An der kommenden Generation Virtual Reality fällt vor allem auf, das sie teuer sein wird.

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Ich seh‘, ich seh‘, was du nicht siehst – und das ist zu teuer. Virtual Reality verspricht seit Jahrzehnten durchzustarten und wusste im Endeffekt noch mit jedem ihrer Anläufe in irgendeiner Form zu enttäuschen. Mit der nächsten Generation in den Startlöchern wird immer klarer, dass sich diese Geschichte wiederholen dürfte. Besonders die Preise von Metas Quest Pro und Sonys Playstation VR 2 haben das Potenzial, sogar unbelehrbare Early Adopter wie mich abzuschrecken.

Leidenschaft mit Historie

Dabei hat die Faszination für Virtual Reality seit meinem Erstkontakt in den frühen 1990ern selten nachgelassen: Damals half ein Cyber 1000CS meiner Fantasie in einer Spielhalle auf die Sprünge. Die Möglichkeiten für eine interaktive Zukunft mit Headset überschlugen sich in meinem Kopf. Nach heutigen Maßstäben war das System der Marke Virtuality ein furchteinflößendes Ungetüm in Form einer retrofuturistischen Kanzel – mit einem Bildschirmhelm, der alleine schon mit der Größe einer Playstation 5 konkurrieren konnte.

Mit so einem Ungetüm begann meine Faszination für Virtual Reality.
Harry Yack

Spult man die Zeit rund 30 Jahre und etliche Hardware-Generationen vor, hat sich zweifelsohne viel verändert. Die Hardware ist deutlich geschrumpft und die gezeigten Inhalte benötigen nicht mehr allzu viel Vorstellungskraft, um die Intention der Entwickler nachvollziehen zu können. Aber selbst mit viel Liebe und Nachsicht sind grundlegende Defizite nicht wegzudiskutieren.

Insbesondere für die breitere Öffentlichkeit ist die Vielzahl unterschiedlicher Systeme nur schwierig zu durchschauen. Hinzu kommen oft Probleme bei der Installation, bei der Integration in bestehende Systeme oder aufgrund von mangelhafter Software-Unterstützung. Noch immer kämpft Virtual Reality auch mit fehlendem Tragekomfort, häufig kombiniert mit eingeschränkter Bewegungsfreiheit. Kurzum: Der Aufwand ist in den meisten Fällen immer noch viel zu hoch. Und die Angelegenheit ist zu unbequem, wenn man bedenkt, dass man mit Erlebnissen belohnt wird, die kaum über einen flüchtigen Wow-Charakter hinausgehen. Von seltenen, aber möglichen gesundheitlichen Problemen – Stichwort Motion Sickness – mal ganz abgesehen.

Kurzer Lichtblick

Mit der Veröffentlichung der Meta Quest 2 vor zwei Jahren schienen zumindest einige dieser Probleme wie weggeblasen. Insbesondere das intuitive Einrichten und Nutzen im Alltag sind wirklich vorbildlich simpel. Das kabellose Headset kann eigenständig betrieben, aber auch über Funkverbindung als Ausgabegerät für PC-Software verwendet werden. Die Bildqualität und das Sichtfeld sind akzeptabel, in Kombination mit einer Powerbank auch längere Sessions kein Problem.

Doch auch hier bleibt wieder ein fahler Beigeschmack: Das verpflichtende Anlegen eines Nutzerkontos bei Meta (davor bei Facebook) und das Gefangensein im tendenziell teuren Ökosystem der Anwendungen, wenn man nicht weiß, wie man "ausbrechen" kann, können den Spaß erheblich trüben. Nicht zuletzt eine empfindliche Preiserhöhung auf 450 Euro in der Basisversion relativieren den Eindruck, ein VR-Schnäppchen gemacht zu haben. Oder vielleicht doch nicht?

Neue Generation, alte Muster

Wenn man sich nämlich die Preise für die Headsets der kommenden Generation ansieht, sind sie derzeit noch weiter entfernt von dem, was das Budget eines Normalsterblichen hergibt. Die Meta Quest Pro kostet 1.799 Euro, also ziemlich genau das Vierfache einer Quest 2. Gemessen daran, dass die konsumierbaren Inhalte und Anwendungsbereiche derzeit noch weitgehend die gleichen sind, drängt sich trotz technischer Verbesserungen schon die Frage nach der Verhältnismäßigkeit auf.

Natürlich will Meta mit der fortgeschrittenen Pro-Version seiner Brille auch ein Publikum von Office-Anwendern ansprechen, insbesondere durch professionelle Anwendungsgebiete im viel belächelten Hoffnungsträger Metaverse. Aber das ist für Kundinnen und Kunden derzeit tatsächlich kaum etwas anderes als ein teures Ticket für einen Zug, dessen Schienen erst gelegt werden müssen.

Und die Playstation VR 2 von Sony hinterlässt mit 599 Euro auch nicht unbedingt einen preiswerten Eindruck. Rechnet man zum Headset noch den Preis der erforderlichen Konsole dazu, die man übrigens noch immer nicht ohne weiteres im gutsortierten Fachhandel ums Eck bekommt, wird Virtual Reality von Sony knapp 1.150 Euro kosten. Software ist dabei noch nicht mitgerechnet. Für ein Erlebnis, bei dem man immer noch kabelgebunden und somit in seiner Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt an einer Konsole hängt, ist das eine starke Ansage. Überhaupt, wenn man das anfänglich noch überschaubare Angebot an Erlebnissen berücksichtigt.

Wie sich Virtual Reality dadurch etablieren soll, kann man sich letztlich nur schwer vorstellen. Wie beim Aufsetzen einer VR-Brille sehen aber manche offenbar schon Dinge, die die breite Masse von außen nicht erkennen kann: Der ewige Early Adopter nach wie vor riesige Erlebniswelten, auf die er nur einen kleinen Vorgeschmack bekommt. Und die Unternehmen ein lukratives Geschäft, das sich langfristig bezahlt machen soll. Auch diese Perspektiven benötigen viel Vorstellungskraft. So wie damals das Cyber 1000CS. (Benjamin Brandtner, 7. 11. 2022)