Foto: Heribert Corn

An den Werktischen herrscht bereits reges Treiben. Es wird geschraubt, begutachtet und nach Lösungen gesucht. Jeden letzten Donnerstag im Monat findet im Kulturhaus Brotfabrik in der ehemaligen Ankerbrotfabrik in Wien ein Repair-Café statt. Kommen kann jeder, der etwas zu reparieren hat – vom Taschenmesser, das sich nicht mehr zuklappen lässt, bis zum Keyboard, das keinen Ton mehr spielt. Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer versuchen die Dinge wieder zum Laufen zu bringen, mithelfen ist erwünscht.

Es wird geschraubt, inspiziert und beratschlagt – im Repair-Café wird versucht, kaputte Geräte wieder zum Laufen zu bringen.
Foto: heribert Corn

Oft braucht es nicht viel, meist reicht schon das passende Werkzeug. Gerade kommt eine alte Dame mit einem in die Jahre gekommenen Wasserkocher herein. Sie ist froh über dieses Angebot. "Ich muss sparen. Gas ist teuer, und mit meinen beiden Wasserkochern kann ich beim Kochen Energie sparen." Das richtige Werkzeug zum Aufschrauben ist bald gefunden, behoben werden kann das Problem aber leider nicht. Die Zeit dieses Wasserkochers ist abgelaufen.

Herr Walter bei der Fehlersuche an einem defekten Verteiler.
Foto: Heribert Corn

Die meisten Raparatursuchenden sind heute das erste Mal hier, so auch Frau Miksch. Im Gepäck hat sie einen Verteilerstecker, bei dem der Ein-/Ausschaltknopf klemmt, ein Bügeleisen und diverse Tischlampen. Vom Repair-Café hat sie im Rahmen des Repair-Festivals, das von Mitte Oktober bis Anfang November in Wien stattgefunden hat, erfahren. "Die Idee ist super", sagt sie. Die Dinge, die sie mitgenommen hat, liegen schon länger in der Wohnung herum. "Zum Wegwerfen sind sie eigentlich noch zu schade, spenden kann man aber nur funktionierende Dinge." Hier können die Gegenstände noch einmal kostenlos überprüft und im besten Fall auch repariert werden. "Wenn sie wieder funktionieren, bringe ich sie zur Caritas. Vielleicht kann sie jemand brauchen."

Reparieren statt wegwerfen

Österreichweit gibt es rund 150 solcher Reparaturinitiativen, die vom freiwilligen Engagement getragen werden. Leute, die handwerkliches Geschick oder technisches Know-how haben, sind gefragt. Manuela ist regelmäßig als freiwillige Helferin dabei. Die Erfolgsquote der gelernten Elektrikerin liegt nach eigenen Angaben bei 99,9 Prozent. "Das meiste kann repariert werden", ist sie überzeugt. Heute ist der Fall aber kniffliger. Herr Gleiss, ein pensionierter Lehrer, hat ein defektes Keyboard mitgebracht. "Das Keyboard hat schon länger Mätzchen gemacht, seit einem halben Jahre geht aber gar nichts mehr", sagt er.

Die Fehleranalyse sei ohne Schaltpläne schwierig, das gehe in den Bereich Elektronik, da stößt auch Manuela an ihre Grenzen. Sie hat ihren eigenen gut ausgestatteten Werkzeugkoffer mit, die Caritas Wien, die dieses Reparatur-Café betreibt, stellt aber auch Werkzeug, diverse Schrauben und teilweise auch Ersatzteile zur Verfügung. Aber auch hier sei man auf Spenden angewiesen, sagt Ana Mumladze-Detering, sie ist heute für den Ablauf vom Organisationsteam der Caritas dabei.

"Der Fehler kann überall begraben sein, wenn da auf der Leiterplatte auch nur ein kleines Teil durchgeschmort ist, kann ich es kaum finden", sagt Manuela. Aber aufgeben gibt es für sie nicht, und so wird Spannung gemessen, an verschiedenen Bauteilen der Platine sanft gerüttelt und nach Problemlösungen gesucht.

