Laut der Menschenrechtsorganisation HRANA sind bis vergangenen Samstag 318 Demonstranten während der Proteste im Iran getötet worden.

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Teheran – Der iranische Staat droht inhaftierten Demonstranten schwere Strafen an. Die Öffentlichkeit verlange einen entschlossenen und abschreckenden Umgang mit jenen, die die Unruhen verursacht hätten, erklärte am Dienstag der Sprecher des Justizwesens in der Islamischen Republik, Massud Setajeshi, mit Blick auf die seit sieben Wochen andauernden regierungsgegnerischen Kundgebungen.

In Gefängnissen warten über 1.000 Insassen, die in der Provinz Teheran angeklagt wurden, auf ihren Prozess. Ihnen werden unter anderem Sabotage und Angriff auf Sicherheitskräfte vorgeworfen. Mehrere Kriminal- und Revolutionsgerichte befassen sich demnach mit den Fällen. Die Verhandlungen sollen in der Mehrheit öffentlich sein. Weitere Details zu den Anklagen gab es nicht.

Prominenter Anwalt festgenommen

Auch der prominente iranische Anwalt Mostafa Nili wurde nach Angaben seiner Familie von den Revolutionsgarden festgenommen. Er sei am Montagabend am Internationalen Flughafen von Teheran in Gewahrsam genommen worden, schrieb seine Schwester Fatemeh Nili im Kurzbotschaftendienst Twitter. Anschließend hätten die Revolutionswächter das Haus seiner Mutter durchsucht.

Nili sei eine der "wenigen Hoffnungen für Bürger zur Verteidigung gegen ein politisches System, das ein Feind der Anwälte" sei, erklärte der Anwalt Said Dehghan. Doch hielten sich die Revolutionswächter selbst für "das Recht".

HRANA: 49 Minderjährige getötet

Nach Angaben von Menschenrechtlern wurden bisher fast 15.000 Teilnehmer der Demonstrationen festgenommen. Die Proteste haben sich über das ganze Land und nicht nur über die Provinz Teheran erstreckt. Auslöser der Proteste war der Tod der 22 Jahre alten iranischen Kurdin Mahsa Amini. Die Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie gegen die islamischen Kleidungsvorschriften verstoßen haben soll. Die Frau starb am 16. September in Polizeigewahrsam. Seit ihrem Tod demonstrieren landesweit Zehntausende gegen den repressiven Kurs der Regierung sowie das islamische Herrschaftssystem.

Die Proteste sind zur größten Herausforderung für die geistliche Führung seit 1979 geworden. Damals wurde im Zuge der Islamischen Revolution der Schah gestürzt, und die Islamischen Republik wurde ausgerufen. Nach Angaben der in den USA ansässigen Menschenrechtsorganisation HRANA sind bis vergangenen Samstag 318 Demonstranten bei den Unruhen getötet worden, darunter 49 Minderjährige. 38 Angehörige der Sicherheitskräfte sind demnach ebenfalls getötet worden. (APA, red, 8.11.2022)