Impfung nicht zu erwarten." Auch bei Babys und Kleinkindern, die eine Sechsfachimpfung bekommen – dort werden sechs Impfstoffe in einem Impfstoff verabreicht –, gibt es keine stärkeren Nebenwirkungen. "Ihnen tut danach der Arm genauso weh, als hätten sie nur einen Impfstoff bekommen. Genauso ist das auch, wenn man eine Corona-Impfung und eine Grippe-Impfung gleichzeitig verimpft."

Erhöhte Virusaktivität

Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass man vor einer Grippe-Impfung vollständig gesund sein muss. Laut Kollaritsch stellen jedoch "banale Krankheitsanzeichen wie Husten, Schnupfen, Heiserkeit oder auch erhöhte Temperatur bei keiner Impfung eine Kontraindikation dar". Es könne also ohne Bedenken geimpft werden, auch wenn kleinere Erkältungsanzeichen bestehen.

Wann und wie groß eine diesjährige Grippewelle eintreten wird, ist derzeit noch nicht bekannt. Noch sei sie auch nicht wirklich in Sicht. "Aber die Virusaktivität hat sich in den vergangenen Wochen deutlich erhöht", weiß Kollaritsch.

Kollaritsch empfiehlt: "Man sollte sich rund um den Faschingsbeginn am 11. November gegen Influenza impfen lassen, damit man bis zum Valentinstag am 14. Februar gut geschützt ist. Oder mit anderen Worten: Jetzt ist der ideale Zeitpunkt für die Grippeimpfung." Für wen zusätzlich auch noch die vierte Corona-Impfung ansteht, also alle, bei denen die letzte Covid-19-Impfung oder die letzte Infektion mehr als vier bis sechs Monate her ist, kann sich beide Impfungen gleichzeitig geben lassen, ohne stärkere Nebenwirkungen zu befürchten. (Jasmin Altrock, 7.11.2022)