Seit ihrer Pensionierung vor gut eineinhalb Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich beim Josefbus der Caritas Wien. Dieser mobile Service unterstützt bedürftige Menschen im privaten Wohnbereich mit handwerklicher Hilfe und einfachen Reparaturen. So habe sie auch von diesem Repair-Café erfahren und auch davon, dass dafür Freiwillige, die praktisch und technisch versiert sind, gesucht werden, erzählt sie. Überreden musste man sie dafür nicht. Denn auch wenn sie beruflich später nicht als Elektrikerin gearbeitet hat, ist das Reparieren von Dingen ihre Leidenschaft geblieben. "Ich sage immer, den Akku-Schrauber nehme ich mit ins Grab."

Nach eineinhalb Stunden hat Manuela auch diesen Fall gelöst. Auf dem Keyboard kann wieder gespielt werden. "Heute hab ich kurz befürchtet, dass meine Erfolgsquote sinkt, aber ich hab’s wieder geschafft", freut sie sich.

Zweite Chance

Walter, ein pensionierter Installateur, zerlegt gerade einen Kaffeevollautomaten. Ehrenamtlich hat er sich schon in vielen Bereichen eingebracht – von der Sterbebegleitung bis hin zum Josefbus und seit einiger Zeit auch beim Repair-Café. Es gefällt ihm, mit seinem praktischen Können anderen zu helfen. "Ich war bei der Stadt Wien angestellt und habe lange Zeit eine Dienststelle geleitet – also hauptsächlich Büroarbeit", erzählt er.

Die Kaffeemaschine haben zwei Mitarbeiter eines nahegelegenen Pflegewohnhauses mitgebracht. Seit sechs Jahren sei der Kaffeeautomat in Betrieb, in letzter Zeit funktioniere er aber nicht mehr so, wie er sollte, erklärt Pflegewohnhausmitarbeiter Herr Gründinger. Und bevor sie sich um ein neues Gerät umschauen wollten, haben sie recherchiert, ob es nicht eine kostengünstige Möglichkeit für eine Reparatur gebe. "So sind wir auf das Repair-Café gekommen." Die Fehlerursache kann auch rasch identifiziert werden, behoben kann der Fehler aber nicht werden, denn die passenden Ersatzteile gibt es dafür im Repair-Café nicht. "Aber wir wissen nun, welche Teile wir brauchen, und die Kosten dafür sind überschaubar. Bevor wir uns eine neue Maschine zulegen, versuchen wir es mit Reparieren", sagt Gründinger zufrieden. Er ist sich sicher, dass er wieder herkommen wird, wenn einmal ein Gerät nicht mehr so läuft, wie es sollte.

Bevor Geräte entsorgt werden, bekommen sie im Repair-Café noch eine zweite Chance.
Foto: Heribert Corn

Reparaturinitiativen wie das Repair-Café in der Brotfabrik erfreuen sich steigender Beliebtheit. Im Vorjahr wurden von den verschiedenen Initiativen insgesamt 211 Reparaturveranstaltungen organisiert, 2022 werden es 378 sein. Die geschätzte Besucherzahl belief sich im Vorjahr auf 26.600 Personen, rund 3100 Freiwillige helfen. Am häufigsten werden elektrische Haushaltsgeräte repariert, heißt es dazu von Repanet (Re-Use- und Reparaturnetzwerk Österreich). 66 Prozent aller Reparaturen waren erfolgreich. An vielen Orten fehle es aber an Freiwilligen, wie eine Umfrage im Repanet-Netzwerk zeigt: 90 Prozent der befragten Reparaturinitiativen würden sich über Unterstützung von neuen Ehrenamtlichen freuen. (Gudrun Ostermann, 1.12.2022)