Die Klimakonferenz COP27 dauert bis zum 18. November.

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Wien / Sharm el-Sheikh – Heute startet die Klimakonferenz COP27, die heuer von 6. bis 18. November im ägyptischen Sharm el-Sheikh stattfindet. Laut dem Leiter der WKO-Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik, Jürgen Streitner, dürfen die Erwartungen an die Ergebnisse der Konferenz heuer nicht zu hoch gesteckt werden. Für die EU sei es vor allem wichtig, Allianzen mit jenen Ländern zu schmieden, die bereits ambitionierte Klimaziele verfolgen, so Streitner in einem Gespräch mit der APA.

"Die Herausforderungen bei der diesjährigen Klimakonferenz sind nicht kleiner geworden. Vieles wird vom Ukraine-Krieg überschattet, das hat definitiv Auswirkungen auf die internationale Klimadiplomatie", sagte Streitner. Vor allem Gespräche zwischen Industrie- und Schwellenländern könnten laut Streitner schwierig werden, da die Ziele und Ambitionen beim Thema Klimaschutz zwischen diesen Ländern sehr unterschiedlich seien.

"Viele nicht bereit, mitzuziehen"

Mit dem Ziel, die Emissionen um 55 Prozent bis 2030 zu reduzieren, habe die europäische Union bei den Klimazielen weltweit die Nase vorn. "So ein Ziel hat bisher kein anderer Staat auf den Tisch gelegt", sagte er. Aber auch die USA, die seit dem Amtsantritt von Präsident Joe Biden Anfang vergangenen Jahres wieder Teil des Pariser Klimaschutzabkommens sind, wollen 50 bis 52 Prozent ihrer Treibhausgase bis 2030 reduzieren. Der große Unterschied sei jedoch, dass das Basisjahr der USA nicht wie bei der EU 1990 sei, sondern 2005, in dem die USA laut Streitner den Peak der Treibhausgasemissionen erreicht hätten. "Das Ziel ist also vergleichsweise weniger ambitioniert", sagte er. China, als einer der weltweit größten Emittenten, sei noch "weit weg von wünschenswerten Ambitionen".

"Viele Länder sind bei den Klimazielen auch nicht bereit, so mitzuziehen, wie die EU das möchte, das wird uns nicht gelingen", so Streitner. Beispielsweise würde China derzeit massiv in den Kohleausbau investieren, laut der globalen Kohlefirmendatenbank "Global Coal Exit List (GCEL)" seien weltweit derzeit rund 476 Gigawatt (GW) neue Kohlekraftwerkskapazität in Planung, 61 Prozent davon in China. Das, obwohl das Land am Rande der Klimakonferenz vergangenes Jahr einen Pakt mit den USA unter anderem zum Kohleausstieg unterzeichnet hatte.

Mehr Hoffnung auf Bundesregierung

"Wir sind jetzt in der Situation, in der es besonders schwierig ist, China und andere Schwellenländer zu verbindlichen Maßnahmen zu bringen", so Streitner. Umso wichtiger sei deshalb, dass die EU sich beim Klimaschutz mit anderen Ländern, vor allem den USA, zusammentue. Pläne, einen solchen internationalen "Klimaclub" ins Leben zu rufen, haben die G7 bereits bei einem Gipfel im Juni besprochen. Zur Gruppe der G7 gehören neben Deutschland die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan. "Die EU muss mit den USA massiv zusammenarbeiten, um beim Klimaschutz nicht alleine dazustehen", so Streitner. Derzeitige Überlegungen der EU zu "Klimazöllen" seien eher kontraproduktiv. "Wir dürfen uns nicht abschotten", betonte er.

"Bei der Klimakonferenz wird viel von Zielsetzungen gesprochen", so Streitner. Viel wichtiger seien jedoch konkrete Maßnahmen. Diese erwartet sich Streitner aber weniger von der Klimakonferenz als von der österreichischen Bundesregierung. Zwar würden seit der Ukraine-Krise beispielsweise der Ausbau erneuerbarer Energieträger in Österreich und der EU rascher voranschreiten, durch die steigenden Energiepreise würden aber viele Unternehmen "mit dem Rücken zur Wand stehen".

Mehr Förderungen erwünscht

Vor allem beim Thema Unternehmensförderung sieht Streitner deshalb hierzulande noch Nachholbedarf. Er begrüßte zwar das Mitte Oktober von der Regierung geschnürte Milliarden-Förderpaket für die Umstellung auf eine klimafreundliche und energieneutrale Industrie, womit bis 2030 insgesamt rund 5,7 Milliarden Euro in die Klima- und Transformationsoffensive fließen sollen. Das Problem beim Umstieg auf klimafreundliche Verfahren in der Industrie seien aber nicht nur die anfänglichen Investitionskosten, sondern auch die Betriebskosten. Auch diese müssten laut Streitner gefördert werden.

Zudem brauche es zusätzliche Instrumente, um die hohen Energiepreise abzufedern, gleichzeitig müssten Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. "Die Österreichischen Unternehmen sind schon sehr weit, jedes Unternehmen hat sich beim Thema Klimaschutz Gedanken gemacht", so Streitner. "Die Pläne sind da, jetzt braucht es Maßnahmen", sagte er. (APA, 6.11.2022)