Die US-Regierung ist allem Anschein nach seit Monaten auf informeller Ebene aktiv, um den Ukraine-Krieg nicht über den aktuellen Rahmen hinaus eskalieren zu lassen.

Diskreter Verhandler: US-Sicherheitsberater Jake Sullivan.
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Geheime Kontakte

Nachdem die "New York Times" am Sonntag berichtet hatte, dass US-Regierungsvertreter den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj dazu bewegen wollen, zumindest in Ansätzen Verhandlungsbereitschaft mit Moskau zu signalisieren, schrieb am Montag das New Yorker "Wall Street Journal" von weiteren diskreten diplomatischen Initiativen: So führe US-Sicherheitsberater Jake Sullivan seit Monaten vertrauliche Gespräche mit Kreml-Berater Juri Uschakow und mit Nikolai Patruschew, dem Sekretär des russischen Sicherheitsrates. Der Kreml wollte das auf Nachfrage des US-Blattes nicht kommentieren.

Im Kern dieser Unterredungen sei es zuletzt vor allem um die Vermeidung einer potenziell nuklearen Eskalation gegangen: Diese Sorge war durch Äußerungen des Kreml genährt worden, dass man einerseits nicht vor dem begrenzten Einsatz von Nuklearwaffen zurückschrecken werde; andererseits aber auch durch Behauptungen, die Führung in Kiew plane den Einsatz einer radioaktiven "schmutzigen Bombe" – wofür es aber nach Versicherung der Ukraine, der Nato und auch der internationalen Atomenergiekommission IAEA keinerlei Hinweise oder gar Beweise gebe.

Kampfgeschehen

Auf den Schlachtfeldern in der Ukraine kommt das russische Militär offenbar immer stärker unter Druck. Wie das Infoportal "The Insider" berichtet, habe Russland innerhalb von vier Tagen rund 300 Soldaten bei Kämpfen im Gebiet Donezk verloren. Quelle der Information sei ein Beschwerdeschreiben von Angehörigen einer russischen Kampfeinheit. Das russische Verteidigungsministerium räumte zwar Verluste ein, diese seien aber bei weitem nicht so hoch. Am Montag warfen sich die ukrainische und die russische Seite gegenseitig den Beschuss und die Zerstörung ziviler Infrastruktur im Gebiet Saporischschja und in der Stadt Donezk vor.

Währenddessen konzentrierten die Ukrainer weiter ihre Streitkräfte rund um Cherson, auch die Evakuierung der Zivilbevölkerung ging dort weiter. Es ist erklärtes Ziel der ukrainischen Regierung, die Großstadt von den Russen zurückzuerobern.

Getreideexporte

Massiv sind, wie zu erwarten war, die Folgen des Krieges für die ukrainische Getreidewirtschaft, eine der Säulen der ukrainischen Ökonomie. In der Liefersaison 2022/23 werde der Export um fast ein Drittel zurückgehen, informierte das Kiewer Landwirtschaftsministerium. Die Ukraine ist einer der größten Getreideexporteure weltweit und unter anderem für Märkte in Afrika und in der arabischen Welt von besonderer Bedeutung. (Gianluca Wallisch, 7.11.2022)