Changpeng "CZ" Zhao teilt mit Musk eine Weltanschauung.

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Platz 19 mag nicht aufregend klingen, bedeutet aber auf der Liste der reichsten Menschen der Welt immer noch ein geschätztes Vermögen von 65 Milliarden Dollar. Diese Platzierung in der "Forbes"-Liste macht Changpeng Zhao aber zum reichsten Menschen der Kryptoszene. Sein Aufstieg war spektakulär schnell: Noch 2019 rangierte Zhao nur auf Platz 1.818 auf der Liste der reichsten Menschen der Welt.

Der Milliardär ist als Gründer der größten Kryptoplattform Binance Star zwar in der Krypto-Bubble, außerhalb der Szene jedoch kaum bekannt. Bis jetzt, denn Zhao gilt als Fan von Elon Musk und war einer der Ersten, die Musk für seine Übernahme von Twitter großzügige Summen zusagten. Doch er tut dies nicht nur aus finanziellem, sondern auch aus ideologischem Interesse.

Eine gemeinsame Weltanschauung

Doch wie tickt der Kryptomilliardär, der ohne mit der Wimper zu zucken eine halbe Milliarde Dollar zu Musks Twitter-Übernahme beisteuerte? Schließlich ist es kaum wahrscheinlich, dass Zhaos Investment kurz- oder mittelfristig Gewinne abwirft. Die Antwort: Zhao und Musk verbindet eine gemeinsame Weltanschauung. Er sehe sein Investment in Twitter als langfristig, und wichtiger als die Rendite sei ihm die Redefreiheit auf der Plattform, für "Crypto Guys" ebenso wie für Politiker, sagte Zhang auf der Web-Summit in Lissabon.

Changpeng Zhao wurde 1977 in der Provinz Jiangsu, China, geboren. Sein Vater, ein Universitätsprofessor, wurde wegen seiner angeblich prointellektuellen Haltung in der chinesischen Kulturrevolution zuerst aufs Land verbannt und anschließend aus dem Land vertrieben. Zhaos Familie folgte dem Vater schließlich nach dem Massaker am Tian'anmen-Platz nach und emigrierte nach Kanada. Dort habe er zum ersten Mal in seinem leben frische Milch getrunken, berichtet Zhao später. Ein Luxus, den sich die Familie in China nicht leisten konnte.

Ein 286er-DOS-PC seines Vaters entfachte in ihm das Interesse für Technik, erklärt Zhao gegenüber Bloomberg. Seine berufliche Karriere startete er an der Börse in Tokio. Nach Zwischenstationen in Schanghai entwickelte Zhao 2013 ein erstes Interesse für Kryptowährungen und begann sich intensiv mit Bitcoin zu beschäftigen. Später wechselte er als Chefentwickler zu Blockchain.info.

Ähnliche Verhaltensweisen wie Musk

Binance gründete der chinesisch-kanadische Unternehmer im Jahr 2017. Die Plattform wurde rasch zur größten Kryptobörse der Welt, gemessen am Handelsvolumen. Täglich werden bis zu 76 Milliarden Dollar gehandelt, wie Businessinsider berichtet. Im Jahr 2020 allein generierte Binance Einnahmen von 20 Milliarden Dollar. Damit ist Binance größer als die vier nächstgereihten Konkurrenten zusammen. Zhaos Unternehmen überstand den Crash der Branche weitgehend unbeschadet und wächst weiter. Während andere sparen müssen und Stellen streichen, stellt Binance weiterhin Fachleute ein.

Als Chef der weltgrößten Kryptobörse zeigte Zhao, oder CZ, wie er sich selbst in der Szene nennt, ähnliche Verhaltensweisen wie Musk: Via Twitter hob und senkte er den Daumen über die Kryptocoins und beeinflusste so den Markt mit einer einzigen Kurznachricht an seine 7,3 Millionen Follower. Etwa als er am Montag die Entwickler des FTX-Token heftig kritisierte, woraufhin deren Kurs um 13,3 Prozent fiel. Zhaos Tweet ließ auch den Bitcoin-Kurs um drei Prozent einbrechen. Mittlerweile hat Zhao die schwankende Börse übernommen.

Ähnlich wie Musk hat auch Zhao ein angespanntes Verhältnis zu US-Regulierungsbehörden. So besteht der Vorwurf, CZ habe in seinem Unternehmen absichtlich komplexe Strukturen geschaffen, um Regulatoren in die Irre zu führen, wie aus einem 2020 geleakten internen Dokument hervorgeht. Der brisante Name des Plans, um US-Behörden vom Zugriff auf Binance auszuschließen: "Tai-Chi", jene chinesische Kampfkunst, die das Gewicht des Gegners gegen ihn einsetzt.

Das Ende des "Dornröschenschlafs"

Er sehe das Investment in Twitter als ein Projekt auf zehn, 50 oder gar 100 Jahre an. Dass Zhao ein großer Fan von Elon Musk ist, daraus macht der 45-Jährige kein Hehl. Musk werde Twitter aus dem Dornröschenschlaf holen. "Mit Elon am Ruder werden neue Features viel schneller umgesetzt", ist Zhao überzeugt. Dass Musk eher für Chaos und Verunsicherung sorgt, was zuletzt sogar Sicherheitsrisiken auslöste, stört Zhao nicht. Auch bei den großen Umbauplänen Musks für den Kurznachrichtendienst, Stichwort Abonnement, hält Zhao Musk die Treue: Selbst wenn 90 Prozent von Musks Plänen nicht funktionieren, werde er eines Tages die durchschlagende Idee für Twitter haben, erklärt Zhao.

Ganz uneigennützig dürfte CZ natürlich nicht bei Twitter eingestiegen sein. Elon Musk hat bereits erklärt, dass er zukünftig verstärkt auf Kryptowährungen zur Bezahlung auf Twitter setzen möchte. Außerdem soll die Blockchain-Technologie eingesetzt werden, um gegen Bots auf der Plattform vorzugehen. Wie genau das geschehen soll, ist noch unklar. Fix ist aber: Es gibt wohl kaum einen Geeigneteren als Changpeng Zhao und seine milliardenschwere Kryptobörse, um eine derartige Technologie zu entwickeln. So gesehen ist sein Investment in Twitter sicher langfristig, aber nicht unrentabel. Sofern Musk die durschlagende Idee hat – Zhao wird sie umsetzen. (Peter Zellinger, 9.11.2022)