"Selena Gomez: My Mind & Me" begleitet die Sängerin und Schauspielerin über sechs Jahre hinweg.

Foto: Disney+

Selbstzweifel und Tränen sind keine Seltenheit in Dokumentationen über Stars. Dass es sich bei den in Selena Gomez: My Mind & Me gleich am Anfang gezeigten Emotionen um keine narzisstischen Posen handelt, ist spätestens dann klar, wenn man nach einer Viertelstunde erfährt, dass die Sängerin und Schauspielerin 2016 eine groß angelegte Tournee abbrechen musste, um Hilfe in einer psychiatrischen Klinik zu suchen.

Alek Keshishian, der einst Madonna für die Doku Truth or Dare filmte, fokussiert in der Folge ganz auf das Leben des einstigen Disney-Stars mit gleich zwei schweren Krankheiten: einer bipolaren Störung und der Autoimmunkrankheit Lupus, die eine Nierentransplantation notwendig machte. Zu erwartender Celebrity-Gossip bleibt ebenso außen vor wie jüngste schauspielerische Triumphe. Ex-Lover Justin Bieber taucht nur kurz in Fragen aufdringlicher Journalisten auf. Gomez legt im Umgang mit ihren psychischen und gesundheitlichen Problemen eine erstaunliche Offenheit an den Tag. Gleichzeitig ist die Doku, zu sehen auf Apple TV+, nie übergriffig. Der Wahnsinn der Unterhaltungsindustrie bleibt auch so stets greifbar.

Trailer zu "Selena Gomez: My Mind & Me".
Apple TV

Als Gomez ihren Heimatort in Texas besucht, wirkt sie nicht gönnerhaft, sondern so, als ob sie kurz tatsächlich sein könnte, wie sie es gerne möchte. Wenn auch die Doku in ihrer Machart recht konventionell sein mag, vermeidet sie doch ein aufgesetztes Happy End. Das Leben mit Krankheit wird realistisch als das dargestellt, was es meist ist: ein fortwährender und mühsamer Prozess. Der grundsympathische Star erweist sich als überzeugende Mutmacherin. Schon allein das verdient Respekt und ein großes Publikum. (Karl Gedlicka, 11.11.2022)