Österreichs aktuelles System des Maßnahmenvollzugs stammt noch aus den 1970er-Jahren.

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Wien – Die schon länger diskutierte Reform des Maßnahmenvollzugs soll demnächst stehen. Dem Vernehmen nach sind die Verhandlungen zwischen Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und der ÖVP weit fortgeschritten, heißt es aus Regierungskreisen gegenüber der APA.

Der Abschluss soll kurz bevorstehen. Schwerpunkt sind die sogenannten Unterbringungsvoraussetzungen – also wann vorbeugende freiheitsentziehende Maßnahmen gegen bestimmte Täter gesetzt werden dürfen.

Entwurf in Begutachtung geschickt

Das aktuelle System des Maßnahmenvollzugs stammt noch aus den 1970er-Jahren, als die Unterbringung in "Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher" eingeführt wurde. Nach viel Kritik, stark steigenden Zahlen der so Untergebrachten und Verurteilungen durch den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof wurde bereits im Vorjahr ein entsprechender Entwurf in Begutachtung geschickt.

Der Maßnahmenvollzug (offiziell: "Mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahmen") soll dazu dienen, neben der bzw. über die verhängte Strafe hinaus eine wahrscheinliche Begehung weiterer strafbarer Handlungen durch den Verurteilten zu verhindern. So können gefährliche Straftäterinnen und Straftäter oder Personen, die aufgrund mangelnder Schuldfähigkeit nicht verurteilt werden können, bzw. gefährliche Rückfallstäterinnen und -täter in den Maßnahmenvollzug kommen.

Kritik wegen minderschwerer Delikte

An den aktuellen Regelungen kritisiert wurde, dass immer mehr Menschen wegen sogenannter minderschwerer Anlasstaten – etwa Nötigung – im Maßnahmenvollzug untergebracht wurden. Diese stellten bereits 2010 erstmals die anteilsmäßig größte Gruppe der Eingewiesenen dar. Das soll sich nun ändern.

Im Begutachtungsentwurf im Vorjahr wurden die Strafschwellen für die Anlasstat erhöht (mit Ausnahmen bei hoher Gefährlichkeit des Täters). So sollen nur jene psychisch kranken Menschen in den Maßnahmenvollzug, bei denen das aufgrund ihrer Gefährlichkeit erforderlich ist – die anderen sollen im regulären Gesundheitssystem behandelt werden. (APA, 8.11.2022)