Vertreterinnen und Vertreter aus mehr als 200 Ländern nehmen an der Konferenz teil.

Foto: AP / Peter Dejong

Die 27. UN-Weltklimakonferenz (COP) ist am Sonntag im ägyptischen Badeort Sharm el-Sheikh gestartet. Der Gipfel steht unter dem offiziellen Motto "Together for Implemenation", soll sich also vor allem der konkreten Umsetzung von Klimaschutzversprechen widmen.

Bereits im Vorfeld dominierte allerdings ein ganz anderes Thema die Konferenz. Die besonders vom Klimawandel betroffenen Entwicklungsländer und Inselstaaten verlangen schon seit Jahrzehnten vergeblich Kompensation für die unwiederbringlichen Schäden und Verluste, die durch die Klimaveränderungen entstehen. Doch die Industrieländer, die für Schäden in Milliardenhöhe aufkommen müssten, verwehrten sich dieser Diskussion bisher.

Da sich die Delegierten vor der Konferenz zunächst nicht auf eine Agenda einigen konnten, wurde die Eröffnung am Sonntag um einige Stunden verschoben. Letztendlich schaffte es der Punkt, der im Fachjargon "Loss and Damage" heißt, auf die Tagesordnung der Konferenz – zum ersten Mal in der Geschichte der Klimakonferenzen.

Ägypten setzte Klimaschäden auf Agenda

Dass es so weit kam, liegt wohl auch an der ägyptischen Präsidentschaft, die bereits klar gemacht hat, eigene Schwerpunkte setzen zu wollen. Dass "Loss and Damage" auf der Tagesordnung steht, sei "historisch" und zeige "einen Sinn für Solidarität und Mitgefühl für das Leiden der Opfer klimabedingter Katastrophen", sagte der Präsident der COP27, der ägyptische Außenminister Sameh Shoukri, vor den Delegierten aus mehr als 190 Staaten.

Ob es tatsächlich zu einer Finanzierungsfazilität für Klimaschäden kommt, wie sie die Länder des globalen Südens fordern, ist allerdings ungewiss. Denn wie zäh die Verhandlungen über Fördertöpfe sein können, zeigt der "Green Climate Fund". Dieser soll etwa Klimaschutzprojekte, etwa den Ausbau erneuerbarer Energien, sowie Anpassungsmaßnahmen, wie zum Beispiel Wälle gegen den steigenden Meeresspiegel, finanzieren.

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Geldtöpfe noch nicht voll

Bereits 2009 sagten Industrieländer zu, den "Green Climate Fund" mit 100 Milliarden Euro jährlich zu füllen. 2020 wurden allerdings nur rund 83 Milliarden mobilisiert. Die Rechnung für Klimaschäden dürfte im Vergleich dazu viel höher ausfallen: Schon heute werden sie auf hunderte Milliarden Euro jährlich geschätzt, bis Mitte des Jahrhunderts könnten der Betrag in die Billionen gehen. Immer wieder wird auch über eine Art Klimaversicherung diskutiert.

Umweltschutzorganisationen plädieren für einen Finanztopf für Klimaschäden und -verluste. "Österreich und die EU dürfen nicht weiter die Augen vor ihrer historischen Verantwortung verschließen und müssen die Finanzierung zusichern", fordert etwa Jasmin Duregger von Greenpeace Österreich.

Auch was die Verminderung des Ausstoßes von Treibhausgas-Emissionen angeht, gibt es nur wenig Fortschritte. Bei der letztjährigen Klimakonferenz in Glasgow verpflichteten sich die knapp 200 Vertragsstaaten des Pariser Klimaabkommens, noch in diesem Jahr ambitioniertere Reduktionsziele, sogenannte NDCs, vorzulegen. Doch bis zum Start des Konferenz hatten nur 26 Staaten ihre strengeren Pläne vorgelegt.

Welt hat sich bisher um 1,15 Grad erwärmt

Wie drängend die Situation ist, zeigte einmal mehr ein Bericht, den die Weltmeteorologieorganisation (WMO) am Sonntag veröffentlicht hat. Die vergangenen acht Jahre waren – laut vorläufigen Zahlen für 2022 – die heißesten sein Beginn der Aufzeichnungen. Das Grönlandeis sei heuer nicht nur zum 26. Mal in Folge geschmolzen, erstmals regnete – statt schneite – es in Grönland im September. Seit der Industrialisierung hat sich die Erde bereits um rund 1,15 Grad erwärmt. Das Ziel, die Erhitzung auf 1,5 Grad zu beschränken, gerät dabei immer weiter aus den Augen.

Pünktlich zum Start der Klimaverhandlungen hat Alaa Abdelfattah sein letztes Glas Wasser getrunken. Der britisch-ägyptische Blogger ist einer von schätzungsweise 60.000 politischen Gefangenen, befindet sich seit Monaten im Hungerstreik und will nun auch auf das Trinken verzichten.

Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Situation in Ägypten. Staatschef Abdelfattah al-Sisi, der 2013 nach einem Militärputsch an die Macht kam, regiert mit eiserner Faust: Demonstrationen sind de facto verboten. Während der Konferenz sind Proteste nur in bestimmten Zonen erlaubt. (pp, 6.11.2022